Die gesetzliche Rente wirft laut einer aktuellen DIW-Studie mehr Rendite ab als viele meinen. © picture alliance / ZB | Sascha Steinach
  • Von Lorenz Klein
  • 08.12.2020 um 11:38
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Wie viel Rendite bringt die gesetzliche Rente im Vergleich zu einer betrieblichen Altersversorgung (bAV)? Diese knifflige Frage hat eine aktuelle DIW-Studie versucht zu beantworten. Das bemerkenswerte Ergebnis: Auf die gesetzlichen Rentenbeiträge entfallen Netto-Jahresrenditen von umgerechnet bis zu 3,6 Prozent. Doch die Unwägbarkeiten in der gesetzlichen Rente sind immens.

Sind die Beiträge, die sozialversicherte Bürger Monat für Monat ins umlagefinanzierte Rentensystem einzahlen, renditetechnisch betrachtet verlorenes Geld? Keineswegs.

So lautet jedenfalls das Fazit der „Wirtschaftswoche“ auf Basis einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht wurde. Darin haben die DIW-Forscher „die Brutto- und Nettoerträge von gesetzlicher und betrieblicher Altersversorgung (bAV) für eine Auswahl typisierter Personen“ miteinander verglichen, wie die Studienautoren selbst berichten.  

Um zu ergründen, wie viel Rendite die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) also letztlich abwirft, haben die Wissenschaftler verschiedene „Erwerbs- und Rentenverläufen stilisierter Individuen“ durchgerechnet. Die Ergebnisse dürften so manche Skeptiker überraschen: „Die Jahresrenditen auf die Beiträge fallen dabei mit 2,9 bis 3,6 Prozent pro Jahr durchaus bemerkenswert hoch aus“, berichtet die „Wirtschaftswoche“ am Montag über die Ergebnisse. Besonders gut schneidet demnach ein Beispielfall mit Kindern ab, weil für diese zusätzliche Rentenpunkte gutgeschrieben werden.

Dabei betonen die Autoren, dass es sich bei den errechneten Renditen um Netto-Jahresrenditen handelt – anfallende Steuern, die sogenannte nachgelagerte Besteuerung, sowie Krankenkassenbeiträge bei Rentenbezug wurden also den bis Rentenbeginn zu zahlenden Nettobeiträgen gegenübergestellt. Das mache die Ergebnisse so wertvoll, lobt die „Wirtschaftswoche“.

Viele Umwägbarkeiten

Verfechter der gesetzlichen Rente sollten allerdings nicht allzu ausgelassen jubeln, denn in der Studie stecken zahlreiche Unwägbarkeiten – wofür die Wissenschaftler nichts können. Das liegt zum einen an den zahlreichen Variablen, die die Forscher berücksichtigen musste – sei es die Lebensdauer der Versicherten, die Entwicklung der Einkommen, die Anzahl der Erwerbstätigen oder auch die Beitragssätze in den Sozialversicherungen, um nur einige zu nennen. Wie sich all diese Parameter über lange Zeiträume hinweg entwickeln, ist schwer zu prognostizieren.

Darüber hinaus steht alles unter einem immensen politischen Vorbehalt – dazu zählt vor allem die Heraufsetzung des Renteneintrittsalter, was die Renditen der späteren Rentner drücken könnte.

Sticht die gesetzliche Rente die bAV aus?

Schlussendlich vermeiden es die Autoren auch, sich eindeutig zu positionieren, wenn es um die Frage geht, ob sich womöglich die gesetzliche Rente eher lohnt als eine betriebliche Altersversorgung: Der Vergleich der Brutto- und Nettoerträge von gesetzlicher und betrieblicher Altersversorgung für eine Auswahl typisierter Personen zeige, dass es „die“ Rendite nicht gebe, wie die Forscher betonen, „weil viele individuelle und systemische Faktoren erheblichen Einfluss haben“.

So unterschieden sich die Renditen je nach Geburtsjahrgang, Erwerbsverlauf einschließlich Einkommensniveau, Familienstand, demografischer und ökonomischer Entwicklung sowie den steuer- und sozialrechtlichen Regelungen „erheblich“, so die Autoren. Und weiter: „Den steuer- und sozialpolitischen Regelungen kommt eine besondere Bedeutung zu, weil sie entscheidend auf die Nettoerträge wirken“, so die zentrale Erkenntnis der Studie.

GRV nur bei Bruttobetrachtung im Vorteil

Trotzdem drücken sich die Autoren nicht um konkrete Antworten herum, wenn es um die Ergebnisse ihrer Berechnungen geht:

„Werden Bruttorenditen von GRV und bAV über alle vier Typen von Individuen miteinander verglichen zeigt sich, dass bei den vorgegebenen Lohnwachstumsraten für die GRV und den vorgegebenen Zinsraten bei der bAV die Bruttorendite der GRV in allen Fällen höher ist als die Bruttorendite der bAV“, heißt es in der Studie (Seite 10).

Bei den Nettorenditen zeige sich hingegen ein anderes Bild: „Die Nettorenditen in der GRV sind niedriger als die Bruttorenditen in der GRV“, betonen die Autoren. Der Grund liege in der (nahezu) vollen Besteuerung der gesetzlichen Rente im Hinblick auf die betrachteten Geburtsjahrgänge 1970 (97 Prozent) und 1980 (100 Prozent) sowie in der Verbeitragung in der Kranken- und Pflegeversicherung der Renten. Diese Faktoren würden die Nettorendite um 0,5 bis 0,7 Prozentpunkte sinken lassen.

Dieser Effekt sei im Vergleich zu anderen modellierten Effekten sogar so groß, dass die Wissenschaftler von einem „Nettorenditenabsturz“ in der GRV „seit Einführung der nachgelagerten Versteuerung und Verbeitragung von Alterseinkünften aus der gesetzlichen Rentenversicherung gesprochen werden kann“, wie es heißt.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
Dozent Sozialversicherung
Vor 3 Jahren

Für Rentner und Betriebsrenter fällt in der Auszahlphase immer noch der allgemeine Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung an. Dieser ist immer zu zahlen wenn auch ein Krankengeldanspruch besteht. Da dieser mit Rentenbeginn wegfällt müsste konsequenterweise der ermäßigte Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung fällig werden. Das Wörter die Nettorendite verbessern. Zudem werden Betriebsrentner auch noch mit dem Arbeitgeberanteil in der gesetzlichen Krankenversicherung belastet die sogenannte doppelt und dreifach Verbeitragung. Hier nur den Arbeitnehmerbeitrag zu belasten, wie in der gesetzlichen Rentenversicherung auch, würde nochmals die Nettorendite erhöhen. Mit meinen genannten Sachverhalte wird sich sicherlich noch ein anderes Ergebnis ergeben.

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Dozent Sozialversicherung
Vor 3 Jahren

Für Rentner und Betriebsrenter fällt in der Auszahlphase immer noch der allgemeine Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung an. Dieser ist immer zu zahlen wenn auch ein Krankengeldanspruch besteht. Da dieser mit Rentenbeginn wegfällt müsste konsequenterweise der ermäßigte Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung fällig werden. Das Wörter die Nettorendite verbessern. Zudem werden Betriebsrentner auch noch mit dem Arbeitgeberanteil in der gesetzlichen Krankenversicherung belastet die sogenannte doppelt und dreifach Verbeitragung. Hier nur den Arbeitnehmerbeitrag zu belasten, wie in der gesetzlichen Rentenversicherung auch, würde nochmals die Nettorendite erhöhen. Mit meinen genannten Sachverhalte wird sich sicherlich noch ein anderes Ergebnis ergeben.

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