Autos auf dem Weg nach oben – ebenso wie die Prämien für KFZ-Versicherungen. © picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand
  • Von Andreas Harms
  • 26.10.2022 um 10:29
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Im November geht es wieder los – KFZ-Versicherer kämpfen um wechselwillige Kunden. Doch die können große Rabatte diesmal wohl in den Auspuffrauch schreiben. Das gibt der Markt einfach nicht her.

Wenn man nachfragt, beginnt das große Drucksen. Pauschale Aussagen seien kaum möglich, heißt es dann von der einen Seite. Eine abschließende Sicht werde man erst zum Jahresende haben, kommt aus einer anderen Richtung. Und genaue Zahlen könne man unterjährig nicht liefern. Vor allem nicht jetzt, so kurz vor der heißen Phase. Jener Phase, in der Kunden von KFZ-Versicherungen noch bis zum 30. November ihren alten Vertrag kündigen und zu einem anderen Anbieter wechseln können. Nur werden sie in solchen Fällen tatsächlich etwas sparen? Oder zahlen sie einfach nur weniger drauf als bei dem alten Anbieter? Die Tachonadel zeigt auf Letzteres.

Denn die Anbieter von Auto-Policen sehen sich einem schwierigen Umfeld gegenüber. Zuerst wirbelte sie die Corona-Krise durcheinander: Die Menschen blieben zu Hause und ließen ihre Autos stehen. Es gab dadurch deutlich weniger Schäden zu bezahlen. Je nachdem, wie sich die Versicherer verhielten, stiegen ihre Gewinne oder sanken die Prämien. Doch das gibt sich gerade. Die Menschen steigen zurück in ihre Autos, und sie bauen auch wieder mehr Unfälle, auch wenn sie das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht haben.

Während unfallfreies oder gar kein Fahren für Versicherer ein finanzieller Segen ist, kann man das von dem anderen aktuellen Trend nicht sagen: der Inflation. Autos sind ein Markt, auf dem Inflation schon traditionell überdurchschnittlich zuschlägt. Die Rating-Agentur Assekurata benutzt den Begriff „Ersatzteilinflation“ und schätzt sie doppelt so hoch wie die normale Inflation. Der Versicherungsverband GDV beobachtete, dass Auto-Ersatzteile von Anfang 2013 bis August 2022 um 4,7 Prozent pro Jahr teurer wurden. Und das bei einer offiziellen Inflation von nur 2,1 Prozent im Jahr.

„Überdurchschnittliche Preisanstiege bei Fahrzeugersatzteilen“

Marktteilnehmer bestätigen das. „Wir registrieren seit März 2022 steigende Preise bei Ersatzteilen, insbesondere aber bei Reifen, die wir eins zu eins an unsere Kunden weitergeben müssen“, äußert sich beispielsweise die Werkstattkette Pitstop auf Anfrage. Ihr Konkurrent Auto-Teile-Unger konnte zumindest „ungewöhnlich hohe Preissteigerungen“ nach eigener Auskunft bisher „weitgehend vermeiden“. Aber auch er musste „in bestimmten Bereichen die Preise anpassen“. Und von der Huk-Coburg heißt es: „Im aktuellen Jahr kann eine deutliche Steigerung der durchschnittlichen Schadenaufwendungen beobachtet werden. Insbesondere stellen wir überdurchschnittliche Preisanstiege von Fahrzeugersatzteilen fest.“

Zusammen mit steigenden Lohnkosten und den wieder anziehenden Unfallzahlen erzeugt das Druck auf die KFZ-Versicherer. Einen Eindruck verschaffen die Halbjahresergebnisse der britischen Versicherer Admiral und Direct Line. Admiral schätzt die Inflation bei Schadenfällen fürs erste Halbjahr auf 11 Prozent. Zusammen mit der auch im Königreich wieder steigenden Zahl an Schäden ließ das die Leistungsausgaben um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf gut 221 Millionen Britische Pfund steigen. Konkurrent Direct Line geht von 10 Prozent Schadeninflation aus, und die Leistungsausgaben stiegen sogar um 40 Prozent auf 542 Millionen Pfund.

„Kosten steigen marktweit zweistellig“

Ähnlich detaillierte Zahlen zum Halbjahr sucht man bei deutschen Versicherern vergebens. Immerhin einer, der sich äußert, ist Alexander Held von der Verti Versicherung. Der Direktversicherer hat sich unter anderem auf KFZ-Policen spezialisiert und gehörte bis Februar 2015 zur britischen Direct Line, jetzt aber zur spanischen Mapfre Gruppe. „Bei den Kaskoversicherungen erwarten wir, dass die Kosten marktweit zweistellig steigen, und bei der Haftpflicht einstellig“, sagt Held, der die Abteilung für Underwriting und Produkte leitet. „Ersatzteile, Arbeit, Ersatzfahrzeuge – zurzeit wird alles durchweg teurer.“

Womit die eingangs gestellte Frage aufzugreifen wäre, mit welchen Preismodellen die Versicherer in die Wechselsaison gehen. Onnen Siems sieht die Profitabilität im Vordergrund. „Wenn die Branche 2023 ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen möchte, ist eine Erhöhung der Tarife um 10 Prozent für Alt- und Neukunden nötig“, sagte der Geschäftsführer der Meyerthole Siems Kohlruss Gesellschaft für aktuarielle Beratung auf der Kraftfahrt-Jahrestagung Anfang September. Für das laufende Jahr rechnet Siems übrigens schon mit leichten Verlusten für die Autoversicherer.

Der ebenfalls dort anwesende Frank Grund geht davon aus, dass die Versicherer die Inflation unterschätzt haben. Sie sollten sich deshalb ihre versicherungstechnischen Rückstellungen sorgsam angucken und notfalls nachreservieren, so der Exekutivdirektor für Versicherungen bei der Finanzaufsicht Bafin.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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