Während der Pandemie mussten viele Gastronomiebetriebe schließen. © Pixabay
  • Von Achim Nixdorf
  • 30.06.2021 um 17:47
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Neues Kapitel im Dauerstreit um die Betriebsschließungsversicherung (BSV): Das Oberlandesgericht Karlsruhe verdonnerte jetzt einen Versicherer zur Zahlung von 60.000 Euro an den Betreiber eines Heidelberger Hotels, das während der Corona-Pandemie vorübergehend schließen musste. In einem zweiten Fall entschied das Gericht jedoch zugunsten der Versicherung.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in zwei aktuellen Urteilen darüber entschieden, ob eine Betriebsschließungsversicherung (BSV) auch für die Corona-bedingte Schließung eines Hotel- beziehungsweise Gaststättenbetriebs leisten muss. In einem Fall bejahten die Richter diese Frage, in dem anderen Fall wiesen sie jedoch den Anspruch des Betreibers zurück. Ausschlaggebend für die unterschiedlichen Urteile war jeweils die Bewertung der Versicherungsbedingungen.

Der erste Fall (Aktenzeichen 12 U 4/21) betraf die vorübergehende pandemie-bedingte Schließung eines Heidelberger Hotels mit angeschlossener Gaststätte, für die der BSV-Versicherer nicht zahlen wollte. In den Versicherungsbedingungen wurde zwar mehrfach auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) Bezug genommen, eine mögliche Entschädigung aber auf einen Katalog meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger begrenzt, in dem das Corona-Virus nicht aufgeführt ist. Aus Sicht des Versicherers bestand deshalb auch keine Leistungspflicht.

Verstoß gegen Transparenzgebot

Anders die Einschätzung des OLG Karlsruhe. Es verurteilte den Anbieter zur Zahlung von 60.000 Euro. Das Gericht bewertete die „Begrenzung des Versicherungsschutzes auf einen abschließenden Katalog von Krankheiten und Krankheitserregern, welcher hinter dem Umfang des Infektionsschutzgesetzes zurückbleibt“ als „nicht hinreichend klar und verständlich“ und damit als einen „Verstoß gegen das gesetzliche Transparenzgebot für Allgemeine Geschäftsbedingungen“.

Durch die in den Versicherungsbedingungen zunächst erfolgte wiederholte Bezugnahme auf das Infektionsschutzgesetz werde dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer der Eindruck vermittelt, dass jede Betriebsschließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vom Versicherungsschutz erfasst sei, heißt es in der Begründung.

Das OLG stellte außerdem klar, dass sich der Versicherungsschutz – anders als von dem Versicherer behauptet – nicht auf behördliche Einzelfallanordnungen für Infektionen im Betrieb beschränkt, sondern auch den von der Landesregierung beschlossenen „Lockdown“ umfasse. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls wurde eine Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Pandemie-Fall nicht versichert

Ganz anders fiel das Urteil in einem zweiten, ähnlich gelagerten Fall aus, den das Gericht zu verhandeln hatte (Aktenzeichen 12 U 11/21). Hier ging der Inhaber eines Hotels in Hessen leer aus. Auch er hatte seinen Betrieb wegen der Pandemie schließen müssen und für den Ausfall Zahlungen aus seiner BSV eingefordert. Im Gegensatz zu dem Heidelberger Gastronomen kam das OLG aber zu der Auffassung, dass nach den hier vorliegenden Versicherungsbedingungen „kein Versicherungsschutz für eine Betriebsschließung in Folge der Corona-Pandemie besteht.“

Die Versicherungsbedingungen, so das Gericht, erwähnten das Infektionsschutzgesetz an keiner Stelle und enthielten die ausdrückliche und mit einer hervorgehobenen Überschrift versehene Regelung, dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne des Vertrags „nur“ die in einem nachfolgenden Katalog aufgezählten seien, wobei weder die Krankheit Covid-19 noch der Krankheitserreger Sars-Cov-2 in dem Katalog enthalten seien. Die Anforderungen des Transparenzgebotes seien damit erfüllt. Eine Revision ließ das OLG in diesem Fall nicht zu.

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Achim Nixdorf

Achim Nixdorf ist seit April 2019 Content- und Projekt-Manager bei Pfefferminzia. Davor arbeitete er als Tageszeitungs- und Zeitschriftenredakteur mit dem Fokus auf Verbraucher- und Ratgeberthemen.

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