Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), stellt die Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
  • Von Andreas Harms
  • 28.06.2022 um 16:44
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Die Bundesregierung will das Milliarden-Minus in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bekämpfen. Deshalb soll der Zusatzbeitrag steigen, begleitet von einigen weiteren Maßnahmen. Zwei Verbände haben sich zu Wort gemeldet und zeigen sich nur wenig begeistert.

Der Zusatzbeitrag zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) soll im kommenden Jahr um 0,3 Prozentpunkte steigen. Das kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an, als er in Berlin die Eckpunkte zur Finanzreform der GKV vorstellte. Derzeit liegt der durchschnittliche Zusatzbeitrag bei 1,3 Prozent. Somit steigt der Gesamtbeitrag für die Krankenversicherung auf 16,2 Prozent vom Brutto.

Lauterbach reagiert damit darauf, dass der GKV demnächst ein Jahresdefizit von 17 Milliarden Euro droht. Als weitere Maßnahmen will er den Zuschuss aus dem Bundeshaushalt um 2 Milliarden Euro aufstocken und einen Kredit über eine Milliarde Euro vergeben.

Außerdem will er 3 Milliarden Euro im Gesundheitssystem einsparen, ohne zunächst Einzelheiten zu nennen. Und die Pharma-Industrie soll einen Solidarbeitrag von einer Milliarde Euro zahlen. Dafür betonte Lauterbach erneut, keine Leistungen kürzen zu wollen.

Der GKV-Spitzenverband zeigt sich enttäuscht. „Die heute vorgelegten Eckpunkte verschaffen der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt allenfalls eine finanzielle Atempause“, lässt er verlauten und begründet:

Das Aufbrauchen von Rücklagen, ein kleiner Extra-Bundeszuschuss in Verbindung mit einem Bundesdarlehen und Beitragserhöhungen sind keine solide und nachhaltige Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von 73 Millionen gesetzlich Versicherten. Wichtig ist allerdings, dass der Bundesgesundheitsminister Leistungskürzungen für Versicherte erneut ausgeschlossen hat.

Ob der nun verkündete Beitragsanstieg wirklich ausreicht, sei völlig offen, meint der Verband. Sicher sei nur, dass die Politik nun wohl auch die letzten Rücklagen der Krankenkassen verbraucht. Ein Eingriff in „die Finanzhoheit der einzelnen Krankenkassen“, der dem Verband überhaupt nicht schmeckt.

Wie übrigens noch ein weiterer Aspekt: Denn der Bund will nach wie vor die Ausgaben für die Empfänger von Arbeitslosengeld II (auch bekannt als Hartz-IV) nicht komplett übernehmen. Doris Pfeiffer, Vorstandschefin des Spitzenverbands, sagt: „So bleibt es dabei, dass die Krankenkassen den Bundeshaushalt Jahr für Jahr mit rund zehn Milliarden Euro subventionieren.“

Auch der Verband der Ersatzkassen (VDEK) zeigt sich wenig begeistert. Dessen Chefin Ulrike Elsner bemängelt:

Die Maßnahmen sind nicht nachhaltig und unausgewogen. Bisher unberücksichtigt ist ein kostendeckender Beitrag für die Versicherung von ALG-II-Empfängern in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Es handelt sich immerhin um eine Größenordnung von geschätzt 10 Milliarden Euro. Auch fehlt die vom VDEK wiederholt geforderte Absenkung der Mehrwertsteuer auf Gesundheitsleistungen. Stattdessen werden die Beitragszahler belastet und der Staat greift erneut auf die Finanzreserven der Krankenkassen und die Rücklagen des Gesundheitsfonds zu. Das ist ein einmaliger Effekt. Eine nachhaltige Finanzierung sieht anders aus.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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