KVProfi Thorulf Müller ©
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  • 17.09.2014 um 15:54
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KVProfi Thorulf Müller findet, dass Arbeitskraftabsicherung ein wichtiges Thema ist. Er bemängelt aber, dass dabei das Krankentagegeld eine zu untergeordnete Rolle spielt – und dass die abgesicherte Leistung oft zu gering ist.

Von Thorulf Müller

Immer wieder im Fokus von Versicherungsvermittlern ist die Arbeitskraftsicherung. Grundsätzlich ist das ein wichtiges Thema. Es gibt über 42 Millionen erwerbstätige Personen in Deutschland und nur rund 17 Millionen BU-/EU-Verträge, wobei einige Personen wohl auch mehr als einen Vertrag haben.

Für mich persönlich gibt es aber einen sehr wesentlichen Baustein der Arbeitskraftsicherung, der kaum bedient wird: die Einkommenslücke nach Ende der Entgeltfortzahlung (in der Regel ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit). Laut Zahlenbericht des PKV-Verbandes 2012 beträgt die Zahl der Verträge etwas über 3,6 Millionen – davon mit Vollversicherung etwa 2 Millionen und davon 65 Prozent Arbeitnehmer.

Und was mir in meiner Arbeit beim Versicherungsberater VersSulting auch sehr oft auffällt ist, dass die Krankentagegelder der PKV-Vollversicherten Personen sehr oft zu niedrig abgesichert sind.

Berufsgruppen

1.    Arbeitnehmer

Hier wären PKV- und GKV-Versicherte zu unterscheiden. Bei den GKV-Versicherten Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze KV (BBG KV) beziehungsweise mit Einkommen über BBG KV.

2.    Gewerbetreibende (Selbstständige)

Neben der Problematik der Definition des Nettoeinkommens stellt sich die Frage des Mindestschutzes insbesondere bei Existenzgründern. Ein weiteres Thema könnten fortlaufende Kosten sein, die ja Betriebsausgaben und nicht Gewinn darstellen.

3.    Freie Berufe

Was ein freier Beruf ist, ist in Paragraf 18 EStG definiert. Die Versicherungsfähigkeit der Tagegelder für freie Berufe weicht davon aber teilweise ab. Hier ist also nicht der „juristisch“ korrekte Begriff, sondern die Definition des Versicherers zu beachten.

4.     Künstler, Journalisten und andere Personen, die dem KSVG (Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten) unterliegen

Diese Berufsgruppe hat einen Anspruch gegen die GKV ab dem 43. Tag. Wie schließt man sinnvoll die Lücke bis zum 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit?

Lösung: Wahltarife der GKV beziehungsweise spezielle Gruppenversicherungsverträge.

5.    Geschäftsführer Gesellschafter einer juristischen Person und Vorstände

Beginnend bei der Frage, ob es überhaupt eine Entgeltfortzahlung gibt, beziehungsweise sie vertraglich vereinbart ist, ergeben sich insbesondere bei kleineren GmbH- und UG-Konstruktionen Fragen. Zum Beispiel wie die Entgeltfortzahlung versichert wird.

6.    Unständig Beschäftigte

Unständig Beschäftigte sind von ihrem Berufsbild ohne festes Arbeitsverhältnis. Sie sind nicht ständig beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt und arbeiten weniger als sieben Kalendertage am Stück. Unständig Beschäftigte sind beispielsweise Schauspieler, die drei Tage bei einer Filmproduktion mitwirken, oder Journalisten, die in vier Tagen eine Reportage schreiben. Wenn Sie als Arbeitgeber ermitteln, ob weniger als sieben Kalendertage vorliegen, zählen Sie auch die arbeitsfreien Samstage, Sonn- und Feiertage mit. Es ist egal, wie viele Stunden der Beschäftigte an einem Tag arbeitet.

Von einer berufsmäßigen unständigen Beschäftigung spricht man, wenn sie den wirtschaftlichen und zeitlichen Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bildet. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer dem Job nur gelegentlich oder nebenher in einem Zeitraum von weniger als einer Woche nachgeht. Hier handelt es sich eventuell um eine geringfügige Beschäftigung. Quelle: TK

Lösung: Wahltarife der GKV

7.    Minijobber

Haben keinen Anspruch auf Krankengeld gegenüber der GKV. Hier gibt es aktuell keine Lösung.

8.    Expats/Impats

Kalkulation

Die Krankengelder sind nach Art der Lebensversicherung kalkuliert.

Nach Art der Lebensversicherung bedeutet, dass eine Alterungsrückstellung gebildet wird. Das bedeutet nicht, dass für jeden Versicherten eine Ansparung in Höhe seiner zukünftigen Kosten erfolgt, sondern dass der zukünftige Schadenbedarf der heute Versicherten eines Geburtsjahrgang unter Berücksichtigung der Vererbung gebildeter Alterungsrückstellungen wegen Kündigung / Beendigung des Vertrages Berücksichtigung findet.

Wird diese kalkulierte Vererbung nicht realisiert, müssen die Kunden die fehlende Ansparung zu einem späteren Zeitpunkt und in einer kürzeren Zeitspanne, nachholen.

Mir sind, außer Expat-/Impat-Produkte, aktuell keine Krankengeldversicherungen bekannt, die nach Art der Schadenversicherung kalkuliert sind.

Absicherungshöhe

Laut den MBKT 2009 des PKV-Verbandes (das findet sich analog in unternehmenseigenen AVB und auch den alten MBKT) ist das Nettoeinkommen folgendermaßen definiert, Änderungen sind unverzüglich mitzuteilen und der Versicherer kann seine Versicherungsleistung bei Kenntnis reduzieren (Paragraf 4 MBKT, Absatz 2 bis 4):

(2) Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht.

(3) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, dem Versicherer unverzüglich eine nicht nur vorübergehende Minderung des aus der Berufstätigkeit herrührenden Nettoeinkommens mitzuteilen.

(4) Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, dass das Nettoeinkommen der versicherten Person unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist, so kann er ohne Unterschied, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder nicht, das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen. Bis zum Zeitpunkt der Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt. Dieser Punkt ist unter dem Gesichtspunkt der Berufsgruppe zu betrachten.

1.    Arbeitnehmer, PKV-Vollversichert

Das Nettoeinkommen ergibt sich aus der Abrechnung des Arbeitgebers. Versichert werden sollte das Nettoeinkommen, das den Beitrag zur PKV (KKV/PPV) inklusive Arbeitgeber-Zuschuss beinhaltet. Zusätzlich sollten die Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung (DRV) abgesichert werden. Die Beiträge an die DRV sind auf Antrag freiwillig weiter zu zahlen. Wichtig ist, dass der Antrag vor dem Ende des Kalenderjahres gestellt wird. Der freiwillige Beitrag sollte 80 Prozent der bisherigen Beiträge (inklusive Arbeitgeber-Anteil) betragen.

Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden pauschal von der PKV abgeführt.

Der Bezug von Krankentagegeld aus einem privaten Versicherungsvertrag durch Angestellte und Arbeiter löst grundsätzlich Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung aus. Im Unterschied zu den für die GKV geltenden Regelungen zahlen jedoch nicht die einzelnen Arbeitnehmer, sondern die Unternehmen der privaten Krankenversicherung den gesamten Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zugunsten der bei ihnen vollversicherten Arbeitnehmer, ohne dass es hier zu einer Mitwirkung der Versicherten bedarf. Der Betrag wird direkt an die Bundesagentur für Arbeit überwiesen.

Quelle: Der private Krankenversicherungsschutz im Sozialrecht, Stand Januar 2009

2.    Arbeitnehmer, gesetzlich versichert mit Einkommen über BBG KV

Das Nettoeinkommen ergibt sich aus der Abrechnung des Arbeitgebers. Versichert werden sollte die Differenz zwischen dem Krankengeld der GKV und dem tatsächlichen Nettoeinkommen.

Das Krankengeld der GKV beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettoverdienstes (Paragraf 47 SGB V). Der geringere dieser beiden Werte wird um die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung (Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung gegebenenfalls Zuschlag für Kinderlose in der Pflege, gegebenenfalls Zusatzbeitrag GKV) gekürzt. Dabei werden die entsprechenden Beiträge direkt von den Zahlungen abgezogen.

Wir bieten für unsere Kunden auf www.derKVProfi.de ein entsprechendes Berechnungstool an.

3.    Arbeitnehmer, gesetzlich versichert, Einkommen unter BBG KV

Das Nettoeinkommen ergibt sich aus der Abrechnung des Arbeitgebers. Versichert werden sollte die Differenz zum Krankengeld der GKV.

4.    Selbstständige/Freie Berufe in der GKV

Das Nettoeinkommen ergibt sich aus dem Einkommensteuergesetz (EStG): Gewinn nach Steuern aus Einnahmeüberschussrechnung oder Betriebsvermögensvergleich.

Ideal ist eine Regelung, die auf den Gewinn vor Steuern abstellt.

5.    Selbstständige/Freie Berufe in der PKV

Das Nettoeinkommen ergibt sich aus dem Einkommensteuergesetz (EStG). Gewinn nach Steuern aus Einnahmeüberschussrechnung oder Betriebsvermögensvergleich.

Ideal ist eine Regelung, die auf den Gewinn vor Steuern abstellt.

6.    Besonderheit GGF einer GmbH, einer Unternehmergesellschaft oder sonstiger Kapitalgesellschaften

Geschäftsführer sind eigentlich angestellt und erhalten Gehalt. Es gibt aber auch Geschäftsführer, die nur Gewinne entnehmen.

Der zweite Fall ist nicht richtig und sollte eigentlich in Abstimmung mit dem Steuerberater / Wirtschaftsprüfer verändert werden.

Im ersten Fall ist eine Entgeltfortzahlung vereinbart, die mindestens sechs Wochen beträgt. Es gab für die Entgeltfortzahlung der GmbH an seinen Geschäftsführer Versicherungskonzepte bei der DKV, der Continentale und der Halleschen. Bei der DKV ist der Tarif TL in Unisex überführt worden.

7.    Vorstände einer AG oder anderer Kapitalgesellschaften

Vorstände haben sehr oft zeitlich begrenzte Verträge, die keine Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit vorsehen. Die vereinbarten Beträge werden regelmäßig ausgezahlt. Grundsätzlich sind die Verträge auf Besonderheiten zu prüfen.

8.    Fortlaufende Kosten

Die Absicherung fortlaufender Kosten erfolgt über entsprechende Sachversicherungen. Zum Beispiel Generali EKS, und so weiter.

Die DKV verspricht in Ihren Gruppenversicherungsverträgen, dass fortlaufende Kosten eines Freiberuflers zum versicherbaren Nettoeinkommen zählen. Das sollte man sich aber jedes Mal bestätigen lassen.

Den zweiten Teil des Berichts mit Müllers Einschätzung zur Wichtigkeit einzelner Leistungsausprägungen lesen Sie kommende Woche auf pfefferminzia.de

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