Gesundheitsservices, die aktuell in der Berufsunfähigkeitsversicherung angeboten werden, ermöglichen etwa, eine Zweitmeinung beim Arzt einzuholen. © picture alliance / dpa / Themendienst / Christin Klose
  • Von Karen Schmidt
  • 22.11.2021 um 12:04
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Erste Versicherer gehen dazu über, ihren Kunden im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) nicht nur die BU-Rente anzubieten, sondern auch bestimmte Gesundheitsservices. Welches Potenzial diese Dienstleistungen haben, erfahren Sie hier.

Man kennt sie bislang eher aus der Krankenversicherungswelt: Gesundheitsservices, die dazu beitragen sollen, die Menschen gesund zu erhalten. Mittlerweile setzen aber auch immer mehr Anbieter von Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) auf diese Karte. Einen Schwerpunkt bilden hier Unterstützungsangebote für die berufliche Rehabilitation, aktuell gewinnen aber auch medizinische Dienstleistungs- und Vorsorgeleistungen an Bedeutung.

Beispiele sind hier etwa Gesundheitsplattformen mit allerlei Vorsorge-Coachings, ärztliche Zweitmeinungsservices oder der Zugang zu digitalen Kursen für Menschen mit psychischen Belastungen.

Ist das ein sinnvoller Service? Durchaus, findet Eva Germer, Senior-Analystin bei der Rating-Agentur Assekurata Solutions: „Wir befürworten diesen Trend, da Gesundheitsservices in Berufsunfähigkeitstarifen sowohl für Kunden als auch für Versicherte positive Effekte beinhalten.“ So könnten Gesundheitsservices einen Beitrag zur Reaktivierung, Einsparung der Leistungsausgaben und zur Steigerung der Kundenzufriedenheit leisten, meint die Expertin weiter.

„Ein Vorteil für die Versicherer zeigt sich gerade im Hinblick auf die geringen Kontaktanlässe zum Kunden in der Lebensversicherung. Hier könnten Gesundheitsservices für Abhilfe sorgen, mit entsprechenden positiven Kundenerlebnissen. So kann der Lebensversicherer sich als Gesundheitspartner an der Seite seiner Kunden positionieren.“ Im Ernstfall erfahre der Kunde spürbare Mehrwerte von seinem BU-Versicherer und erhalte mehr als eine rein finanzielle Zuwendung.

Viele Kunden wollen ihre Gesundheit verbessern

Und das kommt bei den Kunden durchaus gut an, beobachtet Germer: „Mittels einer Befragung aus dem März 2021 konnten wir ermitteln, dass ein Großteil der Kunden bereit wäre, diese Angebote in Anspruch zu nehmen.“ Die Motive seien dabei weniger finanzieller Natur. Vielmehr sei es den Menschen wichtig, die eigene Lebensqualität und Gesundheit zu verbessern. Germer: „Die Attraktivität zeigt sich gerade daran, dass einige sogar bereit wären, für die Nutzung von Gesundheitsservices einen Zusatzbeitrag zu entrichten.

Immerhin 30 Prozent der Befragten wären dazu bereit. Die Bereitschaft von Kunden, die bereits einen BU-Leistungsantrag gestellt haben, liegt mit 44 Prozent sogar noch deutlich höher.“ Insgesamt sei die Zahlungsbereitschaft der Kunden ein positives Signal an die Versicherer, entsprechende Services in ihr Portfolio aufzunehmen, so die Senior-Analystin.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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Socialsolvent GmbH (Claudia Nistor)
Vor 2 Jahren

