Eine Suppenküche in Berlin: Die beiden Ökonomen Marcel Fratzscher und Clemens Fuest fordern unter anderem den Umbau der Altersvorsorge. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 05.04.2016 um 10:05
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Die Chefs zweier großer Wirtschaftsinstitute ziehen an einem Strang und fordern grundlegende Staatsreformen. In der Bildungspolitik umdenken, die Steuerpolitik gerechter machen und den Verteilungskampf stoppen, lauten ihre vordringlichen Ziele.

Nicht weniger als einen Umbau des deutschen Sozialstaats fordern die beiden Ökonomen Marcel Fratzscher und Clemens Fuest.  Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte in einem Interview mit der Welt am Sonntag: „Wir benötigen ein grundlegendes Umdenken in unserer Bildungspolitik, mehr Steuergerechtigkeit, eine smartere Familienpolitik und müssen die Vergessenen der Arbeitsmarktreformen mitnehmen“. Reformbedarf sieht Fratzscher insbesondere im Bildungssystem: „Es gibt zu wenige Betreuungsplätze, zu wenige Ganztagsschulen, und dies wird sich durch die Flüchtlingskrise noch einmal verschärfen.“ Der neue Chef des Münchener ifo-Instituts, Clemens Fuest, bläst in dasselbe Horn und fordert Reformen im Bildungssektor: „Wir bieten eine Uni-Ausbildung zum Nulltarif, verlangen aber Kindergartengebühren. Wir müssten es umgekehrt machen und mehr in den Vorschulbereich investieren“, sagt er.

Ebenso fordern beide Ökonomen die Altersvorsorge neu auszurichten. „Wir brauchen eine staatlich verpflichtende Vorsorge, bei der nur Bedürftige Zuschüsse erhalten und weniger die Mittelschicht“, zeigt sich Fuest überzeugt.

Nur beim Thema Verteilungsgerechtigkeit sind sich die beiden wirtschaftlichen Vordenker laut finanznachrichten.de uneinig. In der Frage, ob die Ungleichheit in Deutschland zu hoch ist widerspricht Fuest den Thesen in Fratzschers neuem Buch „Verteilungskampf“. Deutschland sei bei der Ungleichheit ein vergleichsweise unproblematisches Land, so der Ifo-Chef.

Fratzschers Aussagen aus dem „Wohlstand für alle“ sei ein „Wohlstand für wenige“ geworden, seien irreführend. Er sehe die Gefahr, dass solche Thesen nur in eine ideologische Debatte münden, die sich gegen das markwirtschaftliche System als Ganzes richte, so Fuest. Man solle das deutsche Modell der sozialen Marktwirtschaft nicht schlechtreden. Es sei nicht tot, es lebe.

Da ist der DIW-Chef anderer Meinung: „Wir müssen unsere Scheuklappen ablegen nach dem Motto: Wir sehen nicht, was wir nicht sehen wollen. Denn die steigende Ungleichheit und der Verteilungskampf in unserem Land sind nichts, worauf wir stolz sein können“, sagt Fratzscher.

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