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  • Von Redaktion
  • 13.05.2013 um 10:25
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lesedauer Lesedauer: ca. 01:30 Min

Wird ein Anleger falsch beraten und klagt er deshalb, steht er oft alleine da. Denn viele Rechtsschutzversicherer haben entsprechende Ausschlussklauseln in ihren Bedingungen. Diese hat der Bundesgerichtshof jetzt für unwirksam erklärt. Über die Folgen klärt Udo Brinkmöller, Partner der Kanzlei BMS Rechtsanwälte in Düsseldorf, auf.

Der Fall:

Viele Rechtsschutzversicherer verwenden in ihren Versicherungsbedingungen Ausschlussklauseln, nach denen Kapitalanlageprozesse nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind. Klagt ein Sparer also wegen Falschberatung, ist das oft nicht versichert. Die Verbraucherschutzzentrale NRW hielt diese Klauseln für nicht transparent genug und klagte in mehreren Fällen gegen die Versicherer auf Unterlassung.

Das Urteil:

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied: Die von vielen Rechtsschutzversicherern in ihren Versicherungsbedingungen verwendete sogenannte „Effektenklausel“ und die „Prospekthaftungsklausel“ sind unwirksam (Urteile vom 8. Mai 2013, Aktenzeichen: IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12).

Das meint der Experte:

Nach den Versicherungsbedingungen zahlreicher Rechtsschutzversicherer besteht für die Versicherten kein Rechtsschutz „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (zum Beispiel Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (zum Beispiel Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)“.

Einfach gesagt bedeutet dies: Für Prozesse ge- beziehungsweise enttäuschter Kapitalanleger zahlt die Versicherung nicht. Betroffen waren von diesen sogenannten Effekten- oder Prospekthaftungsklauseln zuletzt insbesondere viele Geschädigte der Lehman-Pleite. Ihnen verweigerten die Versicherer für die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Kauf von Lehman-Papieren den Deckungsschutz.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen klagte und bekam in zunächst zwei Verfahren Rückendeckung vom BGH. In seinen Urteilen vom 8. Mai untersagt der Gerichtshof den Versicherern, die Klauseln weiter zu verwenden oder sich auf sie zu berufen. Zur Begründung führte er an, den Klauseln fehle die nötige Transparenz, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer ihnen nicht klar genug entnehmen könne, welche Geschäfte ausgeschlossen sein sollen. Hierfür komme es nur auf das Verständnis des Versicherten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens an, weil weder „Effekten“ noch „Grundsätze der Prospekthaftung“ fest umrissene Begriffe der Rechtssprache seien.

Für zahlreiche Rechtsschutzversicherer könnte das Urteil nun teuer werden. Denn die Zahl der Kapitalanlageprozesse hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Während bislang das Prozesskostenrisiko noch viele Geschädigte davon abhielt, sich auf einen langwierigen und im Ergebnis ungewissen Rechtsstreit einzulassen, dürfte diese Hürde gefallen sein, sobald das Risiko auf die Versicherung abgewälzt werden kann. Betroffene Rechtsschutzversicherer werden nun gut beraten sein, ihre Versicherungsbedingungen rasch zu konkretisieren. Denn soweit es der Pressemitteilung zu entnehmen ist sagt der BGH nicht, dass ein Ausschluss von bestimmten Prozessen per se unmöglich ist. Er muss aber so formuliert sein, dass der Versicherte dies zweifelsfrei erkennen kann.

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