Andreas J. Reinhold ist Bereichsleiter Sach/Haftpflicht Produktmanagement und Underwriting beim Versicherer Signal Iduna. © Signal Iduna
  • Von Lorenz Klein
  • 10.01.2018 um 12:06
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Versicherungssummen, die viel zu gering sind, weil der letzte Vor-Ort-Besuch durch den Betreuer schon zu lange her ist: Die Absicherung von Handwerksbetrieben bietet Vermittlern vielerlei Herausforderungen – zumal ein Dachdecker eine andere Absicherung benötigt als ein Bäcker, ein Fleischer oder ein Elektroinstallateur, wie Andreas J. Reinhold, Produktmanager beim Versicherer Signal Iduna, im Interview erklärt.

Pfefferminzia: Wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne: Handwerksbetriebe müssen viele Risikoquellen im Blick behalten. Denn kommt es zu Personen-, Sach- oder Eigenschäden kann dies bei fehlendem oder unzureichendem Versicherungsschutz im schlimmsten Fall die Existenz kosten. Welche Policen gehören in den Baukasten des Vermittlers, wenn sie im Handwerk erfolgreich agieren wollen?

Andreas J. Reinhold: Fast alle Betriebe haben heutzutage eine Haftpflichtversicherung zur Abdeckung von Personen-, Sach- und Vermögensschäden. Unterschätzt wird hierbei häufig das Produkthaftpflicht-Risiko, das viele Versicherte noch nicht ausreichend abgedeckt haben und das gerade für Handwerker zunehmend Bedeutung gewinnt.

Auch die Sachwerte und ein möglicher Ertragsausfall sichert die Mehrzahl aller Betriebe gegen alle relevanten Risiken ab. Neben den klassischen Gefahren wie Feuer, Einbruchdiebstahl und Leitungswasser hängt die richtige Absicherung vom jeweiligen Betrieb ab, zum Beispiel für das Lebensmittelhandwerk die Betriebsschließungsversicherung. Häufig arbeiten Handwerker in ihren eigenen Räumlichkeiten. Dann ist die Gebäudeversicherung unverzichtbar.

Sollten Handwerksbetriebe diese Risiken einzeln absichern oder im Paket?  

Bei kleineren Betrieben gibt es für alle diese Risiken einfache Rundum-Absicherungen wie zum Beispiel die Meister Police Pro (MPP) der Signal Iduna, die gemeinsam mit Vertretern der Fachverbände entwickelt und für gut befunden wurde. Bei größeren Betrieben sind flexible Lösungen erforderlich, die sich an die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Betriebes anpassen lassen. Hier können über Haftpflicht und Sachwerte hinausgehend weitere Risiken abgedeckt werden – beispielsweise Transport- und Maschinenrisiken bis hin zu solchen, die sich aus dem Betrieb von Drohnen ergeben. Ein mögliches Beispiel ist die Betriebs Police Select (BPS) der Signal Iduna, bei der der Kunde nur das bezahlt was er tatsächlich benötigt.

Die Signal Iduna ist im Handwerk traditionell gut vernetzt. Was unternehmen Sie, um diese Verbundenheit auch in Zukunft wahren zu können?

„Gut vernetzt“ ist untertrieben. Die Signal Iduna ging vor 111 Jahren aus einem Zusammenschluss von Handwerkern sowie Handel- und Gewerbetreibenden hervor. Die Vernetzung erfolgt noch heute auf mehreren Ebenen: Einerseits bestimmen bis zum heutigen Tag Handwerksvertreter die Geschicke und die Strategie der Signal Iduna, und zwar durch den Aufsichtsrat und die Mitgliederversammlung. Andererseits stehen wir in ständigem intensivem Austausch mit den Vertretern des Handwerks aus verschiedenen Institutionen und bekommen so einen freien Blick auf die Bedürfnisse in den jeweiligen Berufen. Denn ein Dachdecker benötigt nun einmal in vielen Punkten eine andere Absicherung als ein Bäcker, ein Fleischer oder ein Elektroinstallateur.

Wo sehen Sie noch Wachstumschancen im Geschäft mit Handwerksbetrieben?

Wir stellen fest, dass gerade bei immer mehr Vermittlern unsere Expertise und traditionelle Verbundenheit mit dem Handwerk zunehmend auf Interesse stößt. In Zeiten der Insurance Distribution Directive (IDD) ist es wichtiger als je zuvor, im Schadenfall sowie bezüglich Beratung und Produkte einen Partner an seiner Seite zu haben, der intensiv mit dem Handwerk verbunden ist. Dies schafft Haftungssicherheit und hinterlässt einen guten Eindruck beim Kunden oder Interessenten.

Welche Gesprächsanlässe bieten sich für Vermittler, wenn sie auf Handwerksbetriebe zugehen wollen?

Oft ergibt sich ein Gespräch dadurch, dass viele Handwerksbetriebe heute unterversichert sind. Dies betrifft einerseits die Versicherungssummen, die häufig viel zu gering sind, weil der letzte „Vor-Ort-Besuch“ durch den Betreuer schon zu lange her ist. Andererseits betrifft dies die Neuwertdeckung nach der „Goldenen Regel“. Das heißt, dass Sachwerte im Betrieb, die sich in ständigem Gebrauch befinden, zum Neuwert ersetzt werden und nicht zum Zeitwert, der vielleicht in der Bilanz steht. Das ist existenziell, denn im Schadenfall ist in der Regel ja auch die Anschaffung neuer Geräte erforderlich. Für viele Betriebe spielt die Versicherungsprämie eine wichtige, aber nicht die wichtigste Rolle – wenn sie sicher sind, dass ihre existenziellen Risiken richtig erfasst und professionell abgesichert sind.

Die Absicherung gegen Cyber-Attacken ist ein vergleichsweise junger Markt. Müssen sich Handwerker mit diesen Risiken überhaupt befassen?

Die Absicherung gegen Cyber-Risiken gewinnt derzeit zunehmend Bedeutung. Während früher fast nur Großbetriebe sich mit diesem Thema beschäftigt haben, gibt es mittlerweile bezahlbare Lösungen auch für Handwerksbetriebe. Wir kennen Fälle, in denen auch kleine Betriebe Opfer von Botnet-Attacken und Krypto-Trojanern wurden und teilweise wochenlanger Stillstand drohte. Gerade in derartigen Situationen ist die konkrete Unterstützung vor Ort sowie die Prävention noch wichtiger als in den klassischen Versicherungssparten.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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