Eine Arzthelferin nimmt einer Patientin Blut ab. © Panthermedia
  • Von Redaktion
  • 08.05.2015 um 15:20
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Immer wieder umstritten bei Berufsunfähigkeitsversicherungen ist der Punkt der abstrakten Verweisung. Denn wer in seinem Beruf berufsunfähig wird, kann dann eben auf einen anderen Beruf verwiesen werden. Dabei gibt es aber Grenzen, wie ein aktuelles Urteil zeigt.

Was war geschehen?

Es ging bei dem Fall um eine Frau, die als Arzthelferin geringfügig beschäftigt war – jeweils fünf Stunden an zwei Arbeitstagen pro Woche. Dann entwickelte die Frau panische Angst davor, sich mit Hepatitis oder HIV anzustecken. Diese Panik wurde so schlimm, dass die Frau seit Ende 2006 zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig war und deshalb ihre Arbeitsstätte aufgegeben hatte. Die Frau hatte eine BU-Police abgeschlossen. Die Versicherung wollte die BU-Rente aber nicht zahlen. Sie verwies die Frau auf eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen oder Kliniken.

Das Urteil

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Das Landgericht Nürnberg hatte der Versicherung noch Recht gegeben. Als gelernte Arzthelferin könne sie eine derartige Tätigkeit ausüben. Die konkrete Arbeitsmarktlage sei bei Prüfung der Berufsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

Das OLG Nürnberg war aber anderer Meinung (Aktenzeichen 8 U 266/13). Zwar habe eine abstrakte Verweisung in den Versicherungsbedingungen zur Folge, dass der Versicherungsnehmer belegen muss, dass er nicht auf eine andere Tätigkeit, die er noch nicht ausübt, verwiesen werden darf. Auch schütze die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vor den Unwägbarkeiten des Arbeitsmarktes. Bei der Prüfung, ob ein Arbeitsmarkt für die Verweistätigkeit überhaupt besteht, müsse allerdings die Zumutbarkeit geprüft werden.

Das gilt insbesondere, was die Anfahrtszeit angeht, als auch der zeitliche Umfang der Tätigkeit und deren sozialversicherungsrechtliche Einordnung. Für den geographischen Aspekt gelte dabei die Regel: Ein Umzug in eine andere Stadt ist unzumutbar. Das Pendeln zwischen Arbeits- und Wohnort ist aber ok.

Das OLG fand die neue Fahrtstrecke der Klägerin von maximal 40 km ab ihrem Wohnort in Ordnung.  Nach der Beweisaufnahme habe sich aber ergeben, dass es in diesem Umkreis kein Arbeitsmarkt für eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen, Krankenhäusern und Kliniken in Form einer geringfügigen Beschäftigung gebe.

Die Frau hat deshalb Anspruch auf die im Versicherungsvertrag vereinbarte Rente. Sie bekommt nun eine vierteljährliche Leistung von 1.589 Euro.

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