Jens Reichow ist Partner der auf Vermittlerrecht spezialisierten Kanzlei Jöhnke & Reichow. © Kanzlei Jöhnke & Reichow
  • Von Jens Reichow
  • 20.09.2019 um 10:03
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:15 Min

Ein Makler kündigt die Unfallversicherung einer Kundin und deckt das Risiko nicht neu ein. Die Frau verlangt daraufhin nach zwei Unfällen Schadensersatz von ihm. Die Richter des Landgerichts Memmingen stellen sich auf die Seite des Maklers. Warum, erklärt Rechtsanwalt Jens Reichow in seinen Gastbeitrag.

Was war geschehen?

Eine Frau hatte schon vor der Zusammenarbeit mit einem Makler eine Unfallversicherung abgeschlossen. Die Bedingungen der Police sahen vor, dass ein Arzt die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall feststellen und die Versicherungsnehmerin das bei der Versicherung geltend machen muss, um Leistungen zu erhalten.

Im Rahmen der Betreuungsübernahme durch den Versicherungsmakler erteilte die Versicherungsnehmerin dem Makler eine umfassende Vollmacht. Er kündigte mehrere ihrer Versicherungen, auch die Unfallversicherung. Anders als in den anderen gekündigten Sparten erfolgte bei der Unfallversicherung jedoch keine Neueindeckung des Risikos bei einem anderen Versicherer.

Nach der Kündigung behauptete die Versicherungsnehmerin, sie habe infolge zweier Unfälle eine Invalidität erlitten. Sie ließ diese nicht ärztlich feststellen und machte diese nicht gegenüber dem ehemaligen Versicherer geltend. Sie verlangte Schadensersatz vom Versicherungsmakler mit der Begründung, dass dieser die Verträge ohne Rücksprache und ohne entsprechende Beauftragung gekündigt hatte. Konkret forderte sie vom Versicherungsmakler die hypothetische Invaliditätsleistung der ursprünglichen Unfallversicherung als Schadenssumme.

Das Urteil

Das Landgericht Memmingen sah eine Pflichtverletzung des Maklers nicht als erwiesen an (Aktenzeichen 5 O 1769/17). Denn für die Richter war nicht bewiesen, dass der Makler die Versicherungsverträge tatsächlich ohne Auftrag gekündigt hatte.

Zwar hatte der Ehemann der Kundin ausgesagt, dass sie keinen Auftrag zur Kündigung der Unfallversicherung erteilt habe. An der Glaubwürdigkeit der Aussage hatten die Richter allerdings Zweifel. Das Landgericht Memmingen sah vielmehr den vom Makler beschriebenen Sachverhalt als nachvollziehbar an. Er schilderte unter anderem, dass er bei über 7.000 zu betreuenden Kunden eine Versicherung nicht ohne vorherige Rücksprache kündigt. Das erschien dem Gericht angesichts der in solchen Fällen drohenden Schadensersatzansprüche zumindest nachvollziehbar, sodass erhebliche Zweifel an den Behauptungen der Versicherungsnehmerin beim Gericht verblieben.

autorAutor
Jens

Jens Reichow

Jens Reichow ist Partner und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der auf Versicherungs- und Vertriebsrecht spezialisierten Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut die Bereiche Bankrecht, Kapitalanlagerecht, Vertriebs- und Vermittlerrecht.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort