Anette Weiß © Geld.wert
  • Von Redaktion
  • 27.04.2016 um 11:43
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Finanzbildung muss in der Schule zur Pflicht werden, fordert Honorarfinanzanlageberaterin Anette Weiß. Denn mit der Bildung in diesem Bereich sei es wie mit dem Rauchen aufhören: Man weiß, dass es besser wäre, es zu tun. Kriegt aber den Hintern nicht hoch.

Ich bin immer wieder erstaunt, welch hohes Ansehen Finanzbildung in Deutschland genießt: Über 80 Prozent der Bevölkerung sind laut Studien der Meinung, wir bräuchten viel mehr Finanzwissen in unserer Gesellschaft. Auch Politik und Bildung tönen in das gleiche Horn – und wenn ich mal genau überlege, gibt es wenige Themen im Land worüber solch eine geballte Einigkeit herrscht: Wissen muss her! Schult unsere Kinder! Klärt die Verbraucher auf!

So langsam sickert also auf breiter Front die Erkenntnis durch, dass DAS große Zukunftsproblem „Altersarmut“ nur durch Prävention zu bekämpfen ist. Und Prävention heißt in diesem Fall: Fang früh genug an, Dich selbst um Dein Wohl zu kümmern.

Denn der Staat, die gesetzliche Rente, kann sich nicht um Dich kümmern. Dafür haben wir kein Geld. Es ist einfach nicht da – und wir werden es auch in keinem Fall, durch keine noch so ausgeklügelte Bürgerrente und durch keine noch so gut gemeinte Reform, erwirtschaften können. Der Zug ist abgefahren. Vorbei, erledigt. Da nutzt auch kein noch so lautes sich beschweren, kein jammern und kein AfD-wählen.

Wir sind uns also alle einig, dass wir uns für Finanzen, Zusammenhänge, Geldkreisläufe und Anlagemöglichkeiten interessieren sollten. Aber es ist Augenwischerei, dass sich angeblich über 50 Prozent der Menschen für Finanzwissen interessiert: Für Finanzen interessiert sich kein Schwein!

Finanzen bringen keine Befriedigung

Denn interessieren kann man sich nur für Dinge und Sachen, die einen begeistern, die Spaß machen, die Freude, Genuss – irgendeine Befriedigung! – bringen. Finanzen bringen keine Befriedigung. Geld selbst kann man nicht essen. Ein Versicherungsvertrag kann nicht schön sein. Ein gut gebautes Depot kann nur Freaks wie mir einen Entzückensseufzer entlocken. Inflationsrechnerei macht nur Mathematikern Freude.

Es gibt nur wenige – wirklich wenige – Menschen, die sich wirklich und ernsthaft für Finanzen begeistern können. Und wer sich gänzlich ohne den menschlichen Bezug für solch seelenlose Materie interessiert, muss irgendwie ein komischer Zeitgenosse sein oder hat eine ernsthafte Persönlichkeitsstörung wie Dagobert Duck.

Man beschäftigt sich damit, weil man eben muss

Finanzen sind also kein interessantes Thema, wir sollten uns da nichts vormachen. Jeder, der sich wirklich mit seiner finanziellen Zukunft beschäftigt, tut es nicht, weil er sich für Finanzwissen interessiert – er tut es, weil er weiß, dass es sinnvoll, dass es richtig ist.

Er tut es, weil er so aufgewachsen ist oder weil er dementsprechende Erfahrungen (meist schlechte) gemacht hat. Für diejenigen, die so aufgewachsen sind, ist die Beschäftigung mit ihrem finanziellen Leben wie Zähneputzen: Niemand interessiert sich ernsthaft fürs Zähneputzen – aber es ist sinnvoll, hat gute Gründe und gehört einfach dazu.

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