Ein Arzt während einer Herz-OP. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 09.06.2015 um 09:51
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Kunden, die in den Standardtarif der Unisex-Welt eines PKV-Versicherers wechseln wollen, haben in der Regel Pech. Denn es gibt ihn einfach nicht. Schuld daran hat vor allem der PKV-Verband, ist KV-Profi Thorulf Müller überzeugt. Weshalb hier gemauert wird und was Müller fordert, lesen Sie in seinem Kommentar.

Die Mitgliedsunternehmen des PKV-Verbands, also die PKV-Versicherer, versuchen aktuell Bestandskunden, die in Bisex-Tarifen versichert sind, in Geiselhaft zu nehmen beziehungsweise ihnen die erworbenen Rechte vorzuenthalten.

Uns liegen Schriftsätze von Krankenversicherungen vor, in denen klar gesagt wird, dass Kunden, die in Unisex-Tarife wechseln nicht in den Standardtarif wechseln können.

Aussagen der Versicherer

„Kunden, die in einem Tarif der U-Welt versichert sind, können nicht in den Standardtarif wechseln. Aktuell gibt es den Standardtarif in der Unisex-Variante noch nicht.“

„Daraus folgt zwingend, dass die Rückkehr in die Bisex-Welt, also auch den Standardtarif verschlossen bleibt.“

Rechtsgrundlage

Die Versicherer berufen sich auf den letzten Satz in § 204 Abs. 1 Nr. 1 VVG:

„Ein Wechsel aus einem Tarif, bei dem die Prämien geschlechtsunabhängig kalkuliert werden, in einen Tarif, bei dem dies nicht der Fall ist, ist ausgeschlossen.“

Dieser Satz wurde im Zuge der Umsetzung der Unisex-Regelungen in § 204 VVG aufgenommen.

Was der Gesetzgeber wollte, steht in der Bundestags-Drucksache 513/12 vom 31. August 2012.

Zu Nummer 4 (Änderung des § 204 VVG)
Zu Buchstabe a
Die Änderung schließt den Wechsel aus einem Tarif, der im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. März 2011 (Rechtssache C-236/09) geschlechtsunabhängig kalkuliert wurde, in einen herkömmlichen, das heißt unter Berücksichtigung des Geschlechts kalkulierten Tarif aus. Wäre der Tarifwechsel weiter unbeschränkt möglich, könnten Versicherungsnehmer in den Tarif wechseln, der für Versicherungsnehmer ihres Geschlechts die jeweils günstigeren Konditionen bietet. Dies würde nicht nur die Kalkulation der Tarife deutlich erschweren, sondern widerspricht auch dem Geist des genannten Urteils, nach dem sich das Geschlecht gerade nicht mehr auf die Höhe der Prämie und den Leistungsumfang auswirken soll. Das heißt auch, dass der Tarifwechsel aus der „alten“ in die „neue“ Tarifwelt, in der sich das Geschlecht auf die Prämie und den Leistungsumfang nicht mehr auswirkt, möglich sein muss; der Rückwechsel ist dagegen ausgeschlossen.

Einmal Unisex, immer Unisex. Das ist absolut richtig aber eben nicht das, worum es hier geht.

Ist die Umstellung in den Standardtarif ein Tarifwechsel nach § 204 VVG?

Die erste Frage ist, ob denn der Wechsel in den Standardtarif ein Tarifwechsel ist oder nicht?

Der Tarifwechsel ist in § 204 VVG geregelt und wurde vom PKV-Verband in § 1 Abs. 6 der MBKK übernommen. Da stellt sich die Frage, wieso der Wechsel in den Basistarif und den Standardtarif dann gesondert zu regeln ist?

Der Wechsel in den Basistarif oder den Standardtarif ist meines Erachtens eben kein Tarifwechsel. Man erkennt das alleine daran, dass versicherte Personen nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in diese Tarife wechseln können, während der Versicherer bei einem Tarifwechsel eben nur eine Mehrleistung ausschließen oder einen versicherungsmedizinischen Zuschlag verlangen darf.

Im Gegensatz zum klassischen Tarifwechsel nach § 204 VVG, kann also der Versicherer den Wechsel in den Standardtarif / Basistarif ablehnen und deswegen sind diese Rechte in § 19 und 20 MBKK geregelt.

MBKK § 19 Wechsel in den Standardtarif
(1) Der Versicherungsnehmer kann verlangen, dass versicherte Personen seines Vertrages, die die in § 257 Abs. 2a Nr. 2, 2a und 2b SGB V in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung genannten Voraussetzungen erfüllen, in den Standardtarif mit Höchstbeitragsgarantie wechseln können. Zur Gewährleistung dieser Beitragsgarantie wird der in den technischen Berechnungsgrundlagen festgelegte Zuschlag erhoben. Neben dem Standardtarif darf gemäß Nr. 1 Abs. 5 und Nr. 9 der Tarifbedingungen für den Standardtarif für eine versicherte Person keine weitere Krankheitskostenteil- oder -vollversicherung bestehen. Der Wechsel ist jederzeit nach Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen möglich; die Versicherung im Standardtarif beginnt zum Ersten des Monats, der auf den Antrag des Versicherungsnehmers auf Wechsel in den Standardtarif folgt.
(2) Absatz 1 gilt nicht für ab dem 1. Januar 2009 abgeschlossene Verträge.

MBKK § 20 Wechsel in den Basistarif
Der Versicherungsnehmer kann verlangen, dass versicherte Personen seines Vertrages in den Basistarif mit Höchstbeitragsgarantie und Beitragsminderung bei Hilfebedürftigkeit wechseln können, wenn der erstmalige Abschluss der bestehenden Krankheitskostenvollversicherung ab dem 1. Januar 2009 erfolgte oder die versicherte Person das 55. Lebensjahr vollendet hat oder das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, aber die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt und diese Rente beantragt hat oder ein Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen oder vergleichbaren Vorschriften bezieht oder hilfebedürftig nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ist. Zur Gewährleistung dieser Beitragsbegrenzungen wird der in den technischen Berechnungsgrundlagen festgelegte Zuschlag erhoben. § 19 Abs. 1 Satz 4 gilt entsprechend.

Der Wechsel in den Standardtarif oder den Basistarif ist aus unserer Sicht kein Tarifwechsel. Die Grundsätze zum Thema „Unisex“ gemäß § 204 VVG können wir aber beim Basistarif anwenden, weil es den Basistarif sowohl in Bisex- als auch in Unisex-Varianten gibt. Den Standardtarif gibt es nicht in der Unisex-Variante.

Grundsätzlich sei darauf hingewiesen, dass es Urteile gibt, die den Wechsel in den Standardtarif als Tarifwechsel bewerten.

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