Björn Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht, für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Informationstechnologierecht bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke und Reichow
  • Von Redaktion
  • 09.02.2022 um 11:45
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Das haut rein: Ein Versicherungsmakler muss für den Schaden eines Kunden in Höhe von 5 Millionen Euro haften. Er habe seine Beratungspflichten im Rahmen einer laufenden Betreuung nicht erfüllt, urteilten die Richter des Landgerichts Hamburg. Was war da los – und wie kann man solch einen Fall verhindern? Das berichtet Rechtsanwalt Björn Jöhnke in seinem Gastbeitrag.

Was war geschehen?

Die Klägerin betreibt seit 1990 ein Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO) und übernimmt Werk- und Objektsschutz. Im Rahmen ihrer Tätigkeit übernahm sie die Sicherung- und Überwachung von Flutschutztoren. Die Klägerin zeigte dem Makler am 10. November 2016 an, dass sie neue Überwachungsverträge annehmen wollte und benannte hierbei ausdrücklich den Tätigkeitsschwerpunkt im Flutschutz.

Für diesen Bereich gab es aber im aktuellen Versicherungskonzept der Betriebshaftpflichtversicherung einen Ausschluss. Dieser Ausschluss war dem beklagten Versicherungsmakler auch bekannt, denn es wurde bereits ein Wechsel zu einer anderen Betriebshaftpflichtversicherung angedacht, bei welcher ein solcher Ausschluss nicht bestand.

Am 27. Dezember 2016 kam wegen Hochwassers es zu erheblichen Schäden bei den Kunden der Klägerin. Der Risikoversicherer der Klägerin wies eine Deckung ab, weil Flutschäden nicht versichert waren. Dass diese Deckungsablehnung gerechtfertigt war, bestätigte sogar der Bundesgerichtshof. Zunächst hatte die Klägerin nämlich versucht, über die eigene Betriebshaftpflichtversicherung eine Deckung für die Schadenersatzansprüche in Höhe von rund 5 Millionen Euro zu erreichen. Aber das schlug fehl.

Also verklagte sie den Versicherungsmakler, weil dieser nach ihren Aussagen nicht ausreichend für Versicherungsschutz gesorgt habe. Der Makler wendete ein, dass aufgrund der Tätigkeit der Klägerin nicht automatisch das Risiko des Flutschutzes mitzuversichern wäre, dies sei lebensfremd und unwirtschaftlich. Zudem beruft sich der beklagte Makler hilfsweise auf eine Begrenzung der Haftung aufgrund folgender Klausel im Maklervertrag:

Paragraf 8 Haftung

(…)

2. Der Makler haftet für Vermögensschäden nach den gesetzlichen Bestimmungen, die Gesamtleistung für Vermögensschäden ist begrenzt auf einen Betrag von 2.500.000 Euro. [..] Die vorstehenden Haftungsbegrenzungen gelten nicht für die Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens[..].

Das Urteil

Das Landgericht (LG) Hamburg gab der Klägerin Recht und verurteilte den Versicherungsmakler am 9. September 2021 zur Schadensersatzzahlung in voller Höhe (Aktenzeichen 413 HKO 27/20).

Die rechtliche Bewertung: Schlechterfüllung der Maklerpflicht

Streitwesentlich war die Frage, ob der Makler seine Beratungspflicht gegenüber dem Kunden verletzt hat. Der Makler muss ihn mit einem an das Risiko angepassten Versicherungsschutz versorgen, von sich aus das Risiko fortlaufend untersuchen und ungefragt über Anpassungsbedarf unterrichten (vgl. BGH vom 22.05.1985, IVa ZR 190/83).

Das LG Hamburg musste also untersuchen, ob der Makler diese Pflicht verletzt hat, indem das Risiko „Flutschutz“ nicht versichert wurde. Das Versicherungsangebot des Versicherers enthielt jedoch die Möglichkeit, dieses Risiko zu versichern. Der Makler könnte also seine Verpflichtung zur hinreichenden Risikoanalyse verletzt haben. Die Klägerin unterhielt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits acht Überwachungsverträge und war somit erkennbar in diesem Bereich tätig.

Ob diese Pflicht verletzt wurde, war im Ergebnis nicht wichtig, denn der Beklagte hätte diese Deckungslücke spätestens am 10. November 2016 aufgrund der Anzeige der Aufnahme einer Überwachungstätigkeit im Flutschutz erkennen müssen. Den Makler trifft eine Überwachungspflicht, er muss dann tätig werden, wenn er über Veränderungen wie die Aufnahme neuer Risiken durch den Versicherungsnehmer in Kenntnis gesetzt wird.

Den Beweis, dass der Makler seiner Beratungspflicht nachgekommen ist, muss er dabei selbst erbringen. Der Makler konnte aber nicht beweisen, dass er keinen Anlass zur Beratung nach den erhaltenen Informationen über die Tätigkeit im Flutschutz gehabt hätte. Dem Makler muss die Möglichkeit zur Versicherung dieses Risikos in den Versicherungsbedingungen bekannt sein. Spätestens, nachdem er Kenntnis über den neuen Überwachungsvertrag erlangt hatte, war der Makler in der Pflicht, passenden Versicherungsschutz zu besorgen.

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