Hans-Werner Sinn. Der langjährige Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung hier bei einem Fernsehauftritt im März 2020. © picture alliance / rtn - radio tele nord | rtn, ulrike blitzner
  • Von Lorenz Klein
  • 26.04.2022 um 15:36
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Stehen wir erst am Anfang einer negativen Wohlstandsentwicklung? „Ja, so ist das“, entgegnet der Ökonom und langjährige Ifo-Chef Hans-Werner Sinn in einem Interview. Darin prognostiziert er, dass die guten Zeiten über die nächsten 15 Jahre hinaus vorbei seien, ruft die Bürger zur privaten Vorsorge auf – und kritisiert die Riester-Rente.

Im Angesicht von Krieg und Preisexplosion sorgen sich viele Deutsche um ihren Lebensstandard – und das völlig zu Recht, wie der Top-Ökonom und langjährige Ifo-Chef Hans-Werner Sinn in einem Interview mit dem „Münchner Merkur“ meint. Ob die guten Zeiten in Deutschland „für die nächsten zehn, 15 Jahre vorbei“ seien, will die Zeitung von Sinn wissen – seine Antwort direkt und hart: „Nicht nur für die nächsten 15 Jahre, sondern für eine längere Periode.“ Das liege zum einen daran, so Sinn, „dass die Grünen uns die billige Energie ohnehin abstellen wollen“, aber zum anderen an der Überalterung der Gesellschaft.

Deutschland stehe „erst am Anfang einer negativen Wohlstandsentwicklung“, bejaht der Ökonom eine weitere Frage des „Merkurs“. Dass es so kommen werde, sei aber nicht neu, betont Sinn. „Wissenschaftler prognostizieren das schon lange, doch ist der öffentliche Diskurs zu kurzatmig, um das zu hören“, moniert der ehemalige Ifo-Chef mit Blick auf die demografischen Probleme, die „überhandnehmen“. So verweist er auf die Baby-Boomer, die heute 56- bis 60-Jährigen, die bald in Rente gehen: „Hinter dieser Bevölkerungskohorte kommen nicht mehr allzu viele neue Menschen nach.“ Deutschland habe ein „riesiges Versorgungsproblem, weil die Arbeitsbevölkerung wegbricht“.

„Sorgt selber für euch“

„Sorgt selber für euch“, ruft Sinn vor diesem Hintergrund die Bundesbürger auf. „Glaubt nicht daran, dass der Staat das schafft.“ Denn der Staat werde „heillos überfordert sein mit den sozialpolitischen Aufgaben“. Die sozialen Sicherungssysteme seien nicht in der Lage, die Entwicklung des Lebensstandards so fortzuführen, wie wir es gewohnt seien, fährt der Ökonom fort. „Je früher das jeder erkennt, desto mehr wird er Vorsorge betreiben für die späteren Lebensjahre“, so die Hoffnung des Wissenschaftlers.

Riester-Rente „viel zu mickrig und mit viel zu vielen Fehlern behaftet“

Zugleich macht Sinn klar, dass er die Riester-Rente künftig nicht als Teil der Lösung sieht, denn diese sei „viel zu mickrig und mit viel zu vielen Fehlern behaftet“, wie er meint. „Es hätte attraktive Sparformen geben müssen“ als die Riester-Rente, ist der Ökonom überzeugt. Und weiter: „Hätte man auf Aktien statt auf festverzinsliche Anlagen gesetzt, hätte aus Riester ein erkleckliches Vermögen entstehen können. Norwegen macht uns mit seinem Staatsfonds vor, wie erfolgreich eine Aktienstrategie sein kann. Festverzinsliche Anlagen gelten als mündelsicher, doch bei einer Inflation sind gerade sie extrem gefährdet.“

Für junge Menschen hat Sinn außerdem noch diesen Rat parat:

„Besinnt euch auf traditionelle Familienbilder, seht zu, dass ihr Kinder habt, damit ihr mit diesen Kindern alt werden könnt. Der Zusammenhalt in der Familie wird angesichts der Schwierigkeiten des Staates immer wichtiger werden.“

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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