Michael Hauer ist Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP). © Rüdiger Glahs
  • Von Lorenz Klein
  • 27.05.2021 um 16:06
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Der Riester-Rente droht das Aus – was sollten Bürger nun bei ihren bestehenden Verträgen beachten und lohnt sich ein Neuabschluss noch? Riester-Experte Michael Hauer vom Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) spricht im Interview klare Empfehlungen aus – und nimmt auch zum aktuellen Riester-Verriss der ZDF „Heute Show“ Stellung.

Pfefferminzia: Die Riester-Rente ist dieser Tage 20 Jahre alt geworden, doch die Satiriker der „Heute Show“ sehen darin keinen Anlass, um zu gratulieren. „Die Riester-Rente ist ein total komplizierter, unrentabler Quatsch“, sagte „Heute Show“-Moderator Oliver Welke in der Sendung vom 21. Mai 2021 (wir berichteten). Die Besserverdiener profitierten von der Riester-Rente „noch einigermaßen“, so Welke, „aber ein kinderloser Single zum Beispiel zahlt 18.000 Euro ein, um später 50 Euro pro Monat zu kriegen. Großartig.“ Und weiter: „Man muss knapp hundert Jahre alt werden, um wenigstens die Kohle rauszuholen, die man eingezahlt hat.“ Was ist dran an diesen Aussagen?

Michael Hauer: Die Satire der „Heute Show“ ist nicht das Problem. Satire muss man in einer Demokratie aushalten. Das gilt auch für die Versicherungsbranche und die Riester-Rente, die reformiert werden müsste, damit diese in Zukunft rentabel bleibt.

Pfefferminzia: Aber?

Leider übernimmt die „Heute Show“ hier die Kritikpunkte sogenannter Verbraucherschützer, die seit mehr als 10 Jahren das Produkt und die Versicherungswirtschaft hier als Feindbild sehen und mit teilweise abstrusen Theorien und medienwirksamen Einzelfallbeispielen Stimmung dagegen machen. Wie so häufig bei den Aussagen von Experten mit Halbwissen gilt: Auch die zigfache Wiederholung einer falschen Aussage, macht die Aussage nicht richtig! Viel zitiert, aber trotzdem unsinnig ist die Aussage „Man muss knapp hundert Jahre alt werden, damit sich Riester lohnt! Unsere Berechnungen auf der Basis von circa 57.000 bestehenden Riester-Verträgen, die sich in der Auszahlung befinden, zeigen, dass man nach durchschnittlich 14 Jahren die eingezahlten Eigenbeiträge zurückerhält. 

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„Total komplizierter, unrentabler Quatsch“

„Heute-Show“ verreißt Riester-Rente

Unter anderem hieß es in der Sendung, dass die Groko die Riester-Rente gerade „selber beerdigt“ habe, indem sie „den Garantiezins für Riester-Produkte von 0,9 auf 0,25 Prozent gesenkt“ hat. Dies sei der „De-facto-Todesstoß“ für das Produkt. Was bedeutet die Zinssenkung für bestehende Riester-Kunden ganz konkret?

Ja, es ist traurig, dass gerade Rot-Grün, die die Riester-Rente 2002 eingeführt haben, jetzt offensichtlich diesen Förderweg abschaffen möchten. Dies ist ein Vorgeschmack auf die Verlässlichkeit von Rot-Grün in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, falls sie an das Ruder kommen sollten! Das ist insbesondere deshalb verwunderlich, da die Riester-Förderung die einzige Förderung für Geringverdiener und Familien mit mehreren Kindern ist, da sie durch die Zulagen nicht nur über die Steuerersparnis funktioniert. Für Gutverdiener über circa 40.000 Euro Bruttoeinkommen im Falle von Ledigen – bei Verheirateten das Doppelte – lohnt sich die Basisrente (Rürup-Rente) sowieso viel mehr. Das heißt Rot-Grün schießt genau die Förderung für den Personenkreis ab, den sie eigentlich unterstützen möchten. Das kann man sich nur mit fachlicher Unkenntnis erklären. Für bestehende Verträge gilt daher: auf jeden Fall halten und die einzigartige Förderung weiterhin mitnehmen. 

Bringt der Zins-Schritt auf 0,25 Prozent mit sich, dass man als Verbraucher fortan keine Riester-Rente mehr abschließen sollte – weder in diesem Jahr noch im nächsten Jahr, sofern eine Riester-Reform ausbleibt, wonach es ja offenbar aussieht?

In diesem Jahr sollten auf jeden Fall alle, die unter 40.000 Euro Bruttoverdienst haben – sprich für Ledige, bei Verheirateten gilt das Doppelte – noch die Riester-Rente abschließen. Liegt man darüber, dann ist die Basisrente empfehlenswert, da sie für diesen Personenkreis mehr Vorteile bietet als die Riester-Rente. Ob es dann ab dem nächsten Jahr noch die Riester-Rente gibt, hängt vom Wahlausgang ab. Rot-Grün wird wie angekündigt die Geringverdiener bezüglich ihrer Altersvorsorge im Stich lassen.

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
Jasmin Jurtan
Vor 3 Jahren

Der Beitrag der heute Show hat uns auch sehr enttäuscht. Wir haben das Thema ebenfalls in unserem Blog aufgenommen: https://asi-karlsruhe.de/satire-schuetzt-nicht-vor-inkompetenz-der-tod-der-riesterrente

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Jasmin Jurtan
Vor 3 Jahren

Der Beitrag der heute Show hat uns auch sehr enttäuscht. Wir haben das Thema ebenfalls in unserem Blog aufgenommen: https://asi-karlsruhe.de/satire-schuetzt-nicht-vor-inkompetenz-der-tod-der-riesterrente

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