Kunststoffexperte Christian Bonten (links) und Ingenieur Robert Kirchner mit Aquadom-Bruchstück in der Lagerhalle in Bad Belzig © Union Investment
  • Von Andreas Harms
  • 11.10.2023 um 13:59
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Ein Kunststoffexperte hat seine Forschungen über das zerbrochene Aquadom in Berlin abgeschlossen. Demnach war das Unglück nicht vorherzusehen. Es war ein plötzliches und unerwartetes Ereignis und ist damit nun ein Versicherungsfall. Das Konsortium zahlt bereits.

Dass das Riesen-Aquarium Aquadom in Berlin am 16. Dezember 2022 zerbarst, ist nun offiziell als Versicherungsfall eingestuft. Das meldet der Besitzer, die Investmentgesellschaft Union Investment. Die Schäden am Gebäude, der erforderliche Rückbau und die Reparaturen und Renovierungen der Mietflächen (das Aquadom stand in einem Hotel) seien über eine Sachversicherungspolice durch ein Konsortium versichert gewesen. Und das habe jetzt reibungslos begonnen, die Schäden zu bezahlen. Welche Versicherer daran beteiligt sind, gibt Union Investment (auch auf Anfrage) nicht bekannt.

„Wir sind dankbar für die zügige Regulierung und dass aus diesen Sachschäden weder bei uns noch bei unseren Anlegern ein monetärer Schaden zu erwarten ist“, sagte Fabian Hellbusch, Sprecher von Union Investment. Dazu muss man sagen, dass das Objekt im Portfolio des offenen Immobilienfonds Uniimmo: Deutschland (ISIN: DE0009805507) von Union Investment Real Estate steckt und somit Anlegern gehört.

Die Gesellschaft stellte jetzt ein Gutachten des Kunststoffexperten Christian Bonten vor. Der stuft darin das Unglück als ein „plötzliches und unerwartetes Ereignis“ ein. Es habe sich nicht im Vorfeld angekündigt, die Risiken seien weder von außen noch von innen erkennbar gewesen. In Betracht kommen demnach drei Möglichkeiten:

  • In der Herstellungsphase, als die einzelnen Acrylglaselemente geklebt wurden
  • In der Sanierung 2019, als die Acrylelemente getrocknet wurden
  • Kerbwirkung auf den Zylinder in dessen Sockelbereich

Wobei eine Kerbwirkung immer dann an entsteht, wenn Kräfte auf einen eingeschnittenen oder eingekerbten Körper wirken. Dadurch können sich Spannungen ungleich verteilen und den Körper beschädigen.

Bruchstück am Schadensort im Dom Aquarée in Berlin (Foto: Union Investment)
Bruchstück am Schadensort im Dom Aquarée in Berlin (Foto: Union Investment)

Allerdings, so räumt Bonten ein, könne man auch trotz aufwendiger forensischer Untersuchung nicht eindeutig feststellen, welche Ursache es am Ende war und nicht einmal, wo der erste Riss aufgetreten sei: „Wir haben während und nach der Zusammensetzung der vielen Scherben in alle Richtungen ermittelt, mehrere Schadenshypothesen aufgestellt und sind diesen mit teils aufwendigen Analyse- und Prüfmethoden nachgegangen. Die Mehrzahl der Schadenshypothesen wurden aufgrund geringer Wahrscheinlichkeit nicht weiterverfolgt.“ Dazu gehörten zum Beispiel Sabotage, falsche Reinigungsmittel, seismische Schwingungen oder kalte Winterluft im Atrium.

Untersucht hat man das Material vor Ort im Dom Aquarée, in der Lagerhalle in der Nähe von Bad Belzig (Brandenburg) und im Prüflabor des Instituts für Kunststofftechnik in Stuttgart. Das alles kostete insgesamt 1.100 Ingenieurstunden. Das Fraunhofer IAP in Potsdam untersuchte die Molekülkettenlängen der verschiedenen Acrylglas-Segmente und Klebnähte.

Die Acrylstücke mit einem Gesamtgewicht von immerhin knapp 90 Tonnen wolle man nun wiederverwenden, also recyceln. Natürlich erst, wenn alle juristischen Umstände geklärt sind.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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