Immerhin setzen laut Policen Direkt mittlerweile über 95 Prozent der deutschen Versicherungsgesellschaften mit ihren Standmitteilungen die gesetzlichen Vorgaben von 2018 um und liefern die vorgeschriebenen Informationen. Aber sind diese auch verständlich aufbereitet? © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner
  • Von Lorenz Klein
  • 15.03.2022 um 14:45
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Die Standmitteilungen der deutschen Lebensversicherer sind verständlicher geworden, doch insbesondere die Höhe der Bewertungsreserven in klassischen Verträgen gibt oft noch Rätsel auf. Zu diesem Fazit kommt eine aktuelle Untersuchung des Policenkäufers Policen Direkt. Welche Versicherer mit ihren Kunden Klartext sprechen – und welche nicht.

Die Corona-Pandemie und ihre Folgen bereiten vielen Menschen auch weiterhin finanzielle Sorgen – hinzu kommt die wirtschaftliche Unsicherheit infolge des Krieges in der Ukraine. Wer sich deshalb einen Überblick verschaffen möchte, wie viel Guthaben eigentlich in der eigenen klassischen Lebensversicherung schlummert, muss jedoch erstmal die Standmitteilung seines Anbieters durchsteigen.

Wie verständlich die jährlich verschickten Briefe der Versicherer sind, hat der Policenkäufer Policen Direkt zum nunmehr vierten Mal untersucht. Aus der Studie geht auch hervor, welche Versicherer die gesetzliche Informationspflicht besonders transparent erfüllen – und ihren Kunden darüber hinaus wichtige Informationen mitteilen (hier geht es zur Tabelle).

Die gute Nachricht der Studienautoren lautet, dass die Gesellschaften inzwischen „fast überall eindeutig die gesetzlichen Vorgaben“ erfüllen und einige ihre Mitteilungen im vergangenen Jahr sogar grundlegend überarbeitet haben, um ihren Kunden mehr und verständlichere Informationen über ihre Verträge zu liefern. 

Und doch gibt es aus Sicht der Autoren noch einiges zu kritisieren. Denn trotz zahlreicher Informationen seien wichtige Werte nach wie vor nicht leicht zu berechnen oder nicht nachvollziehbar dargestellt. „So bleibt bei mehreren Versicherern der Nutzwert der Standmitteilungen eingeschränkt, da zum Beispiel die garantierten Ablaufleistungen oder die Höhe der kompletten Bewertungsreserven nicht direkt ersichtlich sind“, wie Policen Direkt am Dienstag mitteilte.

Wenn die Werte drin stehen, sind sie nicht automatisch verständlich

Immerhin setzen danach mittlerweile über 95 Prozent der deutschen Versicherungsgesellschaften mit ihren Standmitteilungen die gesetzlichen Vorgaben von 2018 um und liefern die vorgeschriebenen Informationen. Nach der Neufassung des Paragrafen 155 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) im Juli 2018 gebe es im Jahr 2022 nur noch sehr wenige Gesellschaften, die ihren Klassik-Bestandskunden keine überarbeitete Kunden-Information zusenden, heißt es.

„Erneut haben weitere Versicherer die Informationen in ihren jährlichen Mitteilungen erweitert. Der Umfang der Dokumente ist inzwischen überwiegend völlig ausreichend“, sagt Henning Kühl, Leitender Aktuar von Policen Direkt – und fügt kritisch hinzu, dass die erforderlichen Werte nicht nur vorhanden sein sollten, sondern auch transparent und verständlich aufbereitet gehörten. „So reicht es bei den Rückkaufswerten nicht aus, nur die Höhe der Überschüsse zu nennen. Um die Vertragsentwicklung nachvollziehen zu können, werden oft noch weitere Angaben benötigt“, so Kühl.

Gerade bei der Höhe der Bewertungsreserven, den Überschüssen von im Vertrag enthaltenen Zusatzversicherungen oder bei Rentenpolicen mit Anwartschaften liege die Darstellung weiter im Ermessen des Versicherers und ist aus Sicht der Analysten „oft weder ausreichend vollständig transparent noch verständlich genug erklärt. Dabei haben diese Komponenten einen großen Einfluss auf den Auszahlungswert“.

Diesen Wert zu kennen sei wichtig, denn nur wer wisse, „was sein Vertrag heute wert ist, was er jetzt und später damit sicher erzielen kann, und die ihm zur Verfügung stehenden Alternativen kennt, kann eine bewusste Entscheidung über seine Lebensversicherung treffen“, betont der Versicherungsmathematiker Kühl. So informierten gute Standmitteilungen heutzutage auch darüber, wie die Leistungen bei Ablauf, bei Tod und bei den Zusatzversicherungen nach einer Beitragsfreistellung aussehen.

Die Ergebnisse in der Übersicht:
  • 70 von 74 (2020: 66 von 74) untersuchte Unternehmen erfüllen die seit 2018 geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen für alle untersuchten Verträge vollständig.
  • 56 (39) erfüllen dazu sämtliche Bafin-Anforderungen zu den Bewertungsreserven.
  • 20 (17) Lebensversicherer teilen ihren Kunden diese gesetzlichen Pflichtangaben und sämtliche weitere für die Transparenz notwendigen Angaben mit.
  • 14 (10) Versicherer informieren zur Nachhaltigkeit bei den Kapitalanlagen.

Zugleich bedeuten mehr Informationen nicht automatisch auch bessere Informationen. „Die Überschussmitteilungen dürfen auch nicht mit Informationen überladen werden“, sagt Kühl. Der Aktuar empfiehlt, dass die Werte verständlich und vollständig dargestellt werden sollten, am besten jeweils tabellarisch. „Je mehr Informationen ein Dokument enthält, desto schwieriger ist es oft, diese zu verstehen. Jeder Kunde sollte nicht nur direkt erkennen können, wie hoch der erreichte Überschuss seines Vertrages aktuell ist, sondern auch wie hoch der erreichte Überschuss zum Ablauftermin ist, unabhängig von einer zukünftigen Beitragszahlung“, lautet der Rat des Versicherungsmathematikers.   

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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