- Von Andreas Harms
- 31.07.2025 um 16:57
Obwohl das Haus unbewohnt und sogar ungenutzt war, und obwohl der Verantwortliche den Wasserhaupthahn nicht zugedreht hatte, muss die Wohngebäudeversicherung zwei Drittel des entstandenen Wasserschadens zahlen. Das entschied das Oberlandesgericht Celle (Aktenzeichen: 11 U 179/24).
Das klingt alles zunächst nicht sonderlich logisch, also beginnen wir mit den Umständen. Eine Frau wurde dement und zog aus ihrem Haus in ein Pflegeheim um. Aus Platzgründen musste sie fast alle Möbel und ihren Hausrat zurücklassen. Ihr Schwiegersohn wurde zu ihrem gesetzlichen Betreuer.
Er meldete der Wohngebäudeversicherung, dass das Haus derzeit „nicht bewohnt“ sei. Die Versicherung bestätigte das und klärte ihn wiederum über wichtige Pflichten auf, die berühmtberüchtigten Obliegenheiten. Eine davon sei es, den Wasserhaupthahn zu schließen und die Wasserrohre zu leeren.
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Der Schwiegersohn und dessen Frau akzeptierten das, ebenso wie die dann erhöhte Prämie. Sie kümmerten sich regelmäßig um das Haus (etwa einmal in der Woche) und sperrten das Wasser grundsätzlich ordentlich ab.
Bis zum 22. April 2023, an dem sie das vergaßen und anschließend in den Urlaub fuhren. Ausgerechnet dann platzte die Mischbatterie an der Badewanne. Der entstandene Wasserschaden belief sich auf rund 200.000 Euro.
Wohngebäudeversicherung will nur ein Fünftel zahlen
Die Versicherung lehnte es ab, alles zu zahlen, sondern nur 20 Prozent. Indem er den Haupthahn nicht zugesperrt und die Rohre nicht geleert hatte, habe der Betreuer seine Obliegenheit verletzt. Und zwar „grob fahrlässig“, wie die Versicherung behauptete.
Der Fall ging vor Gericht, das im Grunde zwei Fragen zu klären hatte: Erstens ob das Haus wirklich als „ungenutzt“ galt und nicht etwa nur als „unbewohnt“. Eine Frage, über die es unterschiedliche Urteile gibt. Zweitens welche Schuld den Betreuer traf. Denn der hatte seine Obliegenheiten bis dahin ordentlich erfüllt.
Zunächst stellte auch das Oberlandesgericht (OLG) fest, dass das Haus nicht nur als nicht mehr bewohnt, sondern auch als ungenutzt gilt. Daran änderten auch die noch vorhandenen Möbel und der Hausrat nichts. Damit griff auch die genannte Obliegenheit, und der Betreuer hätte das Wasser absperren müssen. Punkt.
Blieb also die Frage, ob der Betreuer den Hahn grob fahrlässig nicht zugedreht hatte, oder ob es lediglich „leichtes Versehen“ war.
Zunächst gab es was aufs Plus-Konto: Das Gericht erkannte wohlwollend an, dass es eine sehr schwierige Aufgabe ist, eine demente Frau ehrenamtlich zu betreuen. Auch sei dem Betreuer die ganze Sache mit dem Wasserhahn keineswegs egal gewesen, hieß es. Er hatte ihn ja nach Besuchen grundsätzlich zugedreht. „Es ist folglich von einem zeitlich nur begrenzten Fehlverhalten auszugehen. Auch war die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts eher überschaubar“, folgerte das Gericht.
Trotzdem grob fahrlässig gehandelt
Aber das Gericht lastete dem Betreuer auch was an: Er habe vier Tage nach dem bewussten 22. April noch mal kurz vorbeigeschaut, um ein Fenster zu schließen – aber eben wieder nicht an den Wasserhahn gedacht. Die Richter deutlich: „Dieses Unterlassen lässt sich nur noch mit einer allzu großen Sorglosigkeit in letzterer Frage, die auf die Belange der Beklagten keine Rücksicht nahm, erklären – folglich mit grober Fahrlässigkeit.“ Anschließend blieb das Haus außerdem 20 Tage lang ohne Kontrolle (auch nicht durch Dritte). Das war zu lang.
Gleichwohl sei der Leistungsabschlag der Versicherung von 80 Prozent überzogen. Somit sieht das Urteil vor, dass der Versicherer die Leistung nicht um 80 Prozent, sondern nur um ein Drittel kürzen darf. Damit muss er etwa 133.000 Euro erstatten.
Das letzte Wort ist in dem Fall wohl noch nicht gesprochen. Das OLG ließ eine Revision zu, insbesondere in der Frage „genutztes oder ungenutztes Haus“. Es begründet die Erlaubnis damit, dass diese Rechtsfrage „angesichts der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft überdies erhebliche praktische Bedeutung“ habe. Es könnte also noch in die höhere Instanz gehen: vor den Bundesgerichtshof.
















































































































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