- Von Andreas Harms
- 16.06.2025 um 15:33
Die Welle der Babyboomer in Richtung Rente ist nicht nur hoch, sie kommt auch früh. Denn bis 2023 gingen schon 4,5 von 19,5 Millionen Babyboomern in Rente. 900.000 von ihnen hatten das gesetzliche Renteneintrittsalter noch nicht erreicht, gingen also vorzeitig in Rente. Das meldet das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) und bezieht sich auf Zahlen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).
Als geburtenstarke Babyboomer-Jahrgänge zählt das IW jene von 1954 bis 1969. Den Höhepunkt hatte die Geburtswelle 1964 mit 1,37 Millionen Babys erreicht. Diese Menschen erreichen 2031 das reguläre Renteneintrittsalter von 67 Jahren.
Aber warum gingen 900.000 Menschen vorzeitig in Rente? Das liegt an zwei Möglichkeiten: Einerseits darf man bei einer Versicherungszeit von 35 Jahren ab dem 63. Geburtstag mit Abschlägen die gesetzliche Altersrente beziehen. Andererseits darf man zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze sogar abschlagsfrei in Rente gehen, wenn eine Versicherungszeit von 45 Jahren erreicht ist.

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Der allgemeine Drang in Richtung Rente ist durchaus vorhanden, wie weitere Zahlen zeigen: Aus den Geburtsjahrgängen, die ihre Regelaltersgrenze bis 2023 erreicht hatten – also 1954 bis 1957 –, gingen 1,8 Millionen Menschen vorzeitig in Rente. Das ist jeweils fast die Hälfte (44 Prozent) des Babyboomer-Jahrgangs.
Wenn das so weitergeht, so das IW weiter, beziehen ab 2025 jedes Jahr mindestens eine Million Babyboomer vorzeitig ihre gesetzliche Altersrente.
Der Effekt ist klar: Jeder Renteneintritt sorgt dafür, dass ein Mensch weniger seine Beiträge zahlt und ein Mensch mehr seine Rente bekommt. Für das ohnehin schon finanziell angespannte Rentensystem wird es jedes Mal noch schwerer.
In Zahlen: Bis zum Jahr 2036 haben alle Babyboomer rechnerisch die Regelaltersgrenze von 67 Jahren erreicht. Dann ist die Welle durchgeschwappt. Bis dahin wird die Babyboomer-Generation laut IW-Bevölkerungsprognose etwa 16,5 Millionen Personen umfassen.
Um die Folgen abzumildern, fordert man beim IW, dass der vorzeitige Rentenbezug verschwindet. Die Menschen sollen möglichst lange arbeiten.
Doch das beobachten die IW-Leute überhaupt nicht. Stattdessen bemerken sie speziellen Effekt, weil die frühere Regierung es erleichtert hat, im Rentenalter parallel noch zu arbeiten. Denn sie beseitigte Anfang 2023 die sogenannte Hinzuverdienstgrenze. Langjährig Versicherte dürfen also arbeiten und Geld verdienen, ohne dass die Rente damit verrechnet wird.
Offenbar nutzen die Deutschen das zunehmend. Beim IW verzeichnet man einen deutlichen Anstieg solchen Parallelbezugs von Rente und Gehalt, seit die Hinzuverdienstgrenze wegfiel. Aus dem Jahrgang 1959 beispielsweise arbeitet inzwischen jeder fünfte langjährig Versicherte noch neben der Rente. Zugleich steigt aber der Anteil derjenigen, die mit Abschlag vorzeitig in Rente gehen.
Das liefert also offenbar nicht die gewünschten Effekte. Und beim IW glaubt man auch nicht, dass die im Koalitionsvertrag geplante Aktivrente (bis zu 2.000 Euro Hinzuverdienst steuerfrei) das ändert. Weshalb man stattdessen fordert: Die Abschläge für vorzeitigen Rentenbezug sollten erhöht werden (also die Renten senken). Und die abschlagsfreie Frührente für besonders langjährig Versicherte sollte man gleich ganz abschaffen.

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