Sascha Becker ist Fachexperte Biometrie bei der Allianz © Allianz
  • Von Oliver Lepold
  • 27.07.2018 um 10:00
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Der Wettbewerbsdruck der Versicherer bei den Berufsunfähigkeitsversicherungen ist groß. Doch auf welche Aspekte kommt es bei der Auswahl eines Produktes vor allem an? Pfefferminzia sprach darüber mit Sascha Becker, Fachexperte Biometrie bei der Allianz im Bereich Marketing Leben Stuttgart.

Pfefferminzia: Der Wettbewerb in der BU ist enorm, die Tarife wurden qualitativ immer besser, gleichzeitig wird immer ausgeklügelter nach Berufsgruppenrisiko unterschieden. Ist der allgemeine Qualitätsstandard in der Branche noch zu steigern?

Sascha Becker: Die Qualität der deutschen BU-Produkte ist bereits sehr hoch. In nur wenigen Ländern gibt es etwas Vergleichbares. Damit haben die deutschen Lebensversicherer einen sehr hohen Standard geschaffen. Allerdings liegt mittlerweile ein homogener und komplett transparenter Markt vor. Die Bedingungen sind weitestgehend identisch und daher ist der Wettbewerb in dem Punkt eigentlich am Ende. Nach wie vor, wird häufig nur nach Zahlbeitrag verkauft, das ist aber unter Umständen zu kurz gesprungen. Denn wenn nicht genug Beiträge eingezahlt werden, kann im Fall der Fälle auch nicht so viel geleistet werden.

Wodurch kann man sich als Produktanbieter hervorheben?

Eine hohe Annahmequote, Leistungsquote und natürlich Finanzstärke. Außerdem durch sinnvolle Zusatzangebote, die den Kunden überraschen oder sogar begeistern. Das können beispielsweise Unterstützungsmaßnahmen, sogenannte Assistance-Leistungen, sein.

Welche Rolle spielt der Preis beim Abschluss? Werden extrem günstige BU-Tarife mit anderen Nachteilen etwa bei der Leistungsfallprüfung „erkauft“?

Momentan spielt der Zahlbeitrag die einzige Rolle, da, wie gesagt, die Bedingungen nahezu gleich sind. Daher drängt sich die Frage auf, wie es manche Gesellschaften schaffen, ihre Tarife um fast 50 Prozent günstiger anzubieten als andere. Etablierte Versicherer verfügen über langjährige Erfahrung. Sie haben meist viele BU-Policen im Bestand, und sind daher realistischer bei der Risikobewertung. Daher macht es Sinn, genau zu beobachten, wie sich die anfänglich sehr günstigen Beiträge im Laufe der Jahre entwickeln.

Welchen Handlungsspielraum hat der Versicherer grundsätzlich?

Zum einen kann der Versicherer sogenanntes Cherry-Picking betreiben. Heißt: Er nimmt nur Top-gesunde Kunden auf. Dieses Vorgehen spiegelt sich auch in einer Morgen & Morgen-Analyse wider: Demnach liegt die Annahmequote unter den Top-BU-Anbietern teilweise um mehr als 15 Prozentpunkte auseinander. Zum anderen kann er den Beitrag im Bestand erhöhen. Das kommt bei Vermittler und bei Kunden selbstredend nicht gut an. Denn der Vermittler wird in die Lage gebracht, sich erklären und rechtfertigen zu müssen. Außerdem kann an der Regulierungsschraube gedreht werden. Also werden weniger Schäden anerkannt, um Kosten zu sparen. Das kann dann sogar dem Unternehmen schaden, da Makler diese Gesellschaften sehr wahrscheinlich ihren neuen Kunden nicht mehr empfehlen.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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