Lars Golatka ist Bereichsvorstand bAV der Zurich Gruppe Deutschland und Vorstandsvorsitzender der Deutscher Pensionsfonds AG © Zurich
  • Von Oliver Lepold
  • 01.09.2020 um 11:27
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Inwieweit ist das 2018 eingeführte Betriebsrentenstärkungsgesetz für Makler in der Vermittlung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) hilfreich? Lars Golatka, Bereichsvorstand bAV der Zurich Gruppe Deutschland, erläutert Vorteile und Knackpunkte aus seiner Sicht.

Pfefferminzia: Welche Trends sehen Sie in der Branche bei der betrieblichen Altersversorgung? Gibt es hier wesentliche neue Produktmerkmale?

Lars Golatka: Es ist sehr viel Bewegung in den bAV-Markt gekommen. Die Niedrigzinsphase und die Digitalisierung machen es nötig, aber auch möglich, etwas zu verändern. Das beschäftigt nicht nur die Versicherer, sondern auch Makler und Arbeitgeber. Je schwieriger und differenzierter die Produktwelt wird, desto mehr legen die Makler Wert auf stabile und einfache Lösungen und zugehörige Services. Das nehmen wir derzeit sehr stark wahr. Daher sehe ich einen Trend, die bAV noch stärker zu vereinfachen und Maklern zu helfen, die Komplexität im Beratungs- und Abschlussprozess zu senken. Zudem werden im Mittelstand häufig Zusatzthemen wie der Hinterbliebenenschutz nachgefragt. Und natürlich hat das Betriebsrentenstärkungsgesetz( BRSG) zu einem durch die Politik initiierten bAV-Schub geführt. Durch die BRSG-Neuerungen etwa für Geringverdiener ergibt sich für Makler eine größere Bandbreite an Beratungsansätzen.

Brauchen wir weiterhin fünf verschiedene Durchführungswege in der bAV?

Nach meiner Vorstellung ganz sicher nicht. Aber solange sich die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht verändern, wird es bei den Fünf bleiben. Wenn der Gesetzgeber diese vereinfachen würde, könnten wir – neben der Direktzusage – mit zwei Durchführungswegen – dem Pensionsfonds und der Direktversicherung – ganz hervorragend auskommen. Die Pensionskasse zum Beispiel bietet aus unserer Sicht keinen echten Mehrwert zur Direktversicherung. Denn diese ist der Favorit der Makler, das wird im Themenfeld der klassischen Entgeltumwandlung auch weiterhin so bleiben. Wenn nun das Sozialpartnermodell über tarifvertragliche Lösungen ins Laufen kommt, werden wir sicher auch noch mehr Pensionsfonds sehen, die regelmäßig Beiträge erhalten. Im Moment ist dort das klassische Einmalbeitragsgeschäft dominierend.

Welchen Effekt hatte das BRSG auf die Verbreitung der bAV?

Das Thema Arbeitgeberzuschuss – 15 Prozent in den Jahresstaffeln – hat einen großen Schub ausgelöst, weil sich viele Arbeitgeber sehr intensiv damit auseinandergesetzt haben. Dadurch kommen neue positive Diskussionen in Gang. Wir sehen das BRSG als einen großen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch bestehen immer noch Hemmnisse, etwa die Frage, ob spitz abgerechnet wird oder nicht. Bei der Geringverdiener-Förderung wurde bereits nachgebessert. Die Rahmenbedingungen sind auch mit BRSG immer noch zu komplex. Mit dem Sozialpartnermodell hat der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Beispiel: Garantieverbot. Die Chance auf deutlich höhere, aber nicht garantierte Zielrenten stößt weiterhin auf Skepsis und Zurückhaltung.  Aus meiner Sicht fehlt es hier unter anderem an Klarheit für die Sozialpartner hinsichtlich ihrer Rolle bei der Durchführung und Steuerung des Sozialpartnermodells. Das betrifft insbesondere ihre Mitwirkung an der Kapitalanlage. Was ist wirklich die Mitwirkungspflicht der Sozialpartner und insbesondere auch der Gewerkschaften? Da sehen wir noch eine gewisse Sorge und Angst – hier ist die Politik gefordert.

Wie beurteilen Sie das Sozialpartnermodell und die Angebote dazu auf dem Markt?

Kleine und mittelgroße Unternehmen sind zu drei Vierteln nicht tarifgebunden, die Zielrichtung des Sozialpartnermodells ist daher nicht konsequent genug, da muss nachgearbeitet werden. Es gab anfangs noch die Hoffnung von Flächentarifverträgen, an die sich kleinere Unternehmen anschließen würden. Das hat sich nicht realisiert. Wir haben durchaus Anfragen für unser Angebot der Deutschen Betriebsrente von mittelgroßen Unternehmen. Die würden das Modell eigentlich gerne umsetzen, aber es funktioniert für sie nicht. Insgesamt bewegt sich noch zu wenig. Arbeitgeber und Arbeitnehmer brauchen eine klare verlässliche Linie, keinen politischen Zickzack-Kurs. Wir brauchen einfach noch viel mehr Vertrauen in die Rahmenbedingungen. Dazu benötigen wir einen fertigen Tarifvertrag zum Sozialpartnermodell. Wir sind bereit uns an einem solchen Piloten zu beteiligen, wenn dieser dann auch als Blaupause verwendet werden kann.

Warum ist hier ist ein Oligopol weniger Angebote von Konsortien mit wenig Wettbewerb entstanden?

Wir haben damals überlegt, ob wir ein Sozialpartnermodel allein gestalten. Aber die Gewerkschaften wollten für den Fall, dass sich ein Anbieter aus dem Segment zurückziehen würde, eine Sicherheit, dass das Angebot weiter aufrechterhalten werden kann. Ein Konsortialpartner unter vielen lässt sich einfacher ersetzen. Und ein gemeinsam von mehreren Partnern gestaltetes Modell hat Vorteile in der Modularität, jeder Partner bringt bestimmte Segmente in das Konsortium mit ein. Die Kapitalanlage lässt sich dann auch leichter austauschen.

Sind nun mehr Makler geneigt, das Thema bAV in ihr Beratungsportfolio aufzunehmen? Sind alte Vorurteile abgeräumt, dass die bAV zu komplex, zu langwierig, zu haftungsproblematisch sei?

Die Makler sehen, dass die Relevanz der bAV-Beratung durch das BRSG gestiegen ist. Als Anbieter sind wir in dieser Situation gefordert, dem Makler seine Arbeit zu erleichtern, indem wir Zugang zu Produkten bieten, die dem Kunden passgenau und einfach zu erklären sind und über eine lange Betreuungsfrist vernünftig und einfach durchlaufen.

Die Welt für den Makler kann deutlich einfacher sein, wenn er sich auf die richtigen Themen konzentrieren kann und die richtige Unterstützung von seinen Produktpartnern bekommt. Das ist sicher besser als noch vor fünf Jahren.

Aber Makler brauchen sicher je nach Erfahrung verschiedene Unterstützung?

Wir unterstützen die Makler von jeher individuell und setzen zunehmend auf digitale Prozesse, um die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt und dann die richtige Nachfrage zu stellen. Der Makler muss sich sicher fühlen mit dem Prozess und dem Ergebnis, er muss einen Spagat hinbekommen zwischen guter Beratung und der Vermeidung einer Überforderung beim Kunden. Es ist wichtig, dass es dabei nicht nur bei einer nachvollziehbaren Abschlussstrecke bleibt, sondern auch die anschließende Verwaltung der bAV abgedeckt ist.

 

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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