BVSV-Vorstand Andreas Schwarz erklärt den BVSV-Risk-Check © BVSV
  • Von Andreas Harms
  • 21.06.2023 um 15:04
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Vor knapp zweieinhalb Jahren wehte aus Richtung Brüssel ein neues Gesetz nach Deutschland herüber, das Geschäftsleitern gut und gerne den Schweiß auf die Stirn treiben kann. Deshalb erhob es der Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen (BVSV) zum Schwerpunkt seines Kompetenztags in Leipzig. Mehr dazu und über die Chancen, die das Gesetz bietet, erfahren Sie hier.

Stellen Sie sich vor, Sie führen ein Unternehmen und es ist Pandemie! Sie müssen wirklich kräftig rudern, um alles am Laufen zu halten und über Wasser zu bleiben. Da schleicht sich aus Brüssel ein neues Gesetz nach Deutschland, das Sie plötzlich als Geschäftsführer persönlich haften lässt. Und zwar wenn Sie bestimmte Risiken übersehen haben und daraus Schäden entstanden sind. Doch das Ganze läuft so unheimlich heimlich ab, dass Sie es im Corona-Trubel gar nicht bemerken. Nicht schön.

So ungefähr können Sie sich die Geschichte des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen, kurz StaRUG, vorstellen, das am 1. Januar 2021 die deutsche Unternehmerlandschaft heimsuchte. Es setzt die EU-Richtlinie 2019/1023 (Restrukturierungsrichtlinie) um und soll die Zahl der Insolvenzen senken.

Und weil es so wenig bekannt ist und zugleich so dramatisch daherkommt, erklärte es der Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen (BVSV) am 13. Juni auf seinem BVSV-Kompetenztag in Leipzig zum Schwerpunktthema. „Viele Unternehmen unterschätzen die Tragweite dieses Gesetzes und dass sie bei Missachtung mit ihrem Privatvermögen zur Haftung herangezogen werden können, unabhängig von der Rechtsform ihres Unternehmens“, warnt der BVSV-Vorsitzende Andreas Schwarz. „„Geschäftsführer müssen ihr Geschäft und die Risiken kennen. Und dann müssen sie etwas unternehmen, damit sie hinterher nicht sagen können: ‚Das habe ich nicht gewusst.‘“

Kuriosum am Rande: Um den Kompetenztag besuchen zu können, mussten die Teilnehmer im Vorfeld bestätigen, dass sie sich ein entsprechendes StaRUG-Webinar und die Internetseiten des BVSV und der BVSV-Gewerbezentren angesehen hatten. Schließlich sollten alle Kompetenztag-Teilnehmer auf demselben Kenntnisstand sein. Am Ende begrüßte der Verband an jenem Tag in Leipzig 134 Gäste. Die unter Veranstaltern berüchtigte No-Show-Rate lag bei bemerkenswerten null Prozent – es waren also wirklich alle da, die sich angemeldet hatten.

Sogar das StaRUG hat gute Seiten

Die Anwesenden erfuhren immerhin auch, dass selbst solch verstörende Dinge wie das StaRUG ihre guten Seiten haben. Denn das Gesetz bietet Versicherungsmaklern und -vermittlern den Schlüssel oder zumindest die Chance, Unternehmer und Selbstständige anzusprechen und als Gewerbekunden zu gewinnen.

Doch zunächst beleuchtete BVSV-Chef Schwarz zusammen mit Rechtsanwalt David Bastanier und dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Hans-Joachim Schlimpert zum Teil schmerzhaft intensiv die durch das StaRUG drohende Haftungsfalle für Geschäftsführer und Steuerberater. Ein Fazit: „Steuerberater haften nur dann, wenn sie nicht explizit auf existenzbedrohende Risiken hinweisen, während Geschäftsführer zu 100 Prozent haften. Es ist daher von großer Bedeutung, die gesetzlichen Vorgaben zu beachten, zu überwachen, zu dokumentieren und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen.“

Doch wie macht man das in der Praxis? Hierfür hat der BVSV Risk-Checks entwickelt, die zeigen und festhalten, wo Gefahren lauern könnten. Diese Risks-Checks finden in den bisher rund 200 eingerichteten BVSV-Gewerbezentren statt, an die sich die regionalen Unternehmer und Selbstständige wenden können. Und hier kommen die Versicherungsmakler und -vermittler ins Spiel: Sie können sich als Betreiber bewerben und damit auf Neugeschäft durch kooperierende Verbände und das BVSV-Netzwerk hoffen.