Wenn der Bock zum Gärtner wird.
Seit 12 Jahren stehen wir, http://www.socialsolvent.de, BU-Versicherten in Fragen der Durchsetzung versicherter Leistung rechtsberatend zur Seite- in unseren Kommentaren greifen wir auf eine 4-stellige Mandantenda-tenbank zurück; in dieser Zeit und bei dem Mandatsvolumen haben wir gegen jeden Versicherer am Markt Verfahren geführt. Aus dieser Perspektive regen wir also an, den Beitrag ergänzend zu analysieren.
Zuerst gilt es im Sinne der Gültigkeitsprüfung des Testverfahrens (Befragung Assekurata) zu hinterfragen: bzgl der Aussagenobjektivität: wer hat die Assekurata beauftragt, eine Befragung durchzuführen? Wel-ches Interesse steht dahinter? Für wen ist die Assekurata tätig? Auf der Web-Site steht: „Die Assekurata Solutions berät Versicherungsunternehmen bei der Optimierung von Geschäftsmodellen, Prozessen und Interaktionen mit Kunden.“ Zur Repräsentativität: Wer ist die Kohorte der Befragten (das Panel)? Zur Vali-dität: wie ist der Fragebogen methodisch designt, d.h. misst er, was gemessen werden soll? Und zur Reli-abilität: wenn andere die Befragung durchführen würden – mit anderen Befragten – kommen die gleichen Ergebnisse zustande?
Und dann gilt es, den Bericht auf der Zeitachse zu sortieren: von der BU-Beratung/ BU-Vertragsabschluss, über BU-Eintritt/ BU-Leistungsantrag/ Leistungspflichtentscheidung (im Erstprüfungsverfahren) bis hin zum BU-Nachprüfungsverfahren (die Zeit nach dem BU-Anerkenntnis). In diesen Phasen geht es in dem Bericht zwar augenscheinlich um den Gesundheitsserviceansatz; im Kern jedoch um das Thema der Daten-erhebung über den Versicherten unter Beachtung der verfolgten Interessen des Versicherers. In Anbe-tracht des konfliktären Charakters eines Versicherungsvertrages um die Ressource Geld ist dieses Vorhaben, wie wir folgend begründen, mindestens heikel.
Vorab notiert: generell gilt, dass in Leistungsfragen die Beweisführung dem Anspruchserhebenden ob-liegt; d. h., im BU-Leistungsfall muss der Versicherte (als juristischer Laie) dem (überlegenen) Versicherer nachweisen, dass der BU-Fall eingetreten ist (ein Kräfteungleichgewicht mit nachweislichen Streitpotenti-al). Sollte die Leistungspflicht anerkannt werden, kann sich der Versicherer hiervon nur durch ein Nachprü-fungsverfahren befreien, indem dieser dem Versicherten beweisen muss, dass der BU-Fall entfallen ist (Beweislastumkehr).

Die Mitwirkungspflicht (im Erstprüfungsverfahren = Beantragung der Leistung) ist vertraglich geregelt. Die Datenerhebung seitens des Versicherers gilt nicht zeitlich und inhaltlich schrankenlos; die erhebli-chen Daten zur Feststellung der BU, also zum BU-Fall, dürfen erhoben werden (welche Beschwerden ver-hindern die Ausübung welches ausgeübten Berufes); andere wie (Neben)- Diagnosen, die nicht mit der BU im Zusammenhang stehen, Kinderwunschbehandlungen, Daten über Dritte (Familienmitglieder, Mitgesell-schafter, etc., die strengstens dem Datenschutz unterliegen), Daten über den Bundeswehrdienst, o.ä. sind i. d. R. davon ausgenommen. Hier kann der Versicherte vom Recht auf informationelle Selbstbe-stimmung Gebrauch machen und die Erheblichkeit der Datenerhebung vom Versicherer verlangen. Dies gilt generell in der individuellen Abwägung der Offenbarung höchst schützenswerter, persönlicher Ge-sundheitsdaten über vorgeschlagene Fitness- oder Coaching-Apps, o.ä.: wer sammelt diese, zu welchem Zweck?
Das dringende Interesse des Versicherers an Informationen über den Versicherten ist nachvollziehbar; doch nach der Anerkennung einer Leistungspflicht, von welcher sich der Versicherer nur im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens befreien kann, dienen diese Informationen oft einer sofortigen Einleitung des Nachprüfungsverfahrens, die dem Versicherer die Möglichkeit eröffnet, seine Leistung einzustellen.
Der BGH bezeichnet die Mitwirkungspflichten des Gläubigers bei einer Beweisführung seines Schuldners, die darauf abzielt, wieder von einer anerkannten Leistungspflicht loszukommen, als unge-wöhnlich. Manche Vertragsklausel über die Erteilung „sachdienlicher Auskünfte“ meint ausschließlich Informationen, die mit der BU im direkten Zusammenhang stehen; die ausufernde Befragung des Versi-cherers nach weitgehenden Informationen, wie z.B. nach Freizeitverhalten, oder dann im Rahmen der im Beitrag genannten Gesundheitsservices nach Ergebnisse der Coaching-Programme, Einsatz von Hilfsmitteln oder Reha-Maßnahmen, die wir heute schon in der praktischen Erfahrung erleben, dürfte unzulässig und auch nicht mit der Forderung des BGH nach einem lauteren und vertrauensvollen Zusammenwirken der Vertragspartner zu begründen sein. Dennoch erfolgen diese und können zur Reaktivierung eines Vertrages Verwendung finden.

