Im Sommer 2022 sorgte ein massives Fischsterben in der Oder für Schlagzeilen. Grund war ein hoher Salzgehalt durch Einleitungen von Bergbau-Abwässern. © picture alliance/dpa | Frank Hammerschmidt
  • Von Karen Schmidt
  • 29.01.2024 um 11:32
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Umweltschäden sind ein Risiko, das Gewerbetreibende im Alltag häufig unterschätzen. Dabei können sie im ärgsten Fall die Existenz des Unternehmens bedrohen. Nur eine richtige Absicherung bietet Schutz.

Tote Fische, so weit das Auge reicht. Dieses Bild präsentierte sich Spaziergängern, die im August 2022 an der Oder entlangschlenderten. Rund 1.000 Tonnen Fisch fanden damals ihr Ende – deutlich mehr als die Hälfte des Bestandes in der Oder und ihrer Zuflüsse. Der Grund war lange unklar.

Inzwischen weiß man, dass es am hohen Salzgehalt des Wassers lag. Verbunden mit hohen Temperaturen und niedrigen Wasserständen führte der zu einer massiven Vermehrung der Brackwasseralge Prymnesium parvum. Diese erzeugte eine giftige Substanz, die für Fische und andere Wasserorganismen tödlich sein kann, berichtete das Bundesumweltministerium. Woher kam das Salz? Aus Polen. Genauer aus Salzeinleitungen des polnischen Bergbaus. Welche langfristigen Folgen das Fischsterben auf das Ökosystem der Oder haben wird, ist derzeit noch nicht bekannt.

Das Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie schnell es zu wahren Umweltkatastrophen kommen kann. Das ist an sich schon schlimm genug. Wenn aber Gewerbetreibende dafür verantwortlich gemacht werden können – auch durch ein Versehen –, kann das ganz schnell die Existenz des Unternehmens kosten. Denn es gilt: Unternehmerisches Handeln, das konkrete Umweltschäden nach sich zieht, istzu entschädigen. Und zwar in unbe­grenzter Höhe.

Wer haftet wann?

Die Haftung ergibt sich dabei vor allem aus zwei Gesetzen: dem Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG) von 1990 und dem Umweltschadensgesetz (USchadG) aus dem Jahr 2007. Das Umwelthaftungsgesetz regelt Umweltschäden auf fremden Grundstücken. Hier geht es um zivilrechtliche Ansprüche Dritter gegenüber dem Gewerbetreibenden. „Das ist etwa bei einem unverschuldeten Feuerschaden auf einem Betrieb der Fall, wenn das Haus auf dem Nachbargrundstück verrußt wird“, sagt Versicherungsmakler Holger Schnittker. Solche Ansprüche sind in der Regel als Umwelthaftpflichtversicherung (UHV) in der Betriebshaftpflicht eingeschlossen.

Versichert sind Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die durch eine über die Luft, Wasser oder den Boden übertragene Umwelteinwirkung entstehen. Der Versicherungsfall tritt übrigens dann ein, wenn der Geschädigte, der Versicherungsnehmer oder ein Dritter die ersten Schäden nachprüfbar feststellen kann – nicht das Schadensereignis als solches zählt. Schnittker: „Das liegt daran, dass in diesem Fall oft eine genaue zeitliche Einordnung des Schadens nicht getroffen werden kann. Manche Schadensverläufe ziehen sich über längere Zeit schleichend hin.“

Bei Schäden nach dem Umweltschadensgesetz liegt die Haftung anders. Hier geht es um öffentlich-rechtliche Ansprüche durch Behörden. Makler Schnittker liefert wieder ein Beispiel: „Ein durch das Grundstück laufendes Gewässer wird verschmutzt, die Wasserbehörde verlangt schadenreduzierende Maßnahmen und verfügt die Wiederherstellung des Zustands vor dem Schaden.“

Das ist dann ein Fall für die Umweltschadenversicherung (USV). Übrigens liegen in Deutschland 97,6 Prozent aller Industriestandorte weniger als 10 Kilometer vom nächsten Schutzgebiet entfernt. Bei 67,3 Prozent sind es sogar weniger als 2,5 Kilometer. Da kann also schnell mal was schiefgehen.

Die Umweltschadenversicherung enthält je nach Versicherer unterschiedliche Deckungen – und auch verschiedene Bestandteile, die nicht zwangsläufig in einem Vertrag versichert sind. „Bei der Umweltschadenbasisversicherung wird Schutz geboten bei Schäden auf fremden Grundstücken beziehungsweise an Gewässern. Die Bausteine 1 und 2 sind gängige Bestandteile, die ausgewählt werden können. Hier wird Versicherungsschutz bei Schäden auf eigenem Grund geboten (auch bei gemieteten Objekten) sowie bei Schäden am Grundwasser“, klärt Schnittker auf. Wichtig sei daher neben einem Beitragsvergleich, auch die einzelnen Versicherungsbausteine genau gegenüberzustellen. Damit eben nichts durchrutscht.

Deckungssumme sollte hoch sein

Vor allem produzierende Unternehmen, Betriebe der Bau-, Land- und Forstwirtschaft sowie Handwerksbetriebe sind dem öffentlich-rechtlichen Haftungsrisiko ausgesetzt und sollten sich daher mit einem umfangreichen Versicherungsschutz gegen Umweltschäden und ihre finanziellen Folgen absichern. Eine gute Absicherung sollte dabei auch Umweltschäden auf dem eigenen Grundstück umfassen und eine ausreichend hohe Deckungssumme vorsehen.

Wie hoch die Versicherungssumme genau sein sollte, hängt vom Risiko des jeweiligen Betriebs ab. „Damit die Umwelthaftpflicht- oder Umweltschadenversicherung guten Versicherungsschutz bietet, ist es elementar, dass der Versicherer über das Risiko des versicherten Betriebes korrekt informiert ist“, so Schnittker. Werden also beispielsweise gewässerschädliche Stoffe gelagert? Wenn ja, welche, in welchen Mengen und wie werden sie gelagert? Gibt es sonstige umweltrelevante Anlagen wie Lackieranlagen, Metallbearbeitungsmaschinen, Abwasseranlagen, Kläranlagen, Benzinabscheider und so weiter? Weil hier schnell mal was untergehen kann, „empfiehlt es sich, eine Besichtigung mit dem Versicherer zu vereinbaren“, sagt Schnittker.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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