Helmut Wagner ist Leiter Unfall Vertrag bei der Haftpflichtkasse © Haftpflichtkasse
  • Von Lorenz Klein
  • 21.09.2022 um 12:10
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In den Bedingungen von privaten Unfallversicherungen profitieren Versicherte immer häufiger von einem „erweiterten Unfallbegriff“. Was dahinter steckt, warum es manchmal zu Missverständnissen in der Unfallversicherung kommt und was einen guten Tarif ausmacht, sagt Helmut Wagner, Leiter Unfall Vertrag bei der Haftpflichtkasse, im Interview.

Pfefferminzia: „Jeder Versicherer kann individuell entscheiden, welche Unfallfiktionen er unter dem erweiterten Unfallbegriff in seinen allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung aufführt“, heißt es im Gabler Versicherungslexikon. Wie handhaben Sie bei der Haftpflichtkasse den „erweiterten Unfallbegriff“ in den Bedingungen?

Helmut Wagner: Die Vorstellung eines Versicherungsnehmers darüber, was ein Unfall ist, kann im Fall der Fälle von dem klassischen Unfallbegriff der Versicherer abweichen. Kurzum: Ist eine Beeinträchtigung nicht durch den klassischen Unfallbegriff eingetreten, führt das zu Unverständnis und zu Enttäuschung. Zugleich gilt aber, dass eine umfassende Erweiterung des Unfallbegriffs diese Abweichung weitestgehend schließen kann. Eine umfangreiche Unfallfiktion hilft also, das Kundenverständnis ins Zentrum zu rücken. Bei der Haftpflichtkasse fassen wir die Erweiterung des Unfallbegriffs sehr weit.

Heißt konkret?

Zu nennen sind hier beispielsweise Eigenbewegungen, Vergiftung durch Gase und Dämpfe, allergische Reaktionen, Impfschäden, Flüssigkeits-, Nahrungsmittel-, Sauerstoffentzug, Oberschenkelhalsbruch. Und bitte gestatten Sie, auf einen weiteren Bedingungspunkt aufmerksam zu machen, der auch zu Unverständnis führen kann: Der Ausschluss derjenigen Unfälle, die durch Bewusstseinsstörungen eingetreten sind. Eine Person, die etwa wegen Unterzuckerung stürzt, oder wegen rechtmäßig eingenommener Medikamente einen Verkehrsunfall erleidet, hat kein Verständnis dafür, dass die Unfälle ausgeschlossen sind.

Insofern sind bei der Haftpflichtkasse sind in der Produktlinie „Einfach Komplett“ alle Unfälle aufgrund Bewusstseinsstörungen versichert – es sei denn, die versicherte Person hat mit mindestens 1,6 Promille als Lenker eines Kraftfahrzeuges einen Unfall erlitten, oder ein Unfall ist aufgrund von Drogeneinfluss eingetreten.

Für Versicherte kann es durchaus überraschend sein, dass eine bloße gesundheitliche Beeinträchtigung nach einem Unfall nicht ausreichend ist für den Leistungsbezug. Das meint Constantin Papaspyratos, Unfallexperte vom Bund der Versicherten. Muss das Kernmerkmal einer privaten Unfallversicherung vor diesem Hintergrund in der Beratung noch stärker herausgestellt werden?

Versicherungsprodukte sind vertraglich ausformulierte und beschriebene Leistungsversprechen. Allein mit dem Begriff des einzelnen Versicherungsproduktes erklären sich die Einzelheiten der Leistungsauslöser nicht – das trifft auch auf die Unfallversicherung zu. Allerdings ist es hier so, dass die einzelnen Leistungsarten, wie beispielsweise Invaliditätsleistung, Todesfallleistung, Krankenhaustagegeld und so weiter von Versicherten im Voraus gewählt werden müssen. Heißt also: Die Versicherten beschäftigen sich aktiv während des Auswahlprozesses mit dem Produkt und den Leistungsarten.

Zudem gilt: Die Haftpflichtkasse arbeitet ausschließlich mit freien Versicherungsmaklern zusammen, die ihre Mandanten auch beim Abschluss einer privaten Unfallversicherung umfassend beraten. Abgesehen vom für alle Versicherungsprodukte existierenden Produktinformationsblatt informieren wir ebenfalls beispielsweise auf unserer Homepage zusätzlich über Produktdetails. Zusammengefasst: Unsere Erfahrung ist nicht, dass viele Versicherte hier Lücken in Bezug auf die Invaliditätsleistung haben.

Aber um nochmal auf Ihre Frage zurückzukommen: Es ist zweifelsohne zutreffend, dass die Kernleistung der Unfallversicherung die Invaliditätsleistung ist. Daneben gibt es aber diverse Leistungen, die nicht zwingend eine dauerhafte Beeinträchtigung voraussetzen. Beispielhaft sei hier das Schmerzensgeld, Krankenhaustagegeld, die Bergungskosten, Zahnersatz- und Zahnbehandlungskosten oder auch die Sofortleistung bei schweren Verletzungen genannt. Die Haftpflichtkasse bietet eine Vielzahl solcher invaliditätsunabhängigen Leistungen.

Im aktuellen Morgen & Morgen-Rating zur Unfallversicherung wird nach eigenen Angaben insbesondere „auf sinnvolle Fristen zu Eintritt, Feststellung und Geltendmachung der Invalidität“ geschaut. Inwieweit kann der Versicherer dem Endkunden oder auch dem Makler bei diesen bürokratischen Pflichten behilflich sein?

Sowohl für Endkunden als auch für Makler ist eine Ausweitung der genannten Fristen sehr hilfreich. Wir bieten in unserer Unfallversicherung sehr lange Fristen. Hier reicht es aus, wenn eine Invalidität innerhalb von 24 Monaten eingetreten und innerhalb von 36 Monaten geltend gemacht sowie ärztlich festgestellt wurde. Bei jedem Unfallschaden weisen wir unsere Versicherungsnehmer explizit auf diese Fristen hin.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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