Rechtsanwalt Martin Klein ist geschäftsführender Vorstand des Branchenverbands Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa. © Votum
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  • 08.05.2023 um 16:56
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Seit Montag zirkuliert ein Entwurf der EU-Kommission für die sogenannte Kleinanlegerstrategie. Das Provisionsverbot taucht darin, wie zu erwarten, nicht auf. Martin Klein vom Vermittlerverband Votum äußert trotzdem „starke Bedenken“ gegen die Pläne. Hier geht es zu seinem Kommentar.

Der vorliegende Entwurf zur Retail Investment Strategy, zu deutsch: Kleinanlegerstrategie (Pfefferminzia berichtete), macht den Eindruck, als ob Frau McGuinness die Kapitalmarkt-Union mit der Brechstange erzwingen möchte. Sie will einheitliche Anlage- und Versicherungsprodukte trotz völlig unterschiedlich entwickelter nationaler Märkte. Hierbei setzt sie nicht auf Deregulierung und niederschwellige Marktzugänge, sondern auf noch mehr Bürokratisierung.

Dem Entwurf nach sollen die europäischen Aufsichtsbehörden ESMA und Eiopa eine Art Produkt-Polizei werden, die insbesondere europaweite Kosten-Benchmarks für Kapital- und Versicherungsanlageprodukte vorgeben. Dieses Benchmarks sollen die Leistungsmerkmale des Produkts sowie die Gesamtkosten und insbesondere die Vertriebskosten betreffen. Dies könnte einen europäischen Provisionsdeckel bedeuten und damit erneut einen Markteingriff, der – wie der deutsche Gesetzgeber bereits festgestellt hat – nur berechtigt ist, wenn ein umfassendes Marktversagen zu beobachten wäre. Das ist aber tatsächlich nicht der Fall.

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Kommentar zum Provisionsverbot

Eine gute Entscheidung, Frau McGuinness

Wir haben bereits dem deutschen Gesetzgeber und der Finanzaufsicht Bafin dargelegt, dass einheitliche Provisionsgrenzen für die unterschiedlichen Vertriebswege nicht angemessen sind und nicht zur Verbesserung des Beratungsangebots beitragen. Dies muss nunmehr erneut gegenüber den europäischen Gesetzgebern erfolgen.

Die Vorgaben der Retail Investment Strategy für die Ausgestaltung von Beratungen sind in sich widersprüchlich: Zum einen sollen die Berater verpflichtet werden, weitere umfassende Produktanalyse sowohl im Leistungsbereich als auch im Kostensegment vorzunehmen, ohne dass zu erkennen ist, wie ihnen dieser Zusatzaufwand vergütet werden könnte. Zum anderen sollen Berater für ihre Kunden eine Art Zwei-Klassen-Beratungsangebot vorhalten.

Die EU-Kommission hat zwar festgestellt, dass europäische Kleinanleger der Meinung sind, sie verfügen nicht über ausreichend Mittel und Kenntnisse, um am Kapitalmarkt zu investieren und scheuen deshalb das Risiko. Dennoch sollen Berater eine eingeschränkte Beratung anbieten, die nicht auf Kenntnisse und Erfahrungen der Anleger achtet und sich auf Standardprodukte beschränkt. Das Alles mit dem Ziel, Beratung vermeintlich „billiger“ zu machen. Aus unserer Sicht ein weiterer Irrweg.

Irritierend ist zudem, dass die EU-Kommission erneut nur den Bereich der provisionsbasierten Beratung mit Regulierung überzieht aber kein Wort dazu verliert, das auch im Bereich der Honorarberatung Gefahren für Fehlentwicklungen bestehen. Auf diesem Auge bleibt die EU-Kommission blind. Letztendlich folgt die Kommissarin einer Ideologie anstatt eines faktenbasierten Politikansatzes. Tatsächlich hat beispielsweise die jüngst veröffentliche Studie des ifa-Instituts dargelegt, dass gerade für Kleinanleger bei einem jährlichen Sparleistungen von 2.000 Euro eine Honorarberatung kostenineffizient ist. Wenn 50 Prozent der Europäer, wie die EU-Kommission darlegt, der Meinung ist, sie habe keine Mittel, um am Kapitalmarkt zu investieren, sollte es das Ziel sein, für diese weiterhin ein provisionsbasiertes Beratungsangebot aufrechtzuerhalten.

Fazit

Die Detail-Analyse des umfassenden Regelwerks wird mit kritischer Gründlichkeit geschehen. Was die EU-Kommission als vermeintliches Verbraucherinteresse erachtet, kann tatsächlich das Gegenteil bewirken. Es gilt eine Überbürokratisierung zu verhindern, die letztendlich dazu führt, dass Beratungsleistungen nur noch dem gutverdienenden Anleger angeboten werden können und der Kleinanleger auf der Strecke bleibt!

Über den Autor:

Rechtsanwalt Martin Klein ist geschäftsführender Vorstand des Branchenverbands Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. An die Votum-Mitgliedsunternehmen sind nach eigenen Angaben 100.000 unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler angebunden. Die Mitarbeiter und Kooperationspartner der Mitglieder beraten Votum zufolge über 11 Millionen Verbraucher zu Fragen der Absicherung im Alter, der Vermögensbildung und des maßgeschneiderten Versicherungsschutzes.

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