Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner und Gründer der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Hamburg. © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 13.11.2020 um 15:42
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Darf ein privater Krankenversicherer seine Kundin mit einer höheren Kostenerstattung belohnen, wenn die Frau im Gegenzug dazu bereit ist, sich bei einer bestimmten Arztpraxis aus dem Netzwerk des Versicherers behandeln zu lassen? Wie dieser Fall vor dem Oberlandesgericht Dresden ausging, erläutert der Hamburger Fachanwalt Björn Thorben M. Jöhnke in seinem Gastbeitrag.

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hatte sich mit einem privaten Krankenversicherer auseinandergesetzt, der über die Kostenübernahme eines Heil- und Kostenplans einer Patientin zu entscheiden hatte – und die Kostenübernahme mit einer Bonusgewährung verknüpfte.

Konkret ging es im vorliegenden Fall um die Frage, ob der Versicherer eine Patientin zu einem Wechsel bewegen durfte – nämlich zu einer Zahnarztpraxis, die mit dem Versicherer in einem Netzwerk verbunden war. Im Gegenzug stellt der Versicherer der Patientin eine Vergünstigung für die Behandlung in Aussicht (OLG Dresden v. 09.10.2020 – 14 U 807/20).

Der Sachverhalt vor dem OLG Dresden

Die Klägerin ist eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis mit Dentallabor. Die Beklagte ist eine private Krankenversicherung. Die Beklagte hatte einer Versicherungsnehmerin, die bei dem Versicherer einen Heil- und Kostenplan der Klägerin eingereicht hatte, ein Schreiben zukommen lassen, in dem der Versicherer einerseits eine tarifgemäße Regulierung der für die Behandlung anfallenden Kosten in Aussicht stellte – und die Versicherungsnehmerin auf ihr Recht zur freien Arzt- und Laborwahl hinwies.

Ebenfalls bot die Versicherung der Versicherungsnehmerin an, die Erstattung zahntechnischer Leistungen um 5 Prozent gegenüber dem bestehenden Tarif zu erhöhen, sofern die Versicherungsnehmerin ein vom Versicherer benanntes Dentallabor in Anspruch nimmt.

Die Klägerin nahm die beklagte private Krankenversicherung daraufhin wettbewerbsrechtlich in Anspruch und verlangte unter anderem eine Unterlassung dieser Handlungen. Das Landgericht (LG) Leipzig wies die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation ab, da zwischen den Parteien kein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe. Dier Klägerin begehrte so dann zweitinstanzliche Überprüfung im Rahmen der Berufung.

Die Rechtliche Wertung des OLG Dresden

Das OLG gab der Klage überwiegend statt, denn nach der Rechtsauffassung des Gerichts stelle es ein nach Paragraf 4 Nr. 4 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) unlauteres Abfangen von Parteien dar und berührt deren Recht auf freie Arztwahl, wenn ein Versicherer, der über die Kostenübernahme bei einem Heil- und Kostenplan entscheidet, seine Schlüsselposition dazu nutzt, den Patienten zu einem Wechsel zu den mit dem Versicherer in einem Netzwerk verbundenen Zahnärzten zu bewegen, indem er ihm eine Vergünstigung in Aussicht stellt.

Seite 2: Hinweis für die Praxis

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