Ein körperlich anstrengender Beruf: Schreiner bei der Herstellung eines tragenden Holzbalkens © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 29.01.2016 um 09:27
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Jochem Honshorst ist Schreiner, 39 Jahre alt, Ehemann und Vater eines Kindes. Außerdem ist der Niederländer, der seit fünf Jahren in der Eifel lebt, berufsunfähig. Mit Pfefferminzia spricht Honshorst über die Ursache, seine fehlende Absicherung für dieses Risiko und die Gründe dafür.

Dauerhaft krank zu sein, nicht mehr in seinem Beruf arbeiten zu können, vielleicht gänzlich berufsunfähig werden. Mit solchen Gedanken – mal ehrlich – beschäftigt man sich ungern.
Schon gar nicht, wenn man jung ist und gerade erst anfängt, das Arbeitsleben zu erkunden. Später ist meist keine Zeit mehr, sich mit Vorsorgethemen auseinanderzusetzen.

Vielen ist klar, wie gut es wäre, eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu besitzen. Der Schutz kostet aber und wird mit den Jahren teurer. Zum Vergleich: Ein 25-Jähriger kann heute einen Vertrag über 1.000 Euro monatliche Rente mit einer Laufzeit bis 67 Jahre für rund 40 Euro abschließen. Ein 45-Jähriger müsste für denselben Schutz schon tiefer in die Tasche greifen – er käme auf rund 70 Euro monatlichen Beitrag.

Viele halten eine private Absicherung für nicht notwendig. Sie denken noch immer „Der Staat sorgt schon für mich“. Doch bereits seit 2001 gibt es für alle nach 1961 Geborenen keinerlei Rente aus der gesetzlichen Berufsunfähigkeitsversicherung mehr. Sie erhalten lediglich eine Erwerbsminderungsrente für den Fall, dass sie weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können – in welchem Job auch immer. Freiberufler und Selbstständige bekommen übrigens gar keine Hilfe vom Staat.

Jochem Honshorst ist so ein Fall. Der Schreiner ist erst 39 Jahre alt. Seit einem schweren Bandscheibenvorfall im vergangenen Jahr ist er jedoch nicht mehr in der Lage, seinen Beruf vollständig auszuüben. Der gebürtige Holländer, der seit fünf Jahren mit Frau und Kind in der Eifel lebt, erzählt seine Geschichte Pfefferminzia. Er weiß, dass er sein Berufsleben noch einmal völlig neu planen muss. Nur finanziell abgesichert ist er dafür nicht.
 
Herr Honshorst, Sie konnten monatelang nicht mehr arbeiten. Was ist genau passiert?

Jochen Honshorst: Ich hatte schon öfter Rückenschmerzen, aber mit ein wenig Gymnastik  ging es immer wieder. Im vergangenen Sommer bekam ich im Garten einen Bandscheibenvorfall. Die Schmerzen strahlten bis ins Bein und ich konnte meinen Fuß nicht mehr bewegen. Drei Tage später wurde ich operiert. Nach Krankenhaus und Reha ging es besser, aber ich bekam Probleme mit der anderen Körperseite, die mir stark zu schaffen machen.

Haben Sie Angst, Ihren Beruf nie mehr ausüben zu können?

Das Ereignis ist jetzt schon fast ein halbes Jahr her. Ich beginne gerade mit der Wiedereingliederung in meinen alten Betrieb. Aber häufig bekomme ich Stiche im Rücken und kann nicht mehr stehen. Ich habe Angst vor einem nächsten Bandscheibenvorfall. Bis zur Rente werde ich als Schreiner nicht mehr arbeiten können. Das wird mir immer klarer.

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Sie haben keine Berufsunfähigkeitsversicherung?

Ich habe darüber nie richtig nachgedacht. Ich war immer vorsichtig beim Arbeiten. Als Schreiner muss man einen Arbeitsunfall einkalkulieren. Dass ich nun wegen meines Rückens nicht mehr arbeiten kann, das habe ich einfach nicht erwartet.

Wussten Sie, dass Arbeitnehmern in Deutschland eine gesetzliche Rente zusteht, die aber nur ein Drittel des Bruttoverdienstes umfasst und nur gezahlt wird, wenn Sie völlig arbeitsunfähig sind?

In Holland gibt es etwas Ähnliches. Aber das ist keine Lösung für mich. Ich werde erst 40 und muss noch 27 Jahre lang arbeiten. Ich habe noch nicht mal die Hälfte meines Berufslebens erreicht.

Viele scheuen die hohen Beiträge für eine Berufsunfähigkeitspolice.

Das Geld hätte ich ausgegeben, aber ich habe einfach nicht genug darüber nachgedacht. Fatal im Nachhinein. Ich weiß, dass ich jetzt wohl keine Versicherung mehr bekommen werde. Jedenfalls keine, die meine Rückenerkrankung akzeptiert. Dafür ist es zu spät. Das bedauere ich jetzt, denn mit dem normalen Krankengeld kann man eine Familie nicht ernähren.

Sind Sie nun auf der Suche nach einem anderen Beruf, den Sie trotz Ihrer körperlichen Einschränkungen ausüben können?

Ich würde gerne eine Umschulung machen, darüber bin ich mit der Arbeitsagentur im Gespräch. Aber es ist schwierig für mich als Ausländer. Konkret könne ich mir etwas im Tourismus hier in der Eifel vorstellen. Aber wenn ich nichts finde, müssen wir in die Stadt ziehen. Ich muss auch an die Zukunft meines Kindes denken.

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