Patient beim Arzt: Ob ambulante Zusatztarife sinnvoll sind, dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. © picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose
  • Von Lorenz Klein
  • 05.04.2022 um 11:40
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Stationäre Krankenzusatz- und auch Zahnzusatzpolicen erachten viele gesetzlich Krankenversicherte als sehr lohnend. Bei den ambulanten Zusatzversicherungen sind die Meinungen geteilt.

ATrotz der schwierigen Begleitumstände in der Corona-Pandemie habe der Bestand aus privaten Voll- und Zusatzversicherungen im vergangenen Jahr um fast 950.000 Versicherungen auf 37,1 Millionen zulegen können, frohlockte der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) Ende Januar. Schaut man genauer hin, zeigt sich allerdings, dass dieses Wachstum einzig und allein dem Geschäft mit Zusatzversicherungen zu verdanken ist.

Während die Zahl der Zusatzpolicen um 3,4 Prozent auf 28,4 Millionen wuchs, sank die Zahl der Vollversicherungen leicht um 0,1 Prozent und liegt aktuell bei 8,7 Millionen. Insofern überrascht es nicht, dass sich der PKV-Verband gern und ausgiebig mit der schöneren Geschichte befasst: „Immer mehr Menschen nutzen die Chance zu privater Vorsorge, um den Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzustocken“, resümiert PKV-Verbandschef Ralf Kantak in einer Mitteilung.

„Den Leistungsumfang der GKV aufstocken“ – mit diesem Kernargument bewerben private Krankenversicherer ihr jeweiliges Tarifangebot. „Patient 1. Klasse mit einer ambulanten Zusatzversicherung“, heißt es etwa bei der Hanse-Merkur aus Hamburg. Auch Versicherungsmakler veranschaulichen ihren Kunden gern, was ein ambulanter Zusatzschutz zu leisten vermag. „Je nach Tarif können Sie eine Kostenübernahme für Sehhilfen, Medikamente, Vorsorge, Untersuchungen oder Behandlungen durch Heilpraktiker vereinbaren“, erklärt ein Video-Clip, den der Pool Blau Direkt seinen angebundenen Maklern für die Verbraucheransprache zur Verfügung stellt. Außerdem sei „eine Laserbehandlung Ihrer Augen“ versicherbar, heißt es im Video. Tenor: ein Paket, ganz viel drin!

Verbraucherschützer scheinen derartige Pakete hingegen eher mit einer Blackbox zu vergleichen. „Sie wollen als gesetzlich versicherte Person im ambulanten Bereich behandelt werden wie ein/e Privatpatient/in? Das ist möglich, aber nicht günstig, und bezahlt wird von einer entsprechenden Zusatzversicherung auch nicht immer alles“, heißt es in einem Ratgeber des Bundes der Versicherten (BdV). Und weiter: „Private Krankenzusatzversicherungen für den ambulanten, zahnärztlichen und stationären Bereich sichern keine Risiken ab, die den Lebensstandard gefährden können“, geben die Verbraucherschützer zu bedenken.

Versicherungsmakler und PKV-Spezialist Sven Hennig empfindet diesen wohlmeinenden Rat der Verbraucherschützer hingegen als etwas lebensfern: „Zunächst einmal sollte klar sein, es gibt durchaus Nachfrage“, beurteilt Hennig die Situation in der ambulanten Zusatzvorsorge, die hierzulande immerhin schon mehr als 8 Millionen Menschen, darunter vor allem Frauen, abgeschlossen haben. „Für Menschen ist eine hochwertige Brille ein wichtiger Punkt. Auch in den Bereichen Sehen in Bezug auf Korrektur der Augen mittels Laser oder auch in der Absicherung von teuren Hörgeräten ist solch ein Bedarf, oder nennen wir es eine Nachfrage, vorhanden“, sagt Hennig. So mag es für manche Menschen lächerlich erscheinen, „die 300 Euro für die Brille versichern zu wollen“, so der Makler weiter. „Wenn ich dieses Geld aber sonst nicht habe, mich nicht zum Sparen zwingen kann – und im Fall der Fälle eine Brille möchte, dann löst man das entweder durch eine Police oder ein Darlehen. Zusatztarife sind also immer dann sinnvoll, wenn diese – wie andere Versicherungen auch – Risiken abdecken, die ein Loch in meinen Geldbeutel reißen würden und die ich so einfacher bezahlen kann.“

Versicherungsmakler Stefan Bierl erlebt es in seinem Vermittleralltag ganz ähnlich: „Oft ist nicht entscheidend, ob wir das Produkt oder die Sparte favorisieren oder nicht – meist hat hier der Kunde die klare Vorstellung, dass er diesen Bereich absichern möchte.“ Zwar könne es Sinn ergeben, sich einfach die Beiträge auf die Seite zu legen, gewissermaßen fiktiv, etwa für einen Zahnersatz – aber das wollen viele Kunden nicht, weiß Bierl. „Sie haben Angst vor der großen Einmalzahlung.“

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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