Oliver Fink, Geschäftsführer von Objective IT © Oliver Fink
  • Von René Weihrauch
  • 19.05.2021 um 10:49
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Antragstellung, Risikoprüfung, Vertragsabschluss – alles aus einem Guss. Oliver Fink, Geschäftsführer von Objective IT, spricht im Interview über den Nutzen von Vergleichsprogrammen und über die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung im Maklerbüro.

Pfefferminzia: Automatisierte Prozesse setzen sich im Versicherungsgeschäft immer mehr durch. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Veränderungen in den vergangenen Jahren?

Oliver Fink: Einmal sicher der automatisierte Abgleich von Vertragsdaten zwischen Versicherungsunternehmen und dem Maklerverwaltungsprogramm. Außerdem setzen sich elektronische Antragsprozesse immer mehr durch, inklusive der Risikoprüfung direkt am Point of Sale. Und natürlich wird auch der Kunde digitaler, angetrieben durch den Trend zum Homeoffice, Onlinemeetings und anderes.

Der digitalisierte Kunde nutzt aber auch vermehrt Online-Vergleichsrechner. Wie bleiben Makler gegenüber der Konkurrenz aus dem Netz konkurrenzfähig?

Indem sie die Initiative ergreifen und ihre Kunden aktiv ansprechen, bevor die bei Check24 und Co. eine Versicherung abschließen. Das A und O ist aus meiner Sicht die Spezialisierung. In Zukunft wird es stark darauf ankommen, auf einem Spezialgebiet fundierte Fachkenntnisse zu haben. Vergleichsplattformen suggerieren Nutzern, dass sie dort alle Informationen bekommen, die sie brauchen, und sie ermöglichen einen einfachen Abschlussprozess. Ob die Police letztlich etwas taugt, ist aber eine ganz andere Frage.

Als Vermittler muss ich mich so positionieren, dass der Kunde zuerst an mich denkt, bevor er auf eine der Plattformen geht – weil er weiß, dass er bei mir bessere und umfassendere Informationen zum Produkt bekommt und nicht nur einen schnellen Abschluss. Hinzu kommt, dass Vermittler auch einen vergleichbaren Service liefern müssen. Stichwort digitale Beratung, darüberhinausgehend auch die persönliche Ansprache und einiges mehr. Leider kommen viele Makler nicht mehr dazu, sich mit solchen Themen zu beschäftigen, weil sie den Joballtag mit prozessualen und organisatorischen Arbeiten vollgepackt haben.

Inwiefern können Vergleichsprogramme wie Levelnine Maklern dabei helfen – welche Vorteile gibt es?

Levelnine liefert zum Beispiel schnell und übersichtlich Informationen zu Versicherungsprodukten, die sonst nicht oder nur schwer zugänglich sind. Makler können ihre Kenntnisse zu Vor- und Nachteilen von Produkten zeitnah erweitern. Dieses Wissen hilft Vermittlern, sich beim Kunden zu profilieren. Außerdem profitieren Makler von einer enormen Zeitersparnis, da Abschlüsse direkt aus dem Programm möglich sind, inklusive Risikoprüfung. Von der Vergleichsberechnung bis zum Online-Antrag dauert es in der Regel nicht länger als drei oder vier Minuten. Anschließend gibt es keine Rückfragen mehr. Das System prüft automatisch alle Daten, auch über eine Plausibilitätsprüfung, sodass Flüchtigkeitsfehler vermieden werden. Und: Weil das System auch auf Lücken im Produkt hinweist, sinkt das Haftungsrisiko.

Dennoch: Ist der Bereich Krankenversicherung nicht zu sensibel, um die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung eines Antrags einer Maschine, einer künstlichen Intelligenz, zu überlassen?

Das hängt stark von der Komplexität des Produktes und der Risikofragen ab. Werden nur wenige Fragen gestellt, die zudem einfach zu beantworten sind – wie bei der Zahnzusatzversicherung – ist es egal, ob das der Mensch oder die Maschine übernimmt. Weil es keinen Spielraum gibt. Da ist der Einsatz von EDV-gestützten Produkten sicher sinnvoll. Es kommt aber noch etwas hinzu: Menschen entscheiden nicht immer objektiv, sondern lassen subjektive Erfahrungen einfließen. So können auch Kunden „durchrutschen“, die eine bestimmte Police eigentlich nicht bekommen sollten. Schön für den Kunden, aber womöglich schlecht für die Schadenstatistik. Bei komplexeren Produkten, etwa einer Krankenvollversicherung, stoßen solche Systeme aber irgendwann an ihre Grenzen.

Kritiker bemängeln, der Trend zu immer mehr Dunkelverarbeitung gehe zu Lasten der Individualität. Was entgegnen Sie?

Da muss klargestellt werden, zu wessen Lasten es geht und wo genau Individualität vermisst wird. Sicher werden Arbeitsplätze überflüssig, die bisher Anträge für Zahnzusatzversicherungen manuell gesichtet und dann kommuniziert haben. Aber das ist nun mal eine aussterbende Spezies. Bei standardisierten Produkten wird es in Zukunft nicht anders gehen. Da eine Maschine hier in der Regel nicht anders entscheidet als ein Mensch, kann ich nicht erkennen, warum dadurch Individualität verloren gehen soll.

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René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

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