Unser Fazit zu einem Gesundheitsservice seitens des Versicherers: solange der BU-Vertrag ein Res-sourcenkonflikt (Geld) darstellt, welcher unfairerweise einseitig geführt wird (der Versicherer entscheidet alleine- ohne seinen Vertragspartner- über die eigene Leistungspflicht), dienen solche Befragungen primär dem Versicherer, seiner Leistungspflicht (schnell) zu entkommen. Dies wird in dem Beitrag auch mehrfach betont („der Versicherer spart Leistung“). Bravo! Sekundär sollen solche „kundenfreundliche“ Angebote das Image aufpolieren und dienen u.E. dem Vertrieb des BU-Produktes. Unsere Anregung zum Ausgleich der Kräfte: über die Leistungspflicht MUSS eine dritte, neutrale Partei entscheiden. Und ja, im Sinne einer schnellen Genesung oder guten Therapie des erkrankten Versicherten ist neben der nachweislich gene-sungsrelevanten finanziellen Sicherheit, auch die Einholung weiterer Arztmeinungen wichtig; doch die Ärzte dürfen nicht vom Versicherer vorgeschlagen werden; der mündige Betroffene findet z.B. über die Ärzte-kammer eine Menge neutrale Ärzte, die ihm weiterhelfen.

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Socialsolvent GmbH (Claudia Nistor)
Vor 2 Jahren

Wenn der Bock zum Gärtner wird.
Seit 12 Jahren stehen wir, http://www.socialsolvent.de, BU-Versicherten in Fragen der Durchsetzung versicherter Leistung rechtsberatend zur Seite- in unseren Kommentaren greifen wir auf eine 4-stellige Mandantenda-tenbank zurück; in dieser Zeit und bei dem Mandatsvolumen haben wir gegen jeden Versicherer am Markt Verfahren geführt. Aus dieser Perspektive regen wir also an, den Beitrag ergänzend zu analysieren.
Zuerst gilt es im Sinne der Gültigkeitsprüfung des Testverfahrens (Befragung Assekurata) zu hinterfragen: bzgl der Aussagenobjektivität: wer hat die Assekurata beauftragt, eine Befragung durchzuführen? Wel-ches Interesse steht dahinter? Für wen ist die Assekurata tätig? Auf der Web-Site steht: „Die Assekurata Solutions berät Versicherungsunternehmen bei der Optimierung von Geschäftsmodellen, Prozessen und Interaktionen mit Kunden.“ Zur Repräsentativität: Wer ist die Kohorte der Befragten (das Panel)? Zur Vali-dität: wie ist der Fragebogen methodisch designt, d.h. misst er, was gemessen werden soll? Und zur Reli-abilität: wenn andere die Befragung durchführen würden – mit anderen Befragten – kommen die gleichen Ergebnisse zustande?
Und dann gilt es, den Bericht auf der Zeitachse zu sortieren: von der BU-Beratung/ BU-Vertragsabschluss, über BU-Eintritt/ BU-Leistungsantrag/ Leistungspflichtentscheidung (im Erstprüfungsverfahren) bis hin zum BU-Nachprüfungsverfahren (die Zeit nach dem BU-Anerkenntnis). In diesen Phasen geht es in dem Bericht zwar augenscheinlich um den Gesundheitsserviceansatz; im Kern jedoch um das Thema der Daten-erhebung über den Versicherten unter Beachtung der verfolgten Interessen des Versicherers. In Anbe-tracht des konfliktären Charakters eines Versicherungsvertrages um die Ressource Geld ist dieses Vorhaben, wie wir folgend begründen, mindestens heikel.
Vorab notiert: generell gilt, dass in Leistungsfragen die Beweisführung dem Anspruchserhebenden ob-liegt; d. h., im BU-Leistungsfall muss der Versicherte (als juristischer Laie) dem (überlegenen) Versicherer nachweisen, dass der BU-Fall eingetreten ist (ein Kräfteungleichgewicht mit nachweislichen Streitpotenti-al). Sollte die Leistungspflicht anerkannt werden, kann sich der Versicherer hiervon nur durch ein Nachprü-fungsverfahren befreien, indem dieser dem Versicherten beweisen muss, dass der BU-Fall entfallen ist (Beweislastumkehr).

