Marco Gietz ist Syndikusrechtsanwalt in der Rechtsabteilung von Standard Life. © Standard Life
  • Von Redaktion
  • 03.05.2021 um 10:58
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Welche Pflichten müssen Vermittler nach der neuen EU-Transparenzverordnung jetzt erfüllen, was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeitsrisiko – und was hat ein Tulpenfeld damit zu tun? Das berichtet Marco Gietz, Syndikusrechtsanwalt in der Rechtsabteilung von Standard Life, im Interview.

Pfefferminzia: Seit 10. März gilt die Umsetzung der EU-Transparenzverordnung in Deutschland. Sie ist ein Teil des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzsystem, das regulatorisch fest im Finanzmarkt verankert werden soll. Was genau ist dabei das Ziel der Transparenzverordnung?

Marco Gietz: In der Transparenzverordnung geht es in erster Linie darum, dass die Produktgeber und die Berater ihre Kunden transparent über ihren Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken aufklären. Dies ist aber natürlich nur ein kleiner Ausschnitt des sehr facettenreichen EU-Aktionsplans. Über allen Maßnahmen steht das Ziel, das Thema Nachhaltigkeit im Finanzmarkt zu etablieren und Finanzströme mehr in nachhaltige Kapitalanlagen umzuleiten.

Was besagt die Verordnung genau und welche Verpflichtungen ergeben sich daraus?

Besonders relevant für die Vermittler sind die Pflichten, die sich aus den Artikeln 3 bis 6 der Transparenzverordnung ergeben. Artikel 3 betrifft den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Hier müssen Vermittler offenlegen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken, also tatsächliche Risiken für das Investment, im Rahmen ihrer Beratung berücksichtigen. Der Artikel 4 betrifft genau das Umgekehrte, also die Information darüber, ob und wie negative Auswirkungen des Investments auf die Umwelt und die anderen Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt werden. In Artikel 5 geht es darum, wie die Vergütungspolitik des Vermittlers mit der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in Einklang zu bringen ist. Ob er also erstens selbst eine höhere Provision erhält oder aber zweitens eine höhere Vergütung an seine Mitarbeiter zahlt, wenn nachhaltige oder aber nicht-nachhaltige Produkte vertrieben werden.

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Die Artikel 3 bis 5 erfordern Veröffentlichungen auf der Website des Vermittlers. Der Artikel 6 der Offenlegungsverordnung betrifft die vorvertraglichen Informationen, die dem Kunden zu übermitteln sind. Dabei ist die gleiche Angabe über den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken in der Beratung (Artikel 3) nochmal in den vorvertraglichen Informationen zu erteilen. Und zum anderen sind letztlich die produktbezogenen vorvertraglichen Informationen, die Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsrisiken und so weiter haben, zu erteilen. In der Praxis wird sich der Vermittler auf die Angaben des Produktanbieters stützen müssen.

Wer ist von den neuen Regelungen betroffen?

Das ist eine sehr zentrale Frage, bei der noch nicht vollständige Klarheit besteht. Klar ist, dass die Verordnung in erster Linie die Produktgeber, die als „Finanzmarktteilnehmer“ genannt sind, betrifft. Aber ein ganz wichtiger Punkt sind eben auch die sogenannten „Finanzberater“. Da sind nach der Definition ganz klar diejenigen Vermittler genannt, die Versicherungsanlageprodukte, die sogenannten IBIPs, vermitteln. Das sind in Deutschland die nach Paragraf 34d Gewerbeordnung zugelassenen Versicherungsvermittler. Unklar ist, ob die Verordnung auch für die Finanzanlagenvermittler nach Paragraf 34f der Gewerbeordnung gilt, die in der Verordnung nicht explizit genannt werden. Ich würde den Empfehlungen einiger Maklerverbände zustimmen, die auch Paragraf-34f-Vermittlern raten, die Vorgaben der Verordnung (freiwillig) zu erfüllen, um hier kein Risiko einzugehen. Die Umsetzung ist nicht viel Aufwand und das Thema Nachhaltigkeit bietet für die Vermittler ja auch sehr große Chancen.

Welche neuen Informationspflichten im Rahmen der Beratung und der zugehörigen Dokumentation müssen Vermittler nun konkret beachten?

Zurzeit gibt es noch keine explizite Pflicht, im Rahmen der Beratung beispielsweise die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden abzufragen und die Beratung daran auszurichten. Eine solche Pflicht wird durch die Änderungen der delegierten Verordnung zur IDD eingeführt werden, die voraussichtlich im zweiten Quartal 2022 in Kraft treten wird. Aktuell sind konkret in der Beratung – abgesehen von den genannten Informationspflichten – nur Punkte zu berücksichtigen, die an und für sich Selbstverständlichkeiten darstellen: Zum einen darf man einem Kunden, der von sich aus explizit nachhaltige Anlagen wünscht, nicht ohne weiteren Hinweis nicht-nachhaltige Anlagen empfehlen. Zum anderen wird man den Kunden auch heute schon darüber aufklären müssen, falls ausnahmsweise tatsächlich einmal signifikante Nachhaltigkeitsrisiken einer Anlage bekannt sind.

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