Christian Nuschele © Rüdiger Glahs
  • Von Oliver Lepold
  • 14.12.2018 um 10:34
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Abkehr von der Garantie, Hinwendung zum Aktienmarkt – sind die Deutschen endlich bereit, etwas mehr zu wagen, wenn es um ihre langfristige Altersvorsorge geht? Christian Nuschele, Vertriebsdirektor Standard Life für Deutschland, zweifelt daran und weiß, wo das Problem liegt.

Pfefferminzia: Wie beurteilen Sie den Trend zur Altersvorsorge über die Anlage in Aktien?

Christian Nuschele: In der Altersvorsorge ist der Anteil der echten garantiefreien Fondspolicen über die vergangenen Jahre relativ stabil geblieben, 2017 sogar leicht zurückgegangen, daher kann ich einen solchen Trend nicht sehen. Allerdings sind viele hybride Modelle auf dem Markt, die augenscheinlich zumindest einen Teil der Geldanlage in Produktivkapital stecken. Dort gibt es in der Tat einen starken Trend. Aber Sicherheit ist den Deutschen weiterhin sehr wichtig.

Warum ändert sich das nicht?

Das liegt auch am Berater. Wir sehen häufig, dass der Drang der Kunden nach Sicherheit von Beratern als Wunsch nach einer Garantie interpretiert wird. Das ist aber nicht deckungsgleich. Es ist für einen Berater nur deutlich aufwändiger, einem Kunden ein Produktkonzept ohne Garantie mit anderen Sicherheitsmechanismen nahezubringen und sich damit wohlzufühlen. Die Deutschen sind in der Geldanlage einfach sehr risikoavers und das ändert sich nur sehr, sehr langsam.

Wie lässt sich das belegen?

Vergangenes Jahr wurden 160 bis 170 Milliarden Euro in Deutschland neu in Tagesgeld angelegt, für das es kaum Zinsen gibt. Ich sehe also keinen breiten Trend hin zu renditestärkeren Anlagen, aber sehr wohl, dass die Produkte der Neuen Klassik immer mehr genutzt werden. Denn diese Produkte vermitteln das Gefühl, dass da ein bisschen Aktie drin ist. Diese Produktgattung wird aktiv von Maklern nachgefragt und hat die größten Zuwächse, aber mit diesen Produkten werden viele Menschen ihre Ziele nicht erreichen.

Sie empfehlen daher den Beratern, ihr altgedientes Beratungsmodell zu verändern?

Es geht nicht mehr darum, ein Produkt zu verkaufen, sondern in die lebensbegleitende Finanzplanung einzusteigen. Da kommen Sie als Berater dann an den Punkt, an dem Sie genau wissen, wie viel Rendite benötigt wird, damit Ihr Kunde seine Ziele erreicht. Damit einher geht die Frage, wie viel Risiko der Kunde bereit ist, in Kauf zu nehmen und sich damit noch wohlzufühlen. Wenn Sie aus der Produktberatung kommen, führen Sie das Gespräch aber eben nicht in dieser Form.

Ist das bei der jungen Beratergeneration anders?

Dort findet definitiv ein Umdenken statt. MLP etwa macht einen hervorragenden Job in der Ausbildung junger Berater. Dort erhalten sie Tools, die ein umfassendes Beratungsmodell ermöglichen. Der Nachwuchs bedient sich wesentlich mehr der Technik, stellt Informationen ganz anders zusammen und hat einen viel höheren Anspruch an die Beratung. Verkauf mit Stift und Papier findet nicht mehr statt.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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