Das fehlerhafte oder ungenügende Ausfühllen von Gesundheitsfragen bei einem BU-Antrag führte in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen. © Getty Images
  • Von Oliver Lepold
  • 25.09.2018 um 11:38
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Wenn der Versicherer im BU-Fall die Leistung ablehnt, wird dies oft mit der Verletzung von Anzeigepflichten begründet. Das wirft die Frage auf, inwieweit über die Gesundheitsfragen im Antrag hinaus noch eine weitere „spontane“ Anzeigepflicht besteht? Die Antworten gibt es hier.

Als im Jahr 2008 das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eingeführt wurde, war sie eigentlich Vergangenheit: die sogenannte spontane Anzeigepflicht. Darunter versteht man, dass Kunden vor Abschluss eines Versicherungsvertrags dem Versicherer ungefragt alle Details bekanntgeben, die für den betreffenden Vertrag eine Rolle spielen könnten. Der Gesetzgeber hat diese Pflicht mit dem VVG faktisch abgeschafft.

Denn der Versicherer kann schließlich alles für ihn Relevante erfragen – im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) etwa über die Gesundheitsfragen, die die Interessenten vor dem Abschluss wahrheitsgemäß ausfüllen müssen. Seit Jahren gibt es in der Branche hingegen den Trend, den Abschluss immer einfacher zu gestalten und die Gesundheitsfragen auf ein Minimum herunterzufahren.

So kann es vorkommen, dass selbst chronisch Erkrankte die wenigen Fragen ohne Befund beantworten können, falls nicht explizit nach ihrer Erkrankung gefragt wird. Tritt dann später der Leistungsfall ein, versuchen allerdings einige Versicherer mit dem Hinweis auf die spontane Anzeigepflicht die Leistung zu verweigern, häufig mit der Begründung, der Kunde habe arglistig getäuscht.

Das OLG Celle (Az. 8 U 101/15) etwa urteilte 2015 in Bezug auf eine wegen mutmaßlicher Arglist angefochtene Pflegetagegeldversicherung: eine über den schriftlichen Fragenkatalog hinausgehende Aufklärungspflicht komme nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Nämlich bei Umständen, die einerseits offensichtlich gefahrerheblich, andererseits aber so ungewöhnlich sind, dass eine auf sie abzielende Frage nicht erwartet werden könne. Das ist jedoch eine höchst unpraktikable Begründung, die noch mehr Fragen aufwirft.

Das Problem sorgt für anhaltende Unsicherheit in der Branche – gerade bei Maklern. Gerichtsurteile hierzu fielen zudem nicht einheitlich aus, mal gewann der Versicherer, mal der Versicherte. Aktuell etwa hat das Oberlandesgericht Karlsruhe, (Az. 12 U 156/16) im Fall einer verweigerten BU-Leistung für den Versicherer geurteilt. Hier hatte der Versicherte seine Erkrankung an Multiple Sklerose nicht angegeben, weil er nicht danach gefragt worden war.

Das Gericht konnte zwar keine Täuschung seitens des Versicherungsnehmers durch das Verschweigen seiner Krankheit erkennen. Es wies ihm über ein Gutachten aber eine Falschangabe nach. Demnach war der Versicherte zum Zeitpunkt der Antragsstellung in seinen geschilderten typischen Arbeitstätigkeiten bereits merklich eingeschränkt. Er hatte aber angekreuzt, dass er fähig sei, in vollem Umfang seiner Berufstätigkeit nachzugehen. Somit lag eine arglistige Täuschung vor.

Unabhängige Experten haben bereits die Branche aufgefordert, sich hier auf verbindliche Richtlinien zu einigen. Ansonsten kann eine endgültige Klärung, inwieweit nun doch eine spontane Anzeigepflicht besteht, nur vom Bundesgerichtshof erwartet werden. Bis dorthin ist bis dato aber noch keiner der laufenden Streitfälle gelangt.

 

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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