IGeL sind individuelle Gesundheitsleistungen, die in der Regel von Kassen nicht übernommen werden und daher der Patient diese selbst bezahlt. © dpa/picture alliance
  • Von Lorenz Klein
  • 16.02.2017 um 17:43
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 01:25 Min

Individuelle Gesundheitsleistungen – kurz IGeL – sind für gesetzlich Krankenversicherte eher von Nachteil als von Nutzen. Das ergibt eine Zwischenbilanz durch den medizinischen Dienst des Spitzenverbands der Krankenkassen. Laut der Analyse fielen 17 von 45 Leistungen glatt durch.

Das Leistungsspektrum der freiwilligen IGeL-Leistungen ist breit gefächert – zugleich aber auch kostspielig für Kassenpatienten und nicht zuletzt deshalb seit Jahren umstritten: Welchen Nutzen beispielsweise ein PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs, eine Messung des Augeninnendrucks zur Früherkennung eines grünen Stars oder auch ein Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung für Versicherte hat, untersucht der medizinische Dienst des Spitzenverbands der Krankenkassen nun schon seit fünf Jahren.

Das Ergebnis der Zwischenbilanz, die der Verband jetzt vorgelegt hat, kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Von den 45 Leistungen fielen 17 glatt durch – hier schätzen die Analysten den zu erwartende Schaden für den Patienten höher ein als den Nutzen. Grundlage für die Untersuchung ist laut Spitzenverband die medizinische Fachliteratur.

Bei 15 weiteren Leistungen sei die Schaden-Nutzen-Bilanz unklar, heißt es. Nur drei Angebote wurden tendenziell positiv bewertet: Die Akupunktur zur Vorbeugung eines Migräne-Anfalls, die Lichttherapie bei einer Winterdepression und die Stoßwellentherapie bei Schmerzen in den Fersen. 

Allerdings konnte keine IGeL-Leistung die Note „positiv“ erlangen. Zwei Leistungen können laut der Untersuchung sogar Schäden verursachen. Das sei zum einen der Lungenfunktionstest, zum anderen das Herz-EKG zur Erkennung einer koronaren Herzkrankheit. Solche „angeblichen Früherkennungsuntersuchungen“ bei Patienten seien zwar sehr beliebt, sie würden aber „am Ende nur eine falsche Sicherheit vortäuschen“, meint MDS-Expertin Michaele Eickermann im Handelsblatt.

Kassenärztliche Bundesvereinigung hält Kritik für „scheinheilig“

„Aus zahlreichen Zuschriften wissen wir, dass sich viele Patienten mit ihrer Entscheidung über eine IGeL-Leistung alleine gelassen fühlen“, wird der Geschäftsführer des MDS, Peter Pick, im Bericht zitiert. Es komme leider immer noch vor, dass Ärzte die Patienten regelrecht unter Druck setzten IGeL-Leistungen zu kaufen. „Das ist nicht hinnehmbar“, so Pick.  

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hält wiederum die Kritik an IGeL für nicht hinnehmbar: „Die Krankenkassen sind hier scheinheilig unterwegs“, sagte KBV-Vorstandschef Andreas Gassen dem Handelsblatt. „Einerseits verteufeln sie IGeL, andererseits bieten einige Kassen als Satzungsleistung selber Leistungen aus dem IGeL-Katalog an, oder finanzieren bedenkenlos homöopathische Verfahren, für die es überhaupt keinen evidenzbasierten Nachweis gibt“, so Gassen. 

 

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort