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  • Von Redaktion
  • 23.01.2014 um 11:29
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Michael Hessling ist Vorstand für Firmenkunden bei der Allianz Lebensversicherung. Wir sprachen mit ihm über das Niedrigzinsniveau, passende Produkte und einen möglichen Provisionsdeckel.

Pfefferminzia: Das aktuelle Niedrigzinsniveau und der dadurch entstehende Kostendruck stellen Versicherungen vor ganz schöne Herausforderungen. Jetzt hat die EZB den Zinssatz auf ein neues Rekordtief gedrückt. Experten und auch einige Versicherer gehen davon aus, dass der Garantiezins im kommenden Jahr weiter sinken wird. Wie reagiert die Allianz hierauf?

Michael Hessling: Es ist noch nicht entschieden, ob der Garantiezins sinken wird. Das ist eine Entscheidung des Bundesfinanzministeriums und der Finanzaufsicht Bafin. Unabhängig von dieser Entscheidung hat Allianz Leben bereits im Sommer 2013 ein neues Vorsorgekonzept eingeführt, das genau auf die Bedürfnisse vieler Kunden im aktuellen Niedrigzinsumfeld abzielt. Um die Vorsorgelücken derzeit schließen zu können, fragen Kunden häufig nach Vorsorgelösungen mit höheren Gewinnaussichten. Hier setzt Perspektive an und bietet höhere Renditechancen für diejenigen, die etwas niedrigere Garantien als bei der klassischen Rentenversicherung akzeptieren.

Pfefferminzia: Das Produkt bietet keinen Garantiezins mehr. Worauf können sich Kunden dann noch verlassen?

Hessling: Bei Perspektive garantieren wir zum Rentenbeginn die eingezahlten Beiträge und eine Mindestrente. Darüber hinaus werden die jährlich zugeteilten Gewinne unwiderruflich gutgeschrieben. Bei Rentenbeginn wird mit dem erreichten Gesamtkapital und den dann für das Neugeschäft gültigen Rechnungsgrundlagen die lebenslang garantierte Rente berechnet. Der Verkaufsstart ist sehr erfolgreich verlaufen, dies liegt sicher auch an der gesamten Verzinsung, die bei Perspektive mit mindestens 4,5 Prozent für 2014 derzeit 0,3 Prozent über unserer klassischen Lebensversicherung liegt.

Pfefferminzia: Stichwort Klassik: Wie hoch sind die Garantiezins-Verpflichtungen der Allianz?

Hessling: Bei Allianz Leben beträgt die im Durchschnitt aller Verträge gewährte Garantieverzinsung 3,1 Prozent.

Pfefferminzia: Und wie lange kann diese angesichts des Zinsniveaus noch erfüllt werden?

Hessling: Wir können die Garantien für alle Verträge auch im Niedrigzinsumfeld dauerhaft erfüllen. Selbst bei einer Wiederanlagerendite von unter 1,5 Prozent kann Allianz Leben aufgrund der weit über dem Markt liegenden Finanzkraft die Garantien finanzieren. Zum Vergleich: Wir haben vergangenes Jahr bei Neuanlagen inklusive Aktien, alternativen Anlagen und Immobilien eine erwartete Rendite von durchschnittlich 3,7 Prozent erzielt.

Pfefferminzia: Sie investieren ja zum Beispiel auch in Parkuhren in Chicago oder Gasnetze in Norwegen und Tschechien. Werden Sie die Kapitalanlagestrategie aufgrund der dauerhaft niedrigen Zinsen ändern?

Hessling: Ich denke, wir sind jetzt schon ganz gut aufgestellt. Wir haben eine ganze Reihe von Vorteilen im Vergleich zu unseren Wettbewerbern, und diese Vorteile nutzen wir auch systematisch. Dazu gehört als Erstes unsere Finanzkraft. Sie ist wichtig, um auch einmal etwas risikoreichere Anlagen zu kaufen, wie etwa Aktien.

Der zweite Vorteil ist unsere Internationalität. Unsere Experten sind weltweit vertreten und können daher etwa Anleihen mit vertretbarem Risiko aus den Schwellenländern günstig kaufen. Der dritte Vorteil ist unsere Größe. Das hat ganz banale Vorteile, etwa bei den Kapitalanlagekosten.

Pfefferminzia: Inwiefern?

Hessling: Legt ein Privatmann Geld an, zahlt er rund 1,2 Prozent. Beim Großanleger, der 100 Millionen Euro investiert, sind es vielleicht 0,3 Prozent. Wir müssen nur etwa 0,08 Prozent zahlen. Das ist ein Riesenvorteil, der gerade in der Niedrigzinsphase besonders zum Tragen kommt. Denn in der Niedrigzinsphase spielen die Kosten eine erhebliche Rolle.

Pfefferminzia: Manche Versicherer haben deutliche Probleme mit dem Niedrigzinsniveau. Sehen Sie eine Versicherer-Pleitewelle auf uns zurollen? Und könnte es dann nicht sein, dass die Allianz als Marktführer einen Anruf von Frau Merkel bekommt: Ihr müsst jetzt helfen, damit das System nicht ganz baden geht?

Hessling: Haben Sie bitte Verständnis, dass ich für die Wettbewerber nicht sprechen kann, da ich die Bilanzen und Zahlen nicht kenne. Aber eines steht fest: Die Versicherungsbranche ist bislang gut durch die Krise gekommen. Jeder Lebensversicherungskunde hat seine garantierten Leistungen erhalten. Und damit dies auch künftig so bleibt, baut die Branche gerade Zinszusatzreserven in Milliardenhöhe auf.

Pfefferminzia: Was halten Sie von der Politik der EZB?

Hessling: Die EZB hat in der Euro-Krise richtigerweise gestützt und stabilisiert. Die Kehrseite ist natürlich, dass sich die Politik möglicherweise zu stark auf diese stabilisierende Funktion verlässt. Der Druck lässt nach, die notwendigen Strukturreformen in Europa tatsächlich durchzuführen. Wir müssen in Europa langsam den Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes schaffen. Denn ansonsten sind die großen Verlierer auf Dauer die Sparer.

Pfefferminzia: Müssten da große Player wie die Allianz nicht stärker protestieren?

Hessling: Wir sagen natürlich unsere Meinung. Man sollte aber nicht überschätzen, welchen Einfluss wir haben. Solange die Staaten so hoch verschuldet sind, haben sie auch ein sehr starkes Interesse daran, die Zinsen nur sehr langsam zu erhöhen.

Pfefferminzia: Aus Kostengründen hat der Versicherungsverband GDV auch die Diskussion um einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung angestoßen. Manche Stimmen halten diesen Vorstoß für ein geschicktes Manöver der – kostenbewussten – Allianz, um teure Wettbewerber auszuspielen. Was sagen Sie dazu?

Hessling: Das trifft nicht zu – im Gegenteil. Der GDV will in den politischen Diskussionen in Brüssel und Berlin erreichen, dass es langfristig ausreichend finanziellen Spielraum für eine qualifizierte Beratung gibt. Ich bin der Meinung, dass eine Provisionsdeckelung zu keiner sachgerechten Lösung führt, und möchte betonen, dass eine Provisionsdeckelung von Allianz Leben abgelehnt wird.

Grundsätzlich sind die Kosten der Altersvorsorge über eine Lebensversicherung eher niedriger als bei anderen vergleichbar langfristigen Sparprozessen. Somit geht es mir zunächst darum, unberechtigte Kritik an unseren Produkten auszuräumen. Dies sollte über Transparenz zu den einkalkulierten Kosten geschehen. Das Problem der Umdeckung von Verträgen wird die Versicherungswirtschaft konsequent mit dem neuen Vertriebskodex angehen.

Pfefferminzia: Was halten Sie von Vorschlägen, die Struktur der Provision zu verändern?

Hessling: Es ist durchaus eine Überlegung wert, die Verteilung zwischen anfänglicher und verteilter Vertriebsvergütungen zu verändern oder die Provisionshaftungszeiten zu verlängern. Beide Ansätze würden deutlich machen, dass die Provision nicht nur durch die Beratungsleistung bei Abschluss, sondern auch durch die laufende Betreuung des Kunden verdient wird.

Pfefferminzia: Vermittlervertreter sagen ein Vermittlersterben voraus, wenn die Provision gedeckelt und die Haftungszeit verlängert wird. Eine Folge davon sei – wie in Großbritannien – die Unterversorgung von Leuten mit kleinen und mittleren Einkommen mit guter Beratung und schlussendlich Versicherungen. Lassen Sie dieses Argument gelten?

Hessling: Ich glaube nicht, dass es zu einer Provisionsdeckelung kommen wird. Und ich denke, auch ein generelles Provisionsverbot in Deutschland wird es nicht geben. Insofern sollten wir jetzt nicht von solchen dramatischen Szenarien ausgehen und Ängste schüren, die meiner Einschätzung nach unberechtigt sind.

Natürlich müssen wir auch künftig an der Transparenz und Effizienz arbeiten und diese weiter verbessern. Ich sehe das Thema noch von einer anderen Seite: Wir haben viel zu wenige qualifizierte Berater. Für unsere Branche wird es immer schwieriger, qualifizierten Nachwuchs im Vertrieb zu bekommen.

Pfefferminzia: Das schlechte Image hält viele ab, oder?

Hessling: Deswegen muss die Branche an sich arbeiten. Wir arbeiten in einem Wachstumsmarkt. Alleine schon, weil die Menschen in Deutschland immer älter werden und mehr vorsorgen müssen. Insofern muss sich keiner Sorgen machen, der eine vertriebliche Ader hat und qualifiziert beraten möchte. Für solche Leute sind die Berufsaussichten mittel- und langfristig sehr attraktiv. Aber es geht auch darum, die technische Unterstützung der Vermittler zu verbessern und die Komplexität der Altersvorsorge zu reduzieren.

Pfefferminzia: Wie denn zum Beispiel?

Hessling: Nehmen wir die betriebliche Altersvorsorge, kurz bAV. Wir fordern von der Politik, die Rahmenbedingungen in der bAV so zu vereinfachen, dass Unternehmen ihre gesamte bAV über einen Durchführungsweg abwickeln können und nicht wegen der Dotierungsgrenzen nutzen müssen.

Zudem sollten Arbeitgeber allen Arbeitnehmern Entgeltumwandlungen aktiv anbieten oder diese automatisch vorsehen, es sei denn, der Arbeitnehmer lehnt dies ausdrücklich ab. Ein weiteres Thema ist die Wiederanlage von ablaufenden Versicherungen. Hat ein Vermittler Verträge, die in den nächsten fünf Jahren ablaufen, können wir helfen.

Etwa, indem wir die Kunden – in Absprache mit dem Vermittler – vorher schon anschreiben und ihnen vorschlagen, wie sie das Geld anlegen könnten. Der Vermittler muss dann gegebenenfalls nur noch zu einem finalen Gespräch zum Kunden gehen. Das reduziert den Aufwand erheblich.

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