Gerichtsgebäude für das Amtsgericht, das Landgericht I und II in München, das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft: Urteil gegen ADAC Versicherung © picture alliance / dpa | Matthias Balk
  • Von Andreas Harms
  • 18.06.2025 um 15:21
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Den Beratungsverzicht bei Versicherungen im Fließtext unterzubringen und lediglich optisch zu kennzeichnen, reicht nicht aus. Er muss separat erfolgen und die Kunden müssen ihn unterschreiben. Das entschied jetzt ein Gericht zugunsten der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und gegen die ADAC Versicherung.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat vor dem Landgericht München I gegen die ADAC Versicherung einen Sieg eingefahren (Aktenzeichen 3 HK O 9060/24, vom 13. Mai 2025). Wenn diese künftig Versicherungen ohne Beratung verkauft, muss sie sich den Beratungsverzicht von den Kunden gesondert erklären lassen.

Was war geschehen? Die ADAC Versicherung bot ihre Unfallversicherung „ADAC Unfallschutz Exklusiv“ über Werbeschreiben an. Kunden konnten sie gleich abschließen, indem sie das beigefügte Überweisungsformular nutzten und den Beitrag zahlten.

Allerdings wurden sie dabei nicht beraten. Den dafür nötigen Verzicht hatte die ADAC Versicherung im Fließtext untergebracht und eingekästelt. Eine separate Erklärung mit zusätzlicher Unterschrift verlangte sie aber nicht.

Die Verbraucherzentrale ließ die ADAC Versicherung per Anwalt im Juni 2024 abmahnen und verlangte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Doch die bekam sie nicht.

Vor Gericht hielt die ADAC Versicherung nun dagegen. Der „Beratungsvertrag sei ausdrücklich im Anschreiben aufgenommen und durch einen separaten Kasten sowie die in Fettdruck hervorgehobene Überschrift ‚Beratungsverzicht‘ für den Kunden deutlich erkennbar“ gewesen (Zitat aus dem Urteil). Zudem sei bei Verträgen im Rahmen des Fernabsatzes eine Erklärung in Schriftform nicht erforderlich, erst recht nicht eine Erklärung im Rahmen eines gesonderten Dokuments.

Das sah das Gericht aber anders. Es bestimmte, dass auch hier der Beratungsverzicht gesondert zu erklären sei. Dabei stützt es sich insbesondere auf Paragraf 6 Absatz 3 Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG), der im übrigen genau das vorschreibt.

Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zeigt sich zufrieden: „Mit diesem standardisierten Verzicht auf die Beratung entsteht der Eindruck, dass der Beratungsverzicht vom Versicherer anscheinend gewünscht ist. Wie das Urteil nun bestätigt hat, umgeht er damit seine gesetzlich fundierte Beratungspflicht.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde eingelegt werden. Die ADAC Versicherung hat erst einmal fristwahrend Berufung eingelegt. Wie sie uns auf Anfrage mitteilt, will sie nun die Urteilsbegründung prüfen und rechtlich bewerten. Dann will sie entscheiden, ob und wie sie weiter vorgeht.

Es ist ein weiteres bemerkenswertes Urteil zum Thema Beratungsverzicht in diesem Jahr. Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied in einem Fall darüber, ob der Verzicht auch auf einem Standardformular vorformuliert gilt. Es sagte: Ja, das gilt. Mehr dazu lesen Sie hier.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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