Beispiel für einen Risk-Check vom BVSV-Gewerbezentrum

Wie so ein Risk-Check konkret aussehen kann, erklärte Schwarz am Rande der Veranstaltung: Zum Beispiel könnte ein Geschäftsführer zunächst behaupten, er brauche keine Cyberversicherung, weil keine entsprechenden Risiken vorhanden seien. Über einen Risk-Check geht ein BVSV-Gewerbezentrum der Sache nach und testet: Wie sicher sind die Systeme wirklich? Wie reagieren die Mitarbeiter auf Phishing-Angriffe? Wie gut sind die Daten geschützt? Das Ganze ist direkt aufs Unternehmen zugeschnitten, betont Schwarz.

Bestätigt der Risk-Check dann, dass das Unternehmen wirklich sicher ist, ist alles in Ordnung. Tun sich aber Lücken auf, sollte die Geschäftsleitung gegensteuern und Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Hat sie dann alles Mögliche veranlasst, und kommt es trotzdem zu einem Cyberschaden, dann haben die Geschäftsführer zumindest ihre Pflicht laut StaRUG erfüllt und haften nicht mehr privat.

Dass diese kostenpflichtigen Checks (250 Euro, davon 150 Euro für den Vermittler) sehr gut angenommen werden und tatsächlich zu Neugeschäft insbesondere bei Gewerbeversicherungen führen, bestätigte der Vermittler Holger Hlubek bei einer Podiumsdiskussion. Hlubek betreibt das BVSV-Gewerbezentrum Bonn und berichtet von einem um 20 bis 30 Prozent erhöhten Neugeschäft. Pro Jahr.

Von diesen Versicherungsumsätzen verlangt der BVSV übrigens nichts. Der Makler oder Vermittler kann sie abrechnen oder einreichen, wo er will.

BVSV mit Sonderrolle im Vertrieb von Gewerbeversicherungen

Auch Pfefferminzia war vor Ort mit dabei. In der „Podiumsdiskussion Pfefferminzia“ sprachen Oliver Kieper (NVS und Netfonds), Markus Trogemann (Dr. Maasjost & Collegen und PMA Finanz- und Versicherungsmakler) und Rechtsanwalt Norman Wirth (AfW und BVSV) mit Pfefferminzia-Geschäftsführer Matthias Heß darüber, wie es um den Gewerbemarkt derzeit und künftig bestellt ist. Auch hier gab es Gutes zu berichten. Denn es wurde deutlich, dass der BVSV mit weiter ausgebauten Gewerbezentren in Kooperation mit erfahrenen Maklern eine Sonderrolle im Vertrieb von Gewerbeversicherungen übernimmt.

Vertriebscoach Jörg Laubrinus, der durch das Programm führte, zeigt sich jedenfalls vom Kompetenztag begeistert: „Ich habe sehr selten eine Veranstaltung erlebt, die so voll war mit fachlichem Know-how. Alle aus der ganzen Bundesrepublik angereisten Finanzdienstleister wussten vorher detailliert, worum es ging, waren pünktlich da und haben jeden einzelnen Vortrag der 18 Fachreferenten mit voller Aufmerksamkeit verfolgt.“

Für eine Überraschung der besonderen Art sorgte zwischenzeitlich Friedrich Wanschka vom WMD Brokerchannel. Er stoppte Andreas Schwarz, als der gerade mit seinem Vortrag beginnen wollte, um ihm den „FinanzBusinessPreis 2023 für innovative Vertriebsunterstützung“ zu überreichen. Die Juroren dieses Awards hatte das innovative Konzept des BVSV restlos überzeugt, so Wanschka in seiner Laudatio. Deshalb würdigten sie Andreas Schwarz mit dieser Verleihung für seinen unermüdlichen Einsatz.

Wer sich vom BVSV-Kompetenztag ein oder gleich mehrere Bilder machen möchte – hier geht es zu unserer Fotostrecke.

Zu den Gewerbezentren gibt es hier zusätzliche Informationen.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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