- Von Andreas Harms
- 04.12.2025 um 12:48
Es ist ja so viel gefährlicher, Elektroautos nach Unfällen abzuschleppen? Und man muss sie eine Weile beobachten, weil der Akku brennen könnte? Und deshalb ist alles rund um die E-Autos zwangsläufig teurer? Das stimmt nicht, hat man im Allianz Zentrum für Technik (AZT) jetzt herausgefunden.
Die dortigen Spezialisten betrachteten zahlreiche Unfälle und die daraus entstandenen Folgen. Sie taten das im Rahmen der nun neu erschienenen Richtlinien zu verunfallten E-Autos (mehr dazu lesen Sie hier).
Wie teuer E-Autos bisher nach Unfällen werden können, zeigen echte Beispiele der Allianz-KFZ-Versicherung. Die Spezialisten nahmen sich – nicht repräsentativ – 126 Abschlepprechnungen von 2023 vor. Darin traten angeblich vor allem Mitglieder der GGVU „Gütegemeinschaft Verkehrsunfallflächenreinigung und Unfallstellensanierung“ unangenehm zum Vorschein.
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Sie berechneten der Allianz im Durchschnitt 4.861 Euro, während der Durchschnitt aller anderen Rechnungen 2.442 Euro betrug, also die Hälfte. Unter den zehn günstigsten Rechnungen fand sich genau ein Mitglied dieser Gütegemeinschaft, unter den zehn höchsten Rechnungen dagegen acht.
Generell fällt auf, dass Abschleppkosten und Quarantänezeiten bei verunfallten Elektroautos teils sehr hoch waren. Technische Gründe dafür konnte die Allianz aber nur in wenigen Fällen erkennen. Regelmäßig kam es zum Beispiel vor, dass Abschlepper Fahrzeuge auf ihr eigenes Gelände schleppten und sie danach „wegen nicht näher belegter Sicherheitsbedenken“ nicht herausgeben wollten. Richtig wäre es gewesen, das Auto in eine Fachwerkstatt zu bringen.
1.700 Euro für die Vorbesprechung
Außerdem fallen der Allianz ungewöhnliche Rechnungsposten auf, wie etwa eine Vorbesprechung vor dem Transport. Rund 1.700 Euro sollte die kosten. Sanitäter wurden kostenpflichtig herangeholt, ebenso wie sogenannte Batterieexperten. Weshalb die Spezialisten der Allianz ein unangenehmer Verdacht beschleicht: Entweder arbeiten Abschleppunternehmen unqualifiziert, oder sie betreiben ein Geschäftsmodell zulasten der Versichertengemeinschaft.
Und weiter geht es mit dem Preis-Reigen: Um das Ergebnis von 2023 zu bestätigen, betrachtete das AZT alle Vollkasko-Unfälle mit E-Autos von 2024. 84 Schadenfälle mit Abschleppen gab es, 81 waren auswertbar.
In zwei Fällen kam ein Batterieexperte zum Einsatz. Die Kosten im Durchschnitt: 13.984 Euro. In einem dieser beiden Schadenfälle findet sich der höchste Betrag, der überhaupt geltend gemacht wurde, nämlich 19.217 Euro.
Für die Allianz ist vor allem dieser Fall ein gutes Beispiel. Denn der Batterieexperte leitete aus einem Kratzer an der Batterie ab, dass sie in kritischem Zustand sei. Das Auto war zuvor bei niedriger Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen und im Graben gelandet.
Einige Maßnahmen sind nicht nötig
In nur noch drei Fällen war der Abschleppbetrieb als Mitglied der GGVU erkennbar. Dann wurden im Durchschnitt 5.730 Euro berechnet.
Alle übrigen Betriebe, die diesen beiden Gruppen nicht zuzuordnen waren, berechneten im Durchschnitt 1.093 Euro fürs Abschleppen und die damit verbundenen Maßnahmen. Aber der Median von 488 Euro zeigt, dass die Kosten enorm gespreizt sind.
Das AZT fand außerdem heraus, dass einige Maßnahmen nicht nötig sind. Oder wie es Carsten Reinkemeyer, Leiter der Sicherheitsforschung, ausdrückt: „Die Untersuchung der Schadenfälle zeigt, dass immer wieder mit übertriebenen Maßnahmen über das technisch notwendige Ziel hinausgeschossen wird.“
Wie er weiter ausführt, gibt es nur selten technische Gründe für hohe Abschleppkosten und anschließende Quarantänezeiten. Befürchtete Risiken bezögen sich meist darauf, dass die Batterie brennen könnte. Das könne man aber – rein technisch – nur direkt nach dem Unfall erwarten. Später nicht mehr. Lange Quarantänezeiten seien deshalb schlicht nicht nötig. Die Richtlinie sieht vor, bei Brandgefahr die Temperatur des Akkus genau zu überwachen. Steigt sie nicht, kann man die Quarantäne beenden.















































































































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