Ob beim Tanken oder beim Heizen: Steigende Energiekosten belasten derzeit die Verbraucher. © Prostooleh / Freepik.com
  • Von Sabine Groth
  • 14.11.2022 um 10:22
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:20 Min

Das Umfeld für Kapitalmärkte ist im Wandel. Viele Begriffe gewinnen an Bedeutung, die lange keine große Rolle gespielt haben. Was Ihre Kundinnen und Kunden jetzt über Inflation, Rezession und Stagflation wissen sollten.

Negativzins, Deflationsangst, Goldilocks-Szenario – jede Zeit hat ihre Begriffe. Diese drei über Jahre steten Begleiter scheinen erst einmal der Vergangenheit anzugehören. Die Anlegerschaft muss sich jetzt mit anderen Wörtern und Phänomenen beschäftigen, die die aktuelle Wirtschaftslage mit sich bringt und die auch die Kapitalmärkte nicht kalt lassen.

Inflation: Bürde für den Vermögensaufbau

Kaum mehr wegzudenken aus dem Alltag ist derzeit das Thema Inflation. Seit März liegt in Deutschland der Anstieg der Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat bei über 7 Prozent, seit September sogar bei über 10 Prozent. Der Euroraum verzeichnet ähnliche Zuwächse, und auch in den USA und anderen wichtigen Volkswirtschaften ist das Leben deutlich teurer geworden.

Die offizielle Inflationsrate misst das Statistische Bundesamt anhand eines fiktiven Warenkorbs aus Waren und Dienstleistungen, für die Verbraucher Geld ausgeben. Dieser soll möglichst repräsentativ für die deutsche Bevölkerung sein und wird stetig angepasst. Während Kreditnehmern der Kaufkraftverlust durch Inflation entgegen kommt, ist Inflation für Sparer und Anleger eine Last. Schließlich lässt sie den Wert des angesparten Vermögens dahin schmelzen. Wirft eine Anlage 6 Prozent im Jahr ab bei einer Inflation von 4 Prozent, liegt die reale Rendite, also die Rendite unter Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes, nur bei 2 Prozent. Bei hohen Inflationsraten gelten daher Sachwerte wie Aktien als eine gute Wahl, da sie der Teuerung besser trotzen können als Geldwerte.

Nicht nur für Verbraucher und Anleger sind die derzeitigen Inflationsraten eine Qual, auch für die Europäische Zentralbank (EZB), die für die Preisstabilität im Euroraum zuständig ist, sind die Werte deutlich zu hoch. Um die Preise stabil zu halten, erachtet sie eine Inflation von 2 Prozent als optimal. Höhere Werte über einen längeren Zeitraum würden der Wirtschaft schaden. 0 Prozent Inflation hingegen ist der EZB zu wenig, da sie einen Sicherheitspuffer gegenüber Deflationsrisiken haben will.

Rezession: Sprungbrett für die Erholung

Um zu hoher Inflation entgegenzuwirken, erhöhen Notenbanken die Zinsen, um so die Wirtschaftstätigkeit und die Nachfrage zu drosseln und damit den Preisdruck zu senken. Das ist immer eine heikle Angelegenheit. Denn bei zu viel Drosselung kann eine Wirtschaft hart landen und in eine tiefe Rezession rutschen.

Rezession bedeutet, dass die Wirtschaftsleistung eines Landes, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, nicht wächst, sondern schrumpft. Es wird erwartet, dass dies im Euroraum in den kommenden Quartalen der Fall sein wird. Über das zu erwartende Ausmaß gibt es allerdings geteilte Meinungen.

Rezessive Phasen gehören zum Wirtschaftskreislauf. Sie sind nicht schön, wirken aber meist reinigend. Häufig folgen Erholungsphasen mit starkem Aufholpotenzial. An den Börsen sorgt eine Rezession tendenziell für fallende Kurse, denn schließlich geht es vielen Unternehmen dann eher schlecht. Allerdings werden an Börsen vor allem Erwartungen, also die Zukunft, gehandelt. Rezessionsängste reichen bereits, um Kurse fallen zu lassen. Die kommende Rezession könnte also in den jetzigen Kursen bereits – zumindest zum Teil – eingepreist sein. Später kann schon ein Lichtblick am Horizont genügen, um eine Kurserholung einsetzen zu lassen, selbst wenn die Wirtschaft noch auf Schrumpfkurs ist. Wer die gefallenen Kurse zum Einstieg nutzen will, sollte also nicht zu lange warten.

Stagflation: Schwaches Wachstum trifft auf Inflation

Auch der Begriff Stagflation ist in diesem Jahr ins Rampenlicht gerückt. Denn die Stagflationsrisiken sind nach Ansicht einiger Experten deutlich gestiegen. Stagflation setzt sich zusammen aus Stagnation und Inflation. Eine solche Phase aus wirtschaftlicher Flaute und erhöhten Inflationsraten war in den von der Ölkrise geprägten 1970er Jahren zu beobachten. In der Regel wird sie durch Angebotsschocks ausgelöst. Und einen solchen erleben wir gerade im Energiesektor. Zudem leidet das Angebot durch Lieferengpässe auch in anderen Bereichen.

Eine Stagflation stellt Geld- und Fiskalpolitik vor große Herausforderungen und ist kein wünschenswertes Umfeld für Anleger und Aktienmärkte – auch wenn es dort einigen Segmenten weniger zu schaffen macht als anderen. Aber auch hier gilt für Anleger: den rechtzeitigen Einstieg nicht verpassen.

autorAutorin
Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort