Stephanie Has ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei FHR Rechtsanwälte in Mühlhausen, Thüringen. © FHR Rechtsanwälte
  • Von Stephanie Has
  • 10.09.2019 um 15:34
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Wann müssen Versicherungsvertreter Provisionen zurückzuzahlen? Was müssen sie bei der Anforderung eines Buchauszuges beachten? Und wie berechnet sich eigentlich ihr Ausgleichsanspruch? Die Rechtsanwältin Stephanie Has stellt zehn bedeutende Urteile vor, die auf diese und weitere wichtige Fragen eingehen.

Auch wenn die gesetzliche Grundlage für den Versicherungsvertreter in den Paragrafen 84 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) geregelt ist, so sind diese Regelungen gerade für den typischen Vertreter nur schwer oder teilweise gar nicht anwendbar. Es obliegt daher der Rechtsprechung, die Rechte und Pflichten der Versicherungsvertreter im Einzelnen auszugestalten. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich für jeden Versicherungsvertreter, die eine oder andere Entscheidung der Gerichte zu kennen.

Die Urteile drehen sich um die wesentlichen Fragen jedes Versicherungsvertreters: Sind die nicht ins verdienen gebrachten Provisionen zurückzuzahlen? Wie sieht mein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges aus? Wie berechnet sich mein Ausgleichsanspruch?

Im Folgenden werden die wichtigsten zehn Urteile kurz vorgestellt:

Provisionen

  1. Stornobekämpfungsmaßnahmen – Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 25. Mai 2005 – Aktenzeichen VIII ZR 279/04

Im Falle der Stornierung eines seitens des Versicherungsvertreters vermittelten Versicherungsvertrages ist die Provision durch den Versicherungsvertreter nur dann zurückzuzahlen, wenn das Versicherungsunternehmen, die ihm obliegende Nachbearbeitung in Not geratener Versicherungsverträge nach den Umständen des Einzelfalls nachweisen kann. Hierbei kann das Versicherungsunternehmen entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, was im Streitfall von ihm darzulegen und zu beweisen ist, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten. Stornogefahrmitteilungen sind somit nur eines von mehreren zur Stornoabwehr in Betracht kommenden Mitteln, unter denen das Versicherungsunternehmen die Wahl hat.

  1. Rückforderung der Provision – Landgericht Meiningen, Urteil vom 23. März 2016 – Aktenzeichen (378) 1 O 936/14

Das Versicherungsunternehmen hat nur dann einen Anspruch auf Rückzahlung der Provision, wenn es folgende Punkte schlüssig darlegen kann:

  1. Wann wurde welche konkrete Versicherung durch den Versicherungsagenten vermittelt?
  2. Wann wurde dem Versicherungsagenten in welcher Höhe und in welcher Provisionsabrechnung hierfür eine Provision gutgeschrieben und welcher Höhe wann ausbezahlt?
  3. Wie lange läuft die Provisionshaftungszeit und wann und wo wurde diese zwischen den Parteien vertraglich vereinbart?
  4. Wie hoch ist die einbehaltene Stornoreserve?
  5. Wann und warum ist eine Stornierung des Versicherungsvertrages erfolgt?
  6. Wann erlangte die Versicherung hiervon Kenntnis?
  7. Welche konkrete Nachbearbeitung wurde von der Klägerin selbst oder durch Dritte für die Erhaltung des Versicherungsvertrages durchgeführt?
  8. Wie errechnet sich konkret die anteilig zurück zu fordern Provision und in welcher Höhe ist die Provision bis zum Datum der Stornierung bereits verdient?
  1. Kleinstornierungen – Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2017 – Aktenzeichen I-16 U 32/16

Während die Rechtsprechung früher annahm, dass kleine Stornierungen in Höhe von 50 bis 100 Euro auch ohne entsprechende Nachbearbeitung zurückgefordert werden können, hat das OLG Düsseldorf erstmals entschieden, dass das Versicherungsunternehmen auch bei sogenannten Kleinstornierungen einen Nachweis der Nachbearbeitungsmaßnahmen zu erbringen hat, da davon auszugehen ist, dass der Versicherungsvertreter mehrere Versicherungsverträge an den jeweiligen Kunden vermittelt hat, sodass hier die Gefahr besteht, dass die gesamten vermittelten Versicherungsverträge ansonsten storniert werden.

  1. Anerkenntnisfiktion – BGH, Urteil vom 20. September 2006 – Aktenzeichen VIII ZR 100/05

Auch wenn in vielen Provisionsabrechnungen die Klausel enthalten ist, dass wenn nicht hier binnen einer bestimmten Frist der Lohnabrechnung widersprochen wird, diese als anerkannt gilt, so hat der BGH entschieden, dass eine sogenannte Anerkenntnisfiktion in den Provisionsabrechnungen unzulässig ist.

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Stephanie Has ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei FHR Rechtsanwälte in Mühlhausen, Thüringen.

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