R+V-Chef Norbert Rollinger ist auf Zinne: „Die Bundesregierung hat sich bisher schon sehr damit hervorgetan, Branchen kaputtzumachen. Ob Energieerzeugung, Kohleförderung oder Autoindustrie – jetzt ist offensichtlich die Lebensversicherungsindustrie dran.“ © picture alliance/Christoph Soeder/dpa
  • Von Manila Klafack
  • 22.11.2019 um 13:23
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Die Chefs zweier großer deutscher Lebensversicherer haben sich irritiert gezeigt über die jüngsten Vorschläge des CDU-Politikers Karl-Josef Laumann zur Schaffung einer „Deutschlandrente“. „Ich weiß nicht, wen die CDU damit links überholen will“, sagte R+V-Chef Norbert Rollinger. Ergo-Chef Achim Kassow nannte die Debatte über eine Abschaffung der Riester-Rente „gefährlich“.

Die Lebensversicherer in Deutschland sind nervös. Nach der Riester-Generalabrechnung von Karl-Josef Laumann, Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), sind die Versicherungsvorstände besorgt, dass Laumanns Anti-Riester-Vorschläge die  private Altersvorsorge komplett umkrempeln könnte. Der CDA-Chef fordert mit der „Deutschlandrente“ ein neues Standardprodukt, das unter staatlicher Kontrolle stehen und die Riester-Rente ablösen soll (wir berichteten). Einen entsprechenden Antrag will Laumann auf dem CDU-Parteitag in Leipzig am 22. und 23. November vorlegen.

Achim Kassow, Deutschlandchef der Ergo, warnte nun im Gespräch mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) vor diesem Vorstoß. „Es ist grundsätzlich richtig, dass wir nach der Mütterrente und der Grundrente jetzt auch über weitere Themen der Altersvorsorge diskutieren. Es gibt aber leider kein Gesamtkonzept der Bundesregierung, sondern nur Impulse aus den unterschiedlichen politischen Ecken. Das ist klar zu wenig“, wird Kassow zitiert.

Kassow warnt vor Verunsicherung

Die momentane Diskussion verunsichere die Menschen, findet der Ergo-Deutschlandchef. „Wenn der Staat mit der Deutschlandrente ein eigenes Vorsorgesystem aufstellt, fragen sich doch die mehr als 16 Millionen Menschen, die jetzt bei Riester sind, ob sie künftig zwei Verträge brauchen. Die Bürger können den Euro aber nur einmal ausgeben.“

Weiter kritisiert Kassow, dass doch niemand mehr wisse, was er in punkto Altersvorsorge machen solle. „Das finde ich gefährlich“, so der Manager.

Stattdessen schlägt Kassow vor, das Riester-Modell zu reformieren. Riester sei derzeit zu kompliziert und nicht offen für Selbstständige, kritisierte er. Zudem sei die 100-prozentige-Beitragsgarantie angesichts der Zinsflaute nicht mehr zeitgemäß. „Hier könnte die Politik sehr schnell für spürbare Verbesserungen sorgen“, findet Kassow – und betont: Riester sei das erfolgreichste Modell der Altersvorsorge mit staatlicher Beteiligung.

„So wird ein weiterer tragender Wirtschaftszweig zerstört“

Ganz ähnlich sieht es Norbert Rollinger, Vorstandschef der R+V. Im Interview mit der Aachener Zeitung spricht er sich dafür aus, das Vertrauen in bestehende Systeme zu stärken. Sein Vorschlag für eine Riester-Reform: „Zu jedem Euro, den man investiert, sollten 50 Cent vom Staat dazukommen. Und zwar für jeden. Auch für Selbstständige, die bisher keine Riesterrente haben dürfen. Das wäre eine radikale Vereinfachung.“

Rollinger zeigt sich über den CDA-Vorstoß in hohem Maße irritiert: „Ich weiß nicht, wen die CDU damit links überholen will. Die Bundesregierung hat sich bisher schon sehr damit hervorgetan, Branchen kaputtzumachen. Ob Energieerzeugung, Kohleförderung oder Autoindustrie – jetzt ist offensichtlich die Lebensversicherungsindustrie dran. So wird ein weiterer tragender Wirtschaftszweig zerstört.“

Kritik am staatlichen Zwang zur Altersvorsorge

Neben den Versicherern hat sich auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) kritisch zu den CDA-Vorschlägen geäußert, so etwa zum staatlichen Zwang zur Altersvorsorge (wir berichteten). Denn für Arbeitnehmer würde damit eine zusätzliche Pflichtvorsorge entstehen, die auf eine Beitragserhöhung für Arbeitnehmer ohne Beteiligung der Arbeitgeber hinauslaufe.  Zudem würden Selbstständige und Beamte von dieser Pflicht wieder ausgenommen werden und die Sonderbehandlung der Beamten damit weiter ausgebaut.

 

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Manila Klafack

Manila Klafack war bis März 2024 Redakteurin bei Pfefferminzia. Nach Studium und redaktioneller Ausbildung verantwortete sie zuvor in verschiedenen mittelständischen Unternehmen den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.

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