Bald keine Euros mehr in der Hosentasche, sondern nur noch in der App? Erstmal nicht, Bargeld soll trotz digitalem Euro weiter verfügbar sein © picture alliance / | Daniel Kalker
  • Von Andreas Harms
  • 14.08.2023 um 11:10
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Mit dem digitalen Euro will das Eurosystem den großen internationalen Zahlungsdienstleistern wie Visa und Paypal Kontra geben. Einige Pläne liegen inzwischen auf dem Tisch. Und sie machen klar: Der digitale Euro ist mitnichten eine neue Währung. Erfahren Sie hier, was er stattdessen sein soll und was nicht. Und warum die Versicherungsbranche begeistert ist.

Offenbar haben die Planer und Macher des sogenannten digitalen Euro eine Sorge der Menschen erkannt und ernstgenommen. Deshalb steuern sie gegen und stellen fest: Nein, der digitale Euro soll das Bargeld nicht ersetzen. Die Macher verstehen ihn eher als Reaktion darauf, dass die Europäer von sich aus weniger mit Bargeld zahlen. Also alle mal kurz durchatmen, der Schein wird bewahrt.

Die Europäische Kommission hat Ende Juni ihre Vorstellung von einem digitalen Euro einmal ausführlich niedergeschrieben. Dabei ist sie gar nicht verantwortlich, sondern die Europäische Zentralbank (EZB). Auch die hat sich schon umfassend geäußert. Aber sie prüft und untersucht noch eine Menge. Seit Oktober 2021 läuft das schon und soll erst im kommenden Oktober abgeschlossen sein. Erst dann will man entscheiden, ob der digitale Euro überhaupt wirklich kommt. Und wenn er denn kommt, dann nicht vor 2026, eher ein paar Jahre später.

Bis dahin läuft also alles noch unter banküblichem Vorbehalt. Vollmundige Sprüche von der EZB wie: „Ein digitaler Euro wäre ein Stabilitätsanker für unser Geld im digitalen Zeitalter“ werden sich noch als wahr erweisen müssen. Denn das ist noch lange nicht gesagt.

Der digitale Euro ist der normale Euro plus neue Technik

Wer eine neue zusätzliche Währung analog zu solchen Recheneinheiten wie dem Bitcoin erwartet, der dürfte enttäuscht sein: Der digitale Euro ist der ganz normale Euro, nur durch einige zusätzliche Technologien und Systeme zeitgemäß aufgehübscht. Somit hat er auch keinen Wechselkurs zum herkömmlichen Euro.

In einem Punkt soll er genau wie Bargeld sein: Den Gegenwert des digitalen Euro schuldet genau wie bei einem Geldschein: direkt die EZB. Er ist also reines, echtes Zentralbankgeld. Das ist ein Unterschied zum herkömmlichen Kontoguthaben, bei dem die Hausbank als Schuldner auftritt. Weshalb es zusätzlich bis zu 100.000 Euro durch den Einlagensicherungsfonds versichert wird. Wie man sich Geldscheine aus dem Automaten zieht, lädt man sich digitale Euros über eine Software (App) vom Konto aufs Handy oder im Ausnahmefall auf eine Plastikkarte. Diese App kann von der EZB selbst kommen, aber auch von den Banken in die hauseigenen Apps eingebaut werden. Ganz genau steht das aber noch nicht fest.

Die Versicherungsbranche zeigt sich jedenfalls schon mal begeistert. „Angesichts der großen geopolitischen Umwälzungen ist es wichtig, dass wir europäische Zahlungssysteme und die geldpolitische Souveränität Europas präventiv stärken“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer beim Versichererverband GDV. Der digitale Euro ermögliche den Bürgern der Eurozone erstmals den direkten Zugang zu Geld der EZB.

Händler müssen den digitalen Euro akzeptieren

Wie man diese Zentralbank-Euros dann ausgeben kann, das soll der richtig große Wurf werden – und ganz nebenbei Zahlungsanbieter wie Paypal und Visa das Fürchten lehren. Denn jeder Händler soll wie bei der Annahmepflicht von Bargeld gezwungen werden, digitale Euro zu akzeptieren. Das kann online in Echtzeit geschehen, aber – und auch das ist neu – auch offline. Damit soll der digitale Euro auch im finstersten Wald und auf dem höchsten Berg funktionieren. Einfach Geräte aneinanderhalten, übertragen, fertig. Später synchronisieren beide Kontrahenten ihre elektrischen Geldbörsen mit den eigenen Bankkonten.

Seite 2: Und wie steht es um die Privatsphäre?

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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