Gerd Güssler ist Geschäftsführer des Analysehauses KVpro.de. © KVpro.de
  • Von Redaktion
  • 27.01.2016 um 08:46
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Gerd Güssler, Geschäftsführer des Analysehauses KVpro.de, über Altersrückstellungen, medizinischen Fortschritt und die Möglichkeiten der Versicherer, Beitragsentwicklungen im Griff zu behalten.

Herr Güssler, seit dem Jahr 2000 zahlen Neuversicherte in der privaten Krankenversicherung einen gesetzlichen Zuschlag von 10 Prozent, um steigende Beiträge im Alter besser ausgleichen zu können. Kann diese Maßnahme Beitragssteigerungen komplett auffangen?

Gerd Güssler: Die Altersrückstellungen sind ein Finanzierungsinstrument. Diese Maßnahme wurde von der damaligen Grünen-Gesundheitsministerin Andrea Fischer eingeführt. Den Zuschlag zahlen übrigens nur Versicherte, die zwischen 21 und 60 Jahre alt sind und nur auf ambulante, stationäre und Zahntarife. Ab dem 65. Lebensjahr werden die Altersrückstellungen dazu verwendet, anstehende Beitragssteigerungen zu deckeln. Dennoch werden wahrscheinlich zusätzliche Anpassungen notwendig sein. Das hängt von der Entwicklung des Versichertenkollektivs ab. Am meisten profitieren langjährig Versicherte, die sehr jung in die PKV gegangen sind. Bei ihnen wirkt das Instrument.

Wie sieht es mit den Leistungen aus? Worauf muss der Makler achten, damit er dem Kunden den für ihn passenden Tarif empfiehlt?

Das Produkt muss passen und es muss existenzielle Risiken erkennen und absichern. Dafür muss der Makler die Leistungsaussagen genau verstehen. Es kommt auf die Tarifqualität an. Ob es für den Versicherten ein Ein- oder Zweibettzimmer sein soll, ist ein Komfortmerkmal. Das kann für den einzelnen wichtig sein, aber existenziell ist es nicht. Was wichtig ist, das muss der Makler erkennen. Deshalb darf ein Makler nicht nur fragen „Leistet der Tarif?“, sondern „Was leistet er?“. Zahlt die Versicherung beispielsweise „solange die Behandlung nötig ist“ oder gibt es zeitliche Einschränkungen und der Versicherte trägt am Ende die Hälfte des Krankenhausaufenthalts selbst? Das kann sich schon existenzgefährdend auswirken. Kurz gesagt, der Makler sollte den Inhalt der Versicherungsbedingungen verstehen.

Kann ein Makler durch einen Blick in die Bilanz des Versicherers feststellen, ob mit Beitragssteigerungen zu rechnen ist?

Er kann zumindest feststellen, wie der Versicherer wirtschaftlich dasteht. Das erkennt er an der Höhe der Rückstellungen für geplante Beitragsrückerstattungen, der sogenannten RfB-Quote. Je höher sie ist, desto leichter können steigende Beiträge in Zukunft begrenzt werden. Darüber aber entscheidet der Vorstand. Er kann, aber er muss die Rückstellungen nicht dafür einsetzen. Aus Wettbewerbsgründen wird er es aber wahrscheinlich tun.

Leistung kostet. Wie können Kunden und Makler dennoch an Beitrag sparen?

Der Kunde spart am meisten, wenn er von Beginn an nicht zu wenig zahlt. Man kann sich hier gut an den Beitragshöhen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) orientieren. Ein PKV-Tarif, der nur halb so teuer ist, kann nicht genauso gut oder sogar besser als die GKV  sein. Wie gut ihr Tarif ist, merken Versicherte aber erst im Leistungsfall.

Was können Versicherer tun, um Kostensteigerungen möglichst gering zu halten?

Im Prinzip hat ein Versicherer drei Möglichkeiten: Er kalkuliert sehr konservativ und setzt nicht nur aus Wettbewerbsgründen auf günstige Beiträge. Wenn ein Anbieter die Prämien um 150 bis 200 Euro erhöhen muss, dann war der Tarif die ganze Zeit zu günstig kalkuliert. Des Weiteren sollte er keine Angst davor haben, Risikozuschläge zu verlangen. Auch wenn er dann nicht jeden Antrag annehmen kann. Sonst ist die Beitragsanpassung vorprogrammiert. Drittens kann er darauf achten, möglichst große Kollektive zu bilden. Damit hält er seine Risiken gering.

Nicht nur die demografische Entwicklung auch der medizinisch-technische Fortschritt ließ die Beiträge in der Vergangenheit immer weiter steigen. Kann die PKV das auch künftig finanzieren?

Das kann sie. Der Versicherer gibt seinen Kunden ein Leistungsversprechen. Verbessern sich die möglichen Leistungen durch medizinischen Fortschritt und werden teurer, dann darf und muss er seine Beiträge erhöhen. Die gesetzlichen Kassen dürfen Leistungen kürzen und gleichzeitig Beiträge erhöhen, die PKV darf ein einmal vertraglich gegebenes Leistungsversprechen nicht kürzen. Das ist eine Garantie für den Kunden, er bekommt das, wofür er bezahlt.

 

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