Gerhard Schick (li.), Mit-Initiator der Bürgerbewegung Finanzwende, und Axel Klein, Chef des Bundes der Versicherten. © picture alliance / Flashpic | Jens Krick / Screenshot
  • Von Karen Schmidt
  • 09.02.2022 um 14:23
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Einmal ordentlich in Richtung Versicherungsbranche stänkern – so könnte man ein Gespräch der Verbraucherschützer Axel Kleinlein und Gerhard Schick mit dem „Manager Magazin“ wohl getrost zusammenfassen. Laut Kleinlein und Schick machen die Versicherer so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann – egal ob Riester, Verrentung, Förderung der Aktienkultur oder Vertragstreue gegenüber den Kunden. Aber lesen Sie am besten selbst.

Dass die Ampel-Koalition eine Reform der Riester-Rente und der privaten Altersvorsorge im Allgemeinen prüfen möchte, kommt bei den Verbraucherschützern Axel Kleinlein, Bund der Versicherten, und Gerhard Schick, Bürgerbewegung Finanzwende, nicht sonderlich gut an. „Die Riester-Rente ist nicht reformierbar. Alle Versuche sind gescheitert, die vielfach hohen Kosten blieben“, erklärt Schick in einem Interview mit ihm und Kleinlein im „Manager Magazin“. Es müsse doch möglich sein, mal einen Schlussstrich unter Riester zu ziehen, fordert er. Auch Kleinlein schlägt in diese Kerbe: „Die Fehler sind seit zehn Jahren ausgiebig analysiert und diskutiert: Zu hohe Kosten, ein überflüssiger Verrentungszwang und intransparente Verträge. Davon müssen wir weg.“

Stattdessen solle der Staat für ein günstiges Altersvorsorgeprodukt sorgen, finden die beiden. Schick: „Entscheidend für die Altersvorsorge ist, was für die Rentner am Ende da ist, und das hängt auch davon ab, wer dazwischen alles die Hand aufhält.“ Die Regierung solle das neue Standardprodukt also vor allem kostengünstig anlegen, es aber „nicht unbedingt“ selbst managen und sie dürfe keinen Zugriff auf das Geld bekommen, so Schick weiter.

Kleinlein bringt an dieser Stelle einen Seitenhieb in Richtung Versicherer an: „Rechnen Sie mal nach, was heute 20-Jährige von den Angeboten der Lebensversicherer erwarten dürfen. 2 Prozent sind da keinesfalls drin“, schimpft er. Die junge Generation habe bei einer Riester- oder Rürup-Rente „kaum eine Chance“, am Ende das herauszubekommen an Rente, was sie in den Vertrag steckten. Und das liege an der Verrentung, die die privaten Anbieter „nicht im Griff haben“, so Kleinlein. „Deshalb rechnen sie mit absurd hohen Lebenserwartungen die Renten klein“, schiebt er nach.

Die beiden Verbraucherschützer sprechen sich eher für ein Rentenmodell à la Schweden aus, in dem verpflichtend 2,5 Prozentpunkte des Rentenbeitrags in einen staatlich organisierten Aktienfonds wandern. Gerade diese stärkere Ausrichtung auf Aktien und die geringen Kosten seien „vorbildlich“ sagt Schick. Ein Schweden hätte nur durch die niedrigeren Kosten einen fünfstelligen Betrag mehr auf dem Rentenkonto als ein durchschnittlicher Riester-Sparer in Deutschland, meint er. Nun sei man in Schweden in Sachen Aktienkultur aber auch deutlich weiter, stellen die beiden fest.

Normalfall Versichererwechsel vor Rentenbeginn?

„Die Deutschen haben noch zu viel diffuse Angst vor Wertpapieren und Kapitalmärkten“, merkt Kleinlein an. „Diese Angst wurde nicht zuletzt auch lange Zeit von der Versicherungsindustrie geschürt“, kritisiert er die Branche erneut. Und er legt noch nach und entgegnet Manager-Magazin-Redakteur Lutz Reiche auf die Frage nach dem Risiko von Aktieninvestments: „Auch Versicherungen sind nicht sicher.“ Jedes Investment in einen Versicherungsvertrag sei „hochgradig riskant“, weil die Verträge „so unflexibel“ seien und „viele Menschen keine Ahnung haben, wer auf Dauer ihr Versicherungspartner sein wird“.

Denn „der Normalfall“ sei es mittlerweile, „dass Sie die Rente von einem anderen Unternehmen ausgezahlt bekommen werden als jenes, bei dem Sie ursprünglich den Vertrag unterschrieben haben“. Denn Vertragstreue nähmen die Versicherer nicht mehr ernst. Sondern sie verkauften die Kunden etwa an Abwicklungsplattformen, die dann nur eines wollten nämlich, „Geld aus den Verträgen“ zu pressen.

Als Schlusspunkt plädiert Kleinlein dann noch dafür, dass die Lebensversicherer bei einer Aktienrente außen vor bleiben sollten. „Wir brauchen endlich Altersvorsorge ohne die Versicherungsindustrie“, so sein Plädoyer.

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Karen

Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

kommentare
Achim Hülsbruch
Vor 2 Jahren

Was soll man zu diesen beiden Protagonisten noch sagen? Das Riester ein Kostenproblem hat, ist seit langem bekannt. Aber der Staat, nach dem die beiden hier auch wieder rufen, ist an den hohen Kosten nicht unschuldig. Das Verwaltungsregime, welches bei Riester vorgeschrieben ist, kostet nun mal. Und jetzt soll es ein vom Staat gemanagter Fonds richten. Klappt ja bei der GRV auch ganz prima, wenn sich Politiker um die Rente der Arbeitnehmer kümmern.
Zu Herrn Schick habe ich eine nette Anekdote beizutragen: Er ist ja auch einer derjenigen, die ganz massiv gegen die Vergütungsmodelle agitieren. Ich habe ihm vor einiger Zeit mal angeboten, ein paar Tage in meinem Betrieb zu hospitieren, damit er mal einen Einblick in die Arbeit von seriösen Versicherungsmaklern bekommt. Für Menschen wie Herrn Schick ist es aber nicht hilfreich, wenn die Wirklichkeit auf ihre ideologisch festgelegte Wahrnehmung trifft. Er hat das Angebot deshalb nicht angenommen.
Es ist kaum noch erträglich, dass solche Leute ständig aus dem dunklen Wald der Ahnungslosigkeit auf die Lichtung treten und ihre Ideen in die Welt posaunen. Dass in der Altersvorsorge nicht alles toll läuft, ist ein Fakt. Viele Gesellschaften haben erheblich Probleme, die sie leider auch zu Lasten der Versicherten versuchen zu lösen. Das zu kritisieren ist vollkommen in Ordnung. Aber z.B. der Versicherungswirtschaft die Verantwortung für sinkende Zinsen zuzuschieben ist einfach nur unanständig und geht an der Wirklichkeit vorbei.

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Achim Hülsbruch
Vor 2 Jahren

Was soll man zu diesen beiden Protagonisten noch sagen? Das Riester ein Kostenproblem hat, ist seit langem bekannt. Aber der Staat, nach dem die beiden hier auch wieder rufen, ist an den hohen Kosten nicht unschuldig. Das Verwaltungsregime, welches bei Riester vorgeschrieben ist, kostet nun mal. Und jetzt soll es ein vom Staat gemanagter Fonds richten. Klappt ja bei der GRV auch ganz prima, wenn sich Politiker um die Rente der Arbeitnehmer kümmern.
Zu Herrn Schick habe ich eine nette Anekdote beizutragen: Er ist ja auch einer derjenigen, die ganz massiv gegen die Vergütungsmodelle agitieren. Ich habe ihm vor einiger Zeit mal angeboten, ein paar Tage in meinem Betrieb zu hospitieren, damit er mal einen Einblick in die Arbeit von seriösen Versicherungsmaklern bekommt. Für Menschen wie Herrn Schick ist es aber nicht hilfreich, wenn die Wirklichkeit auf ihre ideologisch festgelegte Wahrnehmung trifft. Er hat das Angebot deshalb nicht angenommen.
Es ist kaum noch erträglich, dass solche Leute ständig aus dem dunklen Wald der Ahnungslosigkeit auf die Lichtung treten und ihre Ideen in die Welt posaunen. Dass in der Altersvorsorge nicht alles toll läuft, ist ein Fakt. Viele Gesellschaften haben erheblich Probleme, die sie leider auch zu Lasten der Versicherten versuchen zu lösen. Das zu kritisieren ist vollkommen in Ordnung. Aber z.B. der Versicherungswirtschaft die Verantwortung für sinkende Zinsen zuzuschieben ist einfach nur unanständig und geht an der Wirklichkeit vorbei.

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