Die Mitwirkungspflicht (im Erstprüfungsverfahren = Beantragung der Leistung) ist vertraglich geregelt. Die Datenerhebung seitens des Versicherers gilt nicht zeitlich und inhaltlich schrankenlos; die erhebli-chen Daten zur Feststellung der BU, also zum BU-Fall, dürfen erhoben werden (welche Beschwerden ver-hindern die Ausübung welches ausgeübten Berufes); andere wie (Neben)- Diagnosen, die nicht mit der BU im Zusammenhang stehen, Kinderwunschbehandlungen, Daten über Dritte (Familienmitglieder, Mitgesell-schafter, etc., die strengstens dem Datenschutz unterliegen), Daten über den Bundeswehrdienst, o.ä. sind i. d. R. davon ausgenommen. Hier kann der Versicherte vom Recht auf informationelle Selbstbe-stimmung Gebrauch machen und die Erheblichkeit der Datenerhebung vom Versicherer verlangen. Dies gilt generell in der individuellen Abwägung der Offenbarung höchst schützenswerter, persönlicher Ge-sundheitsdaten über vorgeschlagene Fitness- oder Coaching-Apps, o.ä.: wer sammelt diese, zu welchem Zweck?
Das dringende Interesse des Versicherers an Informationen über den Versicherten ist nachvollziehbar; doch nach der Anerkennung einer Leistungspflicht, von welcher sich der Versicherer nur im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens befreien kann, dienen diese Informationen oft einer sofortigen Einleitung des Nachprüfungsverfahrens, die dem Versicherer die Möglichkeit eröffnet, seine Leistung einzustellen.
Der BGH bezeichnet die Mitwirkungspflichten des Gläubigers bei einer Beweisführung seines Schuldners, die darauf abzielt, wieder von einer anerkannten Leistungspflicht loszukommen, als unge-wöhnlich. Manche Vertragsklausel über die Erteilung „sachdienlicher Auskünfte“ meint ausschließlich Informationen, die mit der BU im direkten Zusammenhang stehen; die ausufernde Befragung des Versi-cherers nach weitgehenden Informationen, wie z.B. nach Freizeitverhalten, oder dann im Rahmen der im Beitrag genannten Gesundheitsservices nach Ergebnisse der Coaching-Programme, Einsatz von Hilfsmitteln oder Reha-Maßnahmen, die wir heute schon in der praktischen Erfahrung erleben, dürfte unzulässig und auch nicht mit der Forderung des BGH nach einem lauteren und vertrauensvollen Zusammenwirken der Vertragspartner zu begründen sein. Dennoch erfolgen diese und können zur Reaktivierung eines Vertrages Verwendung finden.

Unser Fazit zu einem Gesundheitsservice seitens des Versicherers: solange der BU-Vertrag ein Res-sourcenkonflikt (Geld) darstellt, welcher unfairerweise einseitig geführt wird (der Versicherer entscheidet alleine- ohne seinen Vertragspartner- über die eigene Leistungspflicht), dienen solche Befragungen primär dem Versicherer, seiner Leistungspflicht (schnell) zu entkommen. Dies wird in dem Beitrag auch mehrfach betont („der Versicherer spart Leistung“). Bravo! Sekundär sollen solche „kundenfreundliche“ Angebote das Image aufpolieren und dienen u.E. dem Vertrieb des BU-Produktes. Unsere Anregung zum Ausgleich der Kräfte: über die Leistungspflicht MUSS eine dritte, neutrale Partei entscheiden. Und ja, im Sinne einer schnellen Genesung oder guten Therapie des erkrankten Versicherten ist neben der nachweislich gene-sungsrelevanten finanziellen Sicherheit, auch die Einholung weiterer Arztmeinungen wichtig; doch die Ärzte dürfen nicht vom Versicherer vorgeschlagen werden; der mündige Betroffene findet z.B. über die Ärzte-kammer eine Menge neutrale Ärzte, die ihm weiterhelfen.

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