Ulrich Leitermann, aktuell noch Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna: „Die KI sorgt dafür, dass Aufgaben erledigt werden, für die Fachkräfte fehlen.“ © Signal Iduna
  • Von Barbara Bocks
  • 03.06.2025 um 16:10
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KI in der Praxis, eine strategische Partnerschaft mit Google Cloud und ein Abschied nach über zehn Jahren an der Spitze – bei der Signal Iduna tut sich einiges. Der scheidende Vorstandschef Ulrich Leitermann spricht über Chancen und Grenzen von Künstlicher Intelligenz im Versicherungsalltag, warum er Fusionen kritisch sieht und wie sich das Geschäft 2024 entwickelt hat.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist für die Signal Iduna ein zentrales Zukunftsthema – ebenso wie für die globale Wirtschaft. Und Ulrich Leitermann, noch amtierender Vorstandsvorsitzender, sieht den Versicherer in einer Vorreiterrolle in der Versicherungsbranche. Sein Ziel: die KI entlang der gesamten Wertschöpfungskette einzusetzen – vom Kundenservice bis zur Antragsbearbeitung.

Strategische Partnerschaft mit Google Cloud

Um die eigenen digitalen Ziele zu erreichen, ist Signal Iduna eine strategische Partnerschaft mit Google Cloud eingegangen. Der Grund: Generative KI ist eng mit Cloud-Technologien verknüpft – ein Bereich, in dem Google führend ist.

Trotz geopolitischer Unsicherheiten und der angespannten politischen Lage mit den USA sieht IT-Vorstand Stefan Lemke keine Risiken für die Zusammenarbeit. Zwar denke man über Alternativen nach, es gebe jedoch keine konkreten Pläne für einen Wechsel.

In Gesprächen mit Google werde immer wieder deutlich, wie wichtig der deutsche Versicherungsmarkt für das US-Unternehmen ist. Um die Qualität der Dienstleistungen im Versicherungswesen zu verbessern, will Leitermann verstärkt auf KI setzen – mit dem Ziel, einen Standard zu erreichen, wie ihn etwa Amazon im E-Commerce setzt.

Aktuell betreibt die Signal Iduna zwei KI-gestützte Anwendungen:

  • Eine unterstützt Mitarbeiter bei allgemeinen Anfragen und wird laut Leitermann bereits mehrere Hundert Male täglich genutzt.

  • Ein zweiter KI-Assistent kommt in der Krankenversicherung zum Einsatz, um die Mitarbeitenden im Kundenservice zu unterstützen.

Keine Angst vor Jobverlust durch KI

Das oft geäußerte Argument, KI gefährde Arbeitsplätze, weist der Signa-Iduna-Chef übrigens entschieden zurück. Vielmehr übernehme die Technologie Aufgaben, für die es ohnehin an Fachkräften mangele. Jährlich müsse Signal Iduna rund 250 Stellen neu besetzen, ohne dort Mitarbeitern gekündigt zu haben. In den kommenden fünf Jahren seien außerdem in Bereichen, in denen die Signal Iduna KI einsetzt, keine Entlassungen vorgesehen.

Gleichzeitig betont er die hohen Kosten und den großen Aufwand, die der Einsatz von KI im Versicherungssektor verursacht – insbesondere wegen branchenspezifischer Fachbegriffe, auf die die KI erst trainiert werden muss.

Versicherungsmarkt: Technische Kooperation statt Fusionen

Und Leitermann ging auf eine weitere Entwicklung ein: Fusionen. Denn was aus seiner Sicht sehr aufwendig ist, sind Zusammenschlüsse unter Versicherern. Daher erwartet er auf dem deutschen Versicherungsmarkt keine Welle von Fusionen. Sie seien zu ressourcenintensiv und würden Unternehmen für zwei bis drei Jahre lähmen – eine Zeit, in der sie wichtige Investitionen in neuere IT-Systeme, die teils noch aus den siebziger Jahren stammen, und Digitalisierung vernachlässigen müssten.

>>>Welche Versicherer sich in den vergangenen Jahren zusammengeschlossen haben, lesen Sie hier.

Stattdessen plädiert er für technische Kooperationen zwischen Versicherern, um gemeinsam neue, fortschrittliche Produkte zu entwickeln und Synergien bei Digitalisierung und KI zu schaffen.

Bestes Vertriebsergebnis der Unternehmensgeschichte

Generell hatte die Signal Iduna ein gutes Jahr. Mit einem Rekordergebnis im Vertrieb verabschiedet sich Ulrich Leitermann als Chef bei seiner letzten Pressekonferenz: Im Jahr 2024 erzielte der Konzern 393 Millionen Euro an Neugeschäft, ein ordentliches Plus gegenüber 365 Millionen Euro im Jahr 2023.

Das Gesamtergebnis brach jedoch ein. Es lag 2024 bei 553,7 Millionen Euro und damit rund 33 Prozent unter dem Vorjahreswert von 823,6 Millionen Euro. Hauptgründe waren höhere Schadenaufwendungen in der privaten Krankenversicherung. Hier zahlte die Signal Iduna 3,1 Milliarden Euro an Versicherte aus. Insgesamt stieg der Schadenaufwand um 11,1 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro (Vorjahr: 5,7 Milliarden Euro).

Abschied von Ulrich Leitermann nach über 25 Jahren

Diese Pressekonferenz war die letzte unter der Leitung von Ulrich Leitermann. Er trat 1997 als Finanzvorstand in das Unternehmen ein und übernahm 2013 den Vorstandsvorsitz. Mit seinem baldigen Übergang in den Ruhestand geht eine 28-jährige Ära bei Signal Iduna zu Ende.

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Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

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