Wird der Gerichtshammer auch zum Kostenhammer? Es kommt drauf an © Okan Caliskan / Pixabay
  • Von Andreas Harms
  • 05.12.2022 um 11:52
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Der Versicherungsverband GDV hat sich umgehört, was die Menschen hierzulande von Rechtsstreitereien, Anwälten und Verfahrenskosten halten. Die Antworten dürften eine Steilvorlage für alle Rechtsschutzversicherer bieten.

Zu lang, zu teuer, zu unmodern – die Deutschen zeigen sich nicht sonderlich begeistert vom landeseigenen Rechtssystem. Das legt zumindest eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nahe. Dabei kamen 2.074 Menschen über 18 Jahren zu Wort.

Die ließen dabei auch durchblicken, was sie von einer guten Rechtsschutzversicherung erwarten:

  • 86 Prozent wünschen schnellen und einfachen Zugang zur Rechtsberatung
  • 82 Prozent möchten spezialisierte Anwälte vor Ort empfohlen bekommen
  • 80 Prozent können sich vorstellen, dass der Versicherer sie direkt rechtlich berät und außergerichtlich vertritt

Weshalb GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen eine Botschaft nach Berlin hat: „Eine direkte Rechtsberatung durch Versicherer ist in Deutschland bislang verboten. Im Interesse unserer Kunden fordern wir eine entsprechende Anpassung des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Der Blick ins benachbarte Ausland, etwa in die Niederlande oder die Schweiz, zeigt, dass dies den Zugang zum Recht erleichtern kann.“

Übrigens ist die persönliche individuelle Beratung bei Rechtsproblemen älteren Menschen wichtiger als jüngeren (18-24-jährige: 68 Prozent, 55-jährige und älter: 89 Prozent). Auch der Wunsch, das bestmögliche wirtschaftliche Ergebnis zu erzielen, selbst wenn’s dann mal etwas länger dauert, ist bei älteren stärker ausgeprägt. Erste Anlaufstelle bei einem rechtlichen Streit ist bei über drei Viertel der Befragten entweder der Konfliktgegner selbst, oder sie recherchieren erst einmal im Internet, wie man das Problem lösen kann. Freunde oder Bekannte, aber auch Anwälte sind somit nicht die erste Wahl (55 Prozent). Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, wendet sich mit seinem Problem oft gleich an diese (82 Prozent).

Rückständige Technik

Allerdings könnte alles gerne ein bisschen moderner werden. Die Arbeit von Anwälten und Gerichten schätzt die Mehrheit zwar als kompetent und gerecht ein. Aber weniger als die Hälfte meint, dass sie bürgernah, modern und digital genug ist.

Auch bei der ersten Kontaktaufnahme bei einem rechtlichen Problem wünschen sich Verbraucher mehr Digitaltechnik. Erste Wahl ist zwar noch der Kontakt von Angesicht zu Angesicht, zweite Wahl ist jedoch bereits der digitale Weg. Der klassische Griff zum Telefon ist nur noch die drittliebste Wahl.

Hohe Kosten schrecken ab

Die Kosten eines Rechtsstreits sind für die Befragten nicht immer überschaubar. Rund 70 Prozent von jenen ohne Rechtsschutzversicherung befürchten, dass sie mehr Geld in die Hand nehmen müssen, als wirtschaftlich sinnvoll ist. Rund 64 Prozent meinen, dass eine Klage für sie zu teuer ist. Rund 60 Prozent haben Angst, dass sie sich keinen Anwalt leisten können und sie während des Rechtsstreits aufgeben müssen.

Klagen? Kommt drauf an

Ob jemand klagt oder nicht, hängt vor allem von der Höhe des Streitwertes und dem damit verbundenen Kostenrisiko ab. Je höher der Streitwert, desto höher sind auch die Kosten, die bei einem Misserfolg anfallen.

Allerdings ist das Kostenrisiko bei einem geringeren Streitwert vergleichsweise höher. Bei 5.000 Euro (Kosten 2.800 Euro) würden nur 44 Prozent der Befragten ohne Rechtsschutzversicherung aus Sorge vor den Kosten überhaupt Klage einreichen. Sie verzichten damit auf ihr Recht. Fast jeder Fünfte gibt an, auf die Klage lieber zu verzichten und seinen Anspruch aufzugeben. Bei einem niedrigeren Streitwert von 1.000 Euro (Kosten 830 Euro) wären nur 34 Prozent bereit Klage zu erheben, gleichzeitig würde fast jeder Dritte (29 Prozent) auf eine Klage und auf seinen Anspruch verzichten.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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