Chef des Bunds der Versicherten: Axel Kleinlein. © dpa/picture alliance
  • Von Achim Nixdorf
  • 25.06.2021 um 08:48
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:25 Min

Die Lage der deutschen Lebensversicherer sei dramatisch. Fast die Hälfte von ihnen erreiche die erforderliche Mindestsolvenz nur mithilfe von Übergangsmaßnahmen oder „dem Griff in die Tasche der Kunden“. Zu diesem Fazit kommt eine gemeinsame Studie des Bundes der Versicherten (BdV) und des Analysehauses Zielke Research. Kritik schallte den Machern aus der Versicherungswirtschaft entgegen.

Einige Versicherer werden die nächsten Jahre nicht überleben – so lautet das Fazit der aktuellen Solvenzanalyse 2020, die der Bund der Versicherten (BdV) gemeinsam mit dem Analysehaus Zielke Research Consult erstellt und am Donnerstag veröffentlicht hat.

Danach haben 23 von 80 untersuchten Versicherern „ernste“ Solvenzprobleme. Noch dramatischer fällt das Ergebnis bei einem Blick auf die reine Solvenz „ohne Kundengelder“, sprich ohne Übergangsmaßnahmen, aus: Hier reißen 42 Anbieter die Hürde.

„Das heißt, 53 Prozent aller Unternehmen können nur unter Zuhilfenahme von Übergangsmaßnahmen, Volatilitätsanpassungen und/oder Kundengeldern die geforderte Solvenz nachweisen“, so BdV-Vorstand Axel Kleinlein. „Würden die Versicherten tatsächlich alle die ihnen gehörenden Überschüsse ausgezahlt bekommen, dann ist mehr als die Hälfte der Versicherer angezählt.“

„Einige Versicherer werden die nächsten Jahre nicht überleben, das ist dramatisch“, ist sich Kleinlein sicher. „Die Branche hat die Warnsignale der letzten Jahre offenbar geflissentlich ignoriert, den Preis dafür zahlen die Kundinnen und Kunden.“

Doch auch die Politik sei gefordert. Denn nach der Berechnungsmethode für Solvency II müssten Versicherer aktuell hohe Solvenzmittel vorhalten und damit hohe Risiken eingehen, um das Langlebigkeitsrisiko bei Rentenverträgen abzubilden. „Wir fordern deshalb, dass der bestehende Verrentungszwang bei Riester- und Rürup-Renten endlich aufgehoben wird“, so der BdV-Chef.

„Die Branche benötigt mehr Geld“

In das gleich Horn stößt auch Carsten Zielke, Inhaber von Zielke Research Consult. „Ein Ende der Verrentungspflicht mit einer einhergehenden Änderung der steuerlichen Regeln auch für das existierende Geschäft könnte die Solvenzquoten um den Faktor 1,6 erhöhen und die Situation der deutschen Lebensversicherer erheblich entspannen“, sagt er. „Damit bekämen die Versicherer Luft, um endlich ihre Kapitalanlagen langfristig renditeträchtig und nachhaltig auszurichten anstatt nur den sinkenden Zinsen hinterherzulaufen.“

Auch das Thema Demutualisierung, also die Umwandlung von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit in Versicherungsaktiengesellschaften, müsse nach britischem Vorbild endlich angegangen werden. „Die Branche benötigt einfach mehr Eigenkapital und ich denke, der Markt wäre bereit, es ihr zu geben“, so Zielke.

Aktuare und Versicherungsbranche reagieren kritisch

Der Chef der deutschen Aktuarvereinigung (DAV), Herbert Schneidemann, hält den Studienmachern in einem Statement entgegen, dass die Verwendung von Übergangsmaßnahmen aus aktuarieller Sicht „nicht als Zeichen von Schwäche verstanden werden“ dürfe. Vielmehr ermöglichten die Maßnahmen „eine laufende und ressourcenschonende Verbesserung der Risikotragfähigkeit, die dem langfristigen Charakter des Lebensversicherungsgeschäfts entspricht“ und sei daher „im Sinne eines kollektiven Verbraucherschutzes zu begrüßen“.

Darüber hinaus seien Berechnungen sogenannter „reiner Solvenzquoten“ ohne Berücksichtigung der Übergangsmaßnahmen „aufsichtsrechtlich keine validen Kennzahlen und können sogar zu Fehlinterpretationen führen“, kritisierte Schneidemann die Methodik der Autoren (hier geht es zum Gastkommentar).

Aus Sicht des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind die Ergebnisse der BdV-Analyse nicht solide und basierten auf einer willkürlichen Methodik. „Kein Kunde muss sich Sorgen um seine Lebensversicherung machen. Die garantierten Leistungen sind gesichert“, teilte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, via Twitter mit. Die Solvenzlage der deutschen Lebensversicherer sei nachweislich besser als vom Bund der Versicherten dargestellt.

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Achim

Achim Nixdorf

Achim Nixdorf war von April 2019 bis Mai 2024 Content- und Projekt-Manager bei Pfefferminzia. Davor arbeitete er als Tageszeitungs- und Zeitschriftenredakteur mit dem Fokus auf Verbraucher- und Ratgeberthemen.

kommentare
Wilfried Strassnig
Vor 3 Jahren

Die Reichssiegelbewahrer für Garantien ab der ersten Stunde kritisieren!
Witz komm heraus du bist umzingelt. Seit ewigen Zeiten müssen Privatversicherer die Gängelungen der Verbraucherschützer und damit auch immer der Medien und Politiker akzeptieren. Für BEGRIFFSSTÜTZIGE: Damit ist auskömmliche Rendite schlicht nicht möglich. Wenn man es so unglaublich genial von STAATSSWEGEN verpflichtend für alle einführen möchte, stellt das die Fakten völlig auf den Kopf. Ich habe an der Grenze zur Beleidigung seit vielen Jahren in allen Medien und Mails an alle Parteien und TV-Sender das deutsche Garantiewesen angeprangert, wurde aber wie Hr. Riester negiert. Wen jetzt die Verursacher von miesen Renditen GROSSMÄULIG die Lösung anbieten ist das die Frechheit par excellence. Bei 3 Billionen Euro, die bei der Beamtenvorsorge nicht rückgedeckt sind, sollten die Bürger aber nicht so genau informiert sein…

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Wilfried Strassnig
Vor 3 Jahren

Die Reichssiegelbewahrer für Garantien ab der ersten Stunde kritisieren!
Witz komm heraus du bist umzingelt. Seit ewigen Zeiten müssen Privatversicherer die Gängelungen der Verbraucherschützer und damit auch immer der Medien und Politiker akzeptieren. Für BEGRIFFSSTÜTZIGE: Damit ist auskömmliche Rendite schlicht nicht möglich. Wenn man es so unglaublich genial von STAATSSWEGEN verpflichtend für alle einführen möchte, stellt das die Fakten völlig auf den Kopf. Ich habe an der Grenze zur Beleidigung seit vielen Jahren in allen Medien und Mails an alle Parteien und TV-Sender das deutsche Garantiewesen angeprangert, wurde aber wie Hr. Riester negiert. Wen jetzt die Verursacher von miesen Renditen GROSSMÄULIG die Lösung anbieten ist das die Frechheit par excellence. Bei 3 Billionen Euro, die bei der Beamtenvorsorge nicht rückgedeckt sind, sollten die Bürger aber nicht so genau informiert sein…

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