Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft: „Wir brauchen Regeln, die sich stärker an den realen Risiken orientieren.“ © picture alliance/Oliver Berg/dpa
  • Von Manila Klafack
  • 06.11.2020 um 15:12
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Momentan berücksichtigt die Finanzaufsicht zu wenig die tatsächlichen Risiken bei den Versicherern, findet der GDV. Er schlägt daher eine „Toolbox“ vor, wodurch der Verwaltungsaufwand reduziert werden könne.

Die Finanzaufsicht Bafin soll die speziellen Risiken eines Versicherers überwachen. Dieses sogenannte Proportionalitätsprinzip ist im Aufsichtsregime Solvency II festgelegt. Allerdings, so stellt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fest, hapere es an der Umsetzung dieses Prinzips.

Dadurch werde in den Unternehmen unnötig Kapital gebunden, das für Investitionen in wichtige europäische Projekte fehle, kritisiert der Verband. In einem Positionspapier spricht sich der GDV daher für „klare, automatisch greifende Kriterien“ aus, um die Aufsichts- und Kapitalanforderungen an das Risikoprofil der Unternehmen anzupassen. 

In der Praxis geschehe das „nur unzureichend“, heißt es. Das habe auch bereits die europäische Aufsichtsbehörde Eiopa erkannt, wie die Interessenvertreter in Berlin betonen. Grund sei, dass die Vorteile dieser proportionalen Regelanwendung unterschätzt würden.

Von der Umsetzung profitieren Versicherer und Aufsicht

Es sei daher richtig, im laufenden Solvency-II-Review das Proportionalitätsprinzip zu überprüfen, so der GDV. „Wir brauchen Regeln, die sich stärker an den realen Risiken orientieren“, fordert Jörg Asmussen, GDV-Hauptgeschäftsführer. „Davon profitieren nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Verbraucher: Die Konzentration auf relevante Risiken macht das System insgesamt stabiler“, so Asmussen.

Zudem würden einfachere Regeln zu freien Ressourcen führen. Risikomanager und Aufsicht könnten sich auf die für das Unternehmen „wirklich relevanten Risiken“ konzentrieren und langfristige Investitionen werden erleichtert, führt der GDV aus.

Wie die „Toolbox“ funktioniert 

Der GDV empfiehlt das Einführen einer „Proportionalitäts-Toolbox“ für eine angemessene Risikoeinschätzung. Dort wäre die Kriterien: Solvenzquote (SCR), Volatilität der SCR, Anteil der Eigenmittel an der Bilanzsumme sowie der Systemrelevanz des Unternehmens sollen vereinfachte Kalkulationsregeln bei Kapitalanforderungen (Säule I), einfachere Verfahren bei der Unternehmensorganisation (Säule II) und schlankere Berichtsanforderungen (Säule III) zusammengefasst. 

„Unternehmen müssen im System erlaubte Ausnahmen auch nutzen können. Wir plädieren daher für einen Automatismus: Versicherer dürfen Erleichterungen anwenden, sobald sie genau definierte Kriterien erfüllen. Ein kompliziertes Genehmigungsverfahren der Aufsicht kann dann entfallen“, erklärt Asmussen. Zudem sollen Aufsichtsbehörden der automatischen Anwendung widersprechen können – aber nicht ohne Begründung gegenüber dem Unternehmen.

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Manila Klafack

Manila Klafack war bis März 2024 Redakteurin bei Pfefferminzia. Nach Studium und redaktioneller Ausbildung verantwortete sie zuvor in verschiedenen mittelständischen Unternehmen den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.

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