Bau von Hochspannungsmasten: Über den Eltif können sich Anleger auch an der Energiewende beteiligen und sie mit dringend benötigtem Geld versorgen © picture alliance/dpa | Marco Rauch
  • Von Andreas Harms
  • 05.03.2024 um 11:41
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:40 Min

Seit dem 10. Januar dürfen auch Privatanleger mit überschaubaren Vermögen in sogenannte Eltifs einsteigen. Diese Investmentvehikel sollen die Wirtschaft fernab der Börse mit langfristigem Anlegergeld versorgen und Anlegern wiederum erhöhte Gewinne bescheren. Versicherer basteln schon an Produkten.

Nach über einer Stunde kommt Jörg Arnold auf das Thema Eltif, aber ohne den Begriff selbst in den Mund zu nehmen. „Es könnte helfen, wenn wir Fonds auflegen, die sich um Transformationsthemen kümmern“, sagt der Chef der Swiss Life in Deutschland bei einem Pressegespräch in Hannover. Als Beispiel für ein solches Thema nennt er Hochleistungsstromnetze, an denen sich sein Haus beteiligt hat. „Sie sind enorm wichtig, brauchen aber auch viel Kapital“, so Arnold. Institutionellen Kunden bietet Swiss Life solche Fonds bereits an. Doch in diesem Jahr sollen auch Privatkunden einsteigen können. Entsprechende Produkte seien geplant.

Die Abkürzung Eltif lautet ausgesprochen European Long Term Investment Fund, also: europäischer langfristiger Investmentfonds. Erschaffen hat das Anlagevehikel die Europäische Union (EU) im Jahr 2015, damit die Wirtschaft an dringend benötigtes Geld kommt. Unternehmen brauchen Teilhaber, Energieprojekte wollen finanziert werden, Unternehmen benötigen Kredite – die sie aber von Banken nicht mehr so einfach bekommen (dank deren Regulierung).

Und Anleger wiederum sollen über Eltifs Zugang zu eben solchen Investmentobjekten bekommen, die herkömmlichen Investmentfonds verschlossen geblieben sind: direkte Anteile an Unternehmen (Private Equity), Kredite (Private Debt), Infrastruktur, wie die von Jörg Arnold erwähnten Stromnetze, und Immobilien. Aber auch Schiffe und Flugzeuge sind denkbar. All diese Objekte werden nicht an öffentlichen Finanzmärkten, sprich: Börsen, gehandelt, ganz im Gegensatz zu Aktien und Anleihen.

Großteil des Marktes liegt in privater Hand

Eltifs sollen Anlegern Zugang zu einem riesigen Spielfeld verschaffen. „Nur 14 Prozent des Gesamtmarktes an Unternehmen sind global an Börsen notiert. 86 Prozent aller Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen US-Dollar sind in privater Hand“, sagt Benjamin Fischer, Leiter Banken und Strategische Kunden im Wealth-Geschäft des Vermögensverwalters Blackrock im Gespräch mit der Rating-Agentur Morningstar.

Und warum sollte man dort mitmischen? An dieser Stelle kommt die sogenannte Illiquiditätsprämie ins Spiel: Anlagen, die nicht öffentlich handelbar, also illiquide sind, bringen über lange Zeiträume Renditeaufschläge mit sich. Wie hoch die genau sind, lässt sich freilich nicht sagen. Aber zum Beispiel bei Private Equity im Vergleich zu Aktien sprechen Profis von 1 bis 3 Prozentpunkten Aufschlag pro Jahr. Eine Aussicht, die übrigens auch Versicherer anspricht. Die Finanzaufsicht Bafin ermittelte per Juni 2022 eine branchenweite Quote von 5,2 Prozent für Private Equity und 4,1 Prozent für Private Debt, gemessen an den Gesamtanlagen.

Eltif ist Investitionstätigkeit in ihrer ursprünglichsten Form

Einer der wichtigsten Nachteile ist hingegen … nun ja … eben diese Nichthandelbarkeit. Denn weil sie die Anlageobjekte nicht mal eben verkaufen können – wie schnell kriegt man denn eine Stromtrasse abgestoßen? – gestatten auch nur wenige Fonds, dass Anleger vorzeitig ihr Geld abziehen können (vor dem Einstieg unbedingt klären). Und wenn, dann kann das zusätzliche Gebühren kosten oder an Fristen gekoppelt sein. Stattdessen soll das Geld über die gesamte Laufzeit arbeiten können. Damit steht der Eltif für Investitionstätigkeit in ihrer ursprünglichsten Form, mit allen Vor- und Nachteilen.

Dem standen bislang aber diverse Schutzmaßnahmen entgegen: Nur wer mindestens 100.000 Euro Vermögen besaß, durfte Eltifs kaufen. Die Mindestanlagesumme lag bei 10.000 Euro. Und wer mehr als ein Zehntel seines Vermögens anlegen wollte, musste mehr als eine halbe Million Euro besitzen. Weitere Regeln galten für die Portfolios. „Überreguliert“, befand man deshalb damals beim Investmentverband BVI. Das sah offenbar auch die EU ein, denn seit dem 10. Januar 2024 sind die Geldschranken abgeschafft und weitere Kriterien gelockert.

Keine großen Hürden im Eltif-Vertrieb

Auch der Vertrieb dürfte nun recht einfach gehen. Denn die Bafin stellte jüngst klar, dass eine Lizenz nach Paragraf 34f der Gewerbeordnung ausreicht. Für geschlossene Eltifs eine nach Absatz 1, Nummer 2 und für die offenen eine nach Absatz 1, Nummer 1. Also wie bei herkömmlichen Fonds auch.

Wie viele Versicherer neben der Swiss Life schon mit der Hufe scharren, lässt sich schwer sagen. Einer ist aber auf jeden Fall die Bayerische-Tochter Pangaea Life. Die hat mit dem Blue Living und dem Blue Energy ohnehin schon zwei Fonds am Start, die mit Immobilien und Energieprojekten thematisch ganz in der Nähe von Eltifs liegen. Doch sie finden sich hauptsächlich in Fondspolicen, während man „mit Eltifs außerhalb von Versicherungsmänteln durchstarten“ wolle, wie Pangaea-Chef Daniel Regensburger ankündigt. Erste Produkte soll es noch in diesem Jahr geben.

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Hinterlasse eine Antwort