Zeit für den neuen Zahnkranz? Viele Fahrradversicherungen decken auch Schäden durch Verschleiß ab © fxquadro / Freepik
  • Von Andreas Harms
  • 13.06.2025 um 09:36
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Verschleiß am Fahrrad tritt so sicher auf wie Rost auf der nicht-geölten Kette. Warum decken Fahrradversicherungen solche ganz zuverlässig eintretenden Schäden ab? Und was machen jene, die ihre Drahtesel selbst reparieren? Wir haben uns mal umgehört.

Stellen Sie sich das mal vor: Die Kaskoversicherung bezahlt die neuen Zündkerzen. Oder den durchgebrannten Scheinwerfer. Oder die frische Kühlflüssigkeit. Schäden durch Verschleiß, eben. Kaum vorstellbar, und es ist ja auch nicht so.

Ganz anders in der Fahrradversicherung. Dort zahlen manche Tarife tatsächlich auch Schäden, wenn sich Teile abnutzen. Obwohl Verschleiß im Grunde gar keine Gefahr ist, die aus dem Nichts über den Radler hereinbrechen kann. Stattdessen treten solche Schäden zuverlässig und gut berechenbar ein. Zumindest, wenn man das Fahrrad benutzt. Irgendwann sind die Bremsbeläge durch, der Reifen bekommt Risse, und die Kette leiert aus. Ganz sicher.

Damit drängt sich der Verdacht auf, dass Fahrradversicherungen eine Sonderstellung im Sach-Kosmos einnehmen. Sie versichern Schäden, die garantiert eintreten.

Aber warum? Und wie sehen die Radler selbst so etwas? Beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) will man das nicht kommentieren. Doch ein Online-Artikel lässt eine eher aufgeschlossene Haltung durchblitzen. Allerdings nicht, um Risiken einzudämmen, sondern um etwas herauszuschlagen. Denn es heißt wörtlich: „Bei hoher Kilometerleistung zahlt sich eine Fahrradversicherung aus, die Verschleißteile ebenfalls ersetzt.“

Das könnte jedoch dem Sinn einer Versicherung widersprechen. Denn dort bezahlen diejenigen mit den wenigen Schäden diejenigen mit den vielen Schäden. Wenn alle mehr herausbekommen wollen würden, als sie einzahlen, funktioniert das Prinzip nicht mehr.

Entsprechend anders fällt das Urteil beim BAVC-Bruderhilfe Automobil- und Verkehrssicherheitsclub aus. Obwohl es sich auf Autos bezieht, taugt es im übertragenen Sinne auch für die Fahrräder. Die üblichen Leistungen wie Pannenhilfe oder Abschleppen greifen zwar auch bei Schäden durch Verschleiß. Aber eben nicht darüber hinaus.

„Würde man Reparaturkosten einschließen, würde man diesen Grundgedanken erweitern auf Situationen, die garantiert eintreffen. Zeitpunkt und Höhe des ‚Schadens‘ sind dabei abhängig von der Pflege und regelmäßigen Wartung“, sagt Katrin Sießl, geschäftsführende Vorständin.

Offenbar verlangt der Markt danach

Und weiter: „Der Beitrag für diese Leistung müsste höher sein, die Kalkulation wäre kaum nachvollziehbar und würde sich besonders für den lohnen, der bei Pflege und Wartung spart.“ Damit werde das Verständnis als Solidargemeinschaft unklar. Dieser Gedanke lässt sich ohne weiteres auf die Versichertengemeinschaft übertragen.

Also haben wir bei zwei Fahrradversicherern stichprobenartig mal nachgefragt. Und beide deuten bei Sinn und Zweck der Verschleißversicherung gleichermaßen auf den Markt und die Konkurrenz. Radler wollen das offenbar. So teilt Jens Schipper von den NV-Versicherungen mit: „Bei der Entwicklung der Fahrradkaskoversicherung ist der Markt genau analysiert worden. Dabei zeigte sich, dass nahezu alle Anbieter auch Verschleiß mitversicherten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wurde dieser Leistungsbaustein in das Produkt ebenfalls aufgenommen.“

Ähnlich äußert sich auch Georg Düsener, Referent Vertrieb bei Linexo, der Fahrradmarke des Versicherers Wertgarantie: „Da viele Radfahrer das Verschleißrisiko abgesichert haben möchten, wenden sie sich an Spezialversicherer. Klassische Hausratversicherungen mit Fahrraddeckung leisten für solche Ereignisse nicht. Dafür gibt es halt die Fahrradspezialversicherung inklusive Abdeckung aller Risiken.“

Verschleiß sorgt für die meisten Schäden

Beide Versicherer lassen keinen Zweifel daran, dass Verschleiß für eine Menge Arbeit sorgt. Laut Düsener gehen die häufigsten Schäden darauf zurück. Und Jens Schipper erklärt: „Zwei Drittel der Schadenmeldungen begründen sich auf Verschleißschäden, wobei der Aufwand für diese Schäden bei einem Drittel des Gesamtaufwands liegt.“

Bleibt die Frage, was mit denjenigen passiert, die ihre Reifen und Bremsbeläge selbst wechseln und deshalb keine Werkstattrechnung vorweisen können. Nur den Materialkauf. Bei manchen Versicherern könnten diese Bastler abblitzen, denn in den Versicherungsbedingungen ist ausdrücklich von Werkstattrechnungen die Rede. Aus anderen lässt es sich nicht eindeutig herauslesen.

Bei Linexo möchte man immer eine Rechnung der Werkstatt sehen. Von den NV-Versicherungen hingegen heißt es, dass sie die Ersatzteile gegen Beleg erstattet und sogar die Eigenleistung. Auch die Fahrradversicherung des ADAC deckt das Material bei selbstständiger Reparatur ab. Wie man uns mitteilt, reichen dort die Rechnung und eventuell ein Fotobeleg aus. Um mal drei Beispiele zu nennen.

Aber es gibt ja noch einige Fahrradversicherungen mehr. Und wer selbst Hand ans Fahrrad legt, sollte diesen Aspekt genau im Vorfeld schriftlich klären. Wer ohnehin alles in der Werkstatt erledigen lässt, bekommt hier ganz sicher kein Problem.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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