Gero Nießen ist Direktor bei der Unternehmensberatung Towers Watson. © Towers Watson
  • Von Redaktion
  • 29.09.2015 um 19:48
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Telematik-Tarife sind sinnvoll und können sich auch in Deutschland durchsetzen. Dafür müssen Versicherer Daten allerdings zielgerichteter erheben und auswerten, erklärt Gero Nießen, Direktor bei der Unternehmensberatung Towers Watson, in seinem Kommentar.

Immer mehr deutsche Versicherer wagen sich 2015 mit Telematik-Tarifen aus der Deckung. Was Verbraucher vielfach nicht wissen: Bisherige Telematik-Tarife basieren nur auf wenigen Daten und werden noch nicht mit den relevanten Vergleichsdaten abgeglichen. So können sie derzeit gar nicht die Vorteile erbringen, die mittels Telematik möglich sind und in anderen Märkten bereits sehr erfolgreich realisiert werden. Versicherer müssen ihre Methodik deshalb dringend verfeinern.

Drei Schritte auf dem Weg dorthin:

1. Mehr Mut zu vollständiger Datenerhebung

Telematik-Geräte senden die individuellen Fahrdaten meist direkt an den IT-Partner des Versicherers. Dieser sammelt die Daten und ermittelt daraus einen Risiko-Score, der dann dem Versicherer zur Prämienbestimmung zur Verfügung gestellt wird. Damit der Score aber den Tarif des Versicherers bestmöglich ergänzen kann, sind zwei Kriterien maßgeblich: Die Vollständigkeit der Daten und der Vergleich mit den Daten anderer Fahrer.

In punkto Vollständigkeit ist klar: Nur der sekündliche Informationsfluss garantiert, dass das Fahrverhalten adäquat im Kontext analysiert werden kann. Anhand von Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen können zum Beispiel Fahrmanöver wie ein Überholvorgang identifiziert und auch risikotechnisch klassifiziert werden: Musste der Überholvorgang vorzeitig abgebrochen werden oder zeigen die Daten ein weitsichtiges Überholen an? Welche Wetterverhältnisse und Straßenzustände herrschten zum entsprechenden Zeitpunkt?

All diese Informationen sollten die Bestands- und Schadendaten des Versicherers ergänzen. Nur dann ist die Ableitung aussagekräftiger Merkmale zur Tarifierung möglich.

2. Datenpools bilden

Darüber hinaus sind Vergleichsdaten enorm wichtig. In den USA greifen Versicherer beispielsweise auf gemeinschaftliche Datenpools zurück, in denen dann eine signifikante Masse von Autofahrten sowie Schadenerfahrung zur Verfügung stehen. So lässt sich statistisch wirklich ableiten, welche Fahrmanöver wie schadenträchtig sind.

Hierzulande verfolgen Versicherer aber bislang eher abgespeckte Konzepte, mit denen sie die Telematik-Daten ihrer Kunden nicht in einen relevanten Kontext setzen können. Die Schadenerfahrungen eines einzelnen Versicherers aus den aktuellen Pilotversuchen sind für die Ableitung eines risikogerechten „Scores“ bei weitem nicht ausreichend